Die Herrschaft Der Seanchane
an Boden nachgaben, während andere am einen Tag kreischend protestierten, es sei ein schrecklicher Fehler begangen worden, sie könnten unmöglich den Test nicht bestan den haben, und am nächsten Tag kam Ergebenheit und Ruhe. Auf dieser Seite des Ozeans unterschied es sich in Einzelheiten, aber ob hier oder im Reich, das Endresultat war das gleiche.
Bei zweien der Damane machte sie Notizen, bei denen es nicht um Ordentlichkeit ging. Zushi, eine Atha'an Miere, die größer als sie selbst war, wurde definitiv zur Prügelstrafe aufgeschrieben. Ihre Kleidung war zerknittert, ihr Haar ungekämmt, das Bett ungemacht. Aber ihr Gesicht war vom Weinen verquollen, und sie hatte sich noch nicht richtig hingekniet als sie von erneutem Schluchzen geschüttelt wurde und Tränen ihr die Wangen hinunterliefen. Das graue Kleid, das man ihr so sorgfältig angepasst hatte, hing nun lose, und sie war von Anfang an alles andere als dick gewesen. Bethamin hatte Zushi selbst ihren Namen verliehen und sie verspürte eine besondere Besorgnis. Sie löste den Stift mit der Stahlspitze, tauchte ihn ein und notierte den Vorschlag, Zushi aus dem Palast an einen anderen Ort zu bringen, wo man sie mit einer Damane aus dem Reich in einem Doppelzwinger halten konnte, vorzugsweise mit einer, die Erfahrung darin hatte, zur Herz-Freundin einer frisch angeleinten Damane zu werden. Früher oder später ließ das die Tränen immer versiegen.
Allerdings war sie sich nicht sicher, ob Suroth es erlauben würde. Natürlich hatte Suroth diese Damane für die Kaiserin beansprucht - jeder, der auch nur ein Zehntel dieser Menge in seinem persönlichen Besitz hätte, würde sich dem Verdacht aussetzen, eine Rebellion zu planen oder sogar geradeheraus dessen beschuldigt werden -, aber sie benahm sich, als gehörten sie ihr. Falls Suroth Einspruch erhob, würde man einen anderen Weg finden müssen. Bethamin weigerte sich, eine Damane an die Verzweiflung zu verlieren. Sie weigerte sich, eine Damane aus irgendeinem Grund zu verlieren.
Meine Herren! Die Zweite, die einen besonderen Kommentar erhielt, war Tessi, und hier erwartete sie keine Einwände.
Die Illianerin kniete anmutig und mit in Taillenhöhe gefalteten Händen nieder, sobald Bethamin die Tür öffnete. Das Bett war gemacht, die grauen Kleider hingen sauber und ordentlich an ihren Haken, Bürste und Kamm lagen ordentlich auf dem Waschstand und der Boden war gefegt. Bethamin hatte auch nicht weniger erwartet. Tessi war von Anfang an ordentlich gewesen. Sie nahm auch hübsch zu, nachdem sie gelernt hatte, ihren Teller zu leeren. Von den Süßigkeiten abgesehen wurde die Ernäherung der Damane streng reguliert; eine kranke Damane war eine Verschwendung. Allerdings würde man Tessi niemals mit Schleifen schmücken und an einem Wettbewerb für die hübscheste Damane teilnehmen lassen. Selbst entspannt schien ihr Gesicht mit einem permanentem Stirnrunzeln versehen zu sein. Aber heute zeigte sie ein kaum wahrnehmbares Lächeln, von dem Bethamin überzeugt war, dass es auch schon vor ihrem Eintreten da gewesen war. Tessi gehörte nicht zu denen, von denen sie ein Lächeln erwartete, noch nicht.
»Wie geht es meiner kleinen Tessi heute?«, fragte sie.
»Tessi geht es sehr gut«, erwiderte die Damane ohne zu zögern. Zuvor hatte sie stets um die richtigen Worte kämpfen müssen und erst gestern die letzte Prügelstrafe bekommen, weil sie die sofortige Antwort verweigert hatte.
Bethamin legte nachdenklich den Finger ans Kinn und betrachtete die kniende Damane. Sie misstraute jeder Damane, die sich einst Aes Sedai genannt hatte. Geschichte faszinierte sie und sie hatte sogar Übersetzungen aus den zahllosen Sprachen vor dem Beginn der Vereinigung gelesen. Jene uralten Herrscher ergötzten sich an ihrer mörderischen Tyrannei und schrieben voller Begeisterung auf, wie sie an die Macht kamen und Nachbarstaaten zerstörten und andere Herrscher unterjochten. Die meisten waren durch Attentate gestorben, oft durch die Hand ihrer eigenen Nachkommen oder Anhänger. Sie wusste ganz genau, wie Aes Sedai waren.
»Tessi ist eine gute Damane«, murmelte sie freundlich und nahm ein Bonbon aus der Tüte in ihrer Gürteltasche. Tessi beugte sich vor, um es entgegenzunehmen und dankbar ihre Hand zu küssen, aber das Lächeln flackerte etwas, obwohl es, als sie sich das rote Bonbon in den Mund stopfte, wieder da war. So. Darum also ging es, nicht wahr? Es war nichts Neues, dass man etwas vortäuschte, um das Misstrauen der
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