Die Herrschaft Der Seanchane
bei ihnen bleiben.« Aus irgendeinem Grund blinzelte er und berührte die Stirn, dann machte er in diesem aufreizend beiläufigen Tonfall weiter. »Nun, überall nehmen die Dinge seltsame Wendungen. Bei diesem Tempo würde es mich nicht überraschen, wenn meine Freunde in der Burg genug Mut aufbringen, in die Öffentlichkeit zu treten.«
Elayne sah Nynaeve mit einer hochgezogenen Braue an. Seherinnen und Weise Frauen? Die Bande war Egwenes Heer und Mat war bei ihr? Nynaeves Versuch, naive Unschuld zu zeigen, ließ sie wie die personifizierte Schuld aussehen. Elayne vermutete, dass es keine Rolle spielte. Er würde die Wahrheit früh genug erfahren, falls man ihn überreden konnte, sich zu Egwene zu begeben. Davon abgesehen hatte sie Wichtigeres mit ihm zu regeln. Egal, wie beiläufig sich dieser Mann auch gab, er plapperte einfach drauflos, warf ihnen alle möglichen Brocken hin in der Hoffnung, sie abzulenken.
»So leicht kommst du uns nicht davon, Rand.« Elayne fasste ihre Röcke fester, um zu verhindern, dass sie ihm mit dem Finger drohte. Oder mit der Faust; sie war sich nicht sicher, welches von beiden es sein würde. Die anderen Schwestern? Die echten Aes Sedai, hatte er sagen wollen. Wie konnte er es wagen? Und seine Freunde in der Burg! War es denn möglich, dass er noch immer Alviarins seltsamem Brief Glauben schenkte? Ihre Stimme war kühl und beherrscht, sie duldete keinen Unsinn. »Nichts davon spielt im Augenblick eine Rolle, gar nichts. Du und Aviendha und Min und ich, das ist es, worüber wir reden müssen. Und das werden wir auch. Und zwar wir alle, Rand al'Thor, und du wirst den Palast nicht verlassen, bis das geschehen ist!«
Einen langen Augenblick sah er sie bloß an, ohne dass sich seine Miene veränderte. Dann holte er hörbar Luft und sein Gesicht wurde zu Stein. »Elayne, ich liebe dich.« Ohne Pause fuhr er dann fort und die Worte strömten aus ihm hervor wie Wasser aus einem geborstenen Damm. Und sein Gesicht blieb versteinert.
»Aviendha, ich liebe dich. Min, ich liebe dich. Und nicht eine Spur mehr oder weniger als die anderen beiden. Ich will nicht eine von euch haben, ich will alle drei. So, jetzt wisst ihr es. Ich bin ein Wüstling. Jetzt könnt ihr alle gehen und nicht zurücksehen. Es ist sowieso Wahnsinn. Ich kann es mir nicht leisten, irgendjemanden zu lieben!«
»Rand al'Thor«, kreischte Nynaeve, »das ist das Ungeheuerlichste, was ich jemals aus deinem Mund gehört habe! Allein schon die Vorstellung, drei Frauen zu sagen, dass du sie liebst! Du bist schlimmer als ein Wüstling! Du wirst dich auf der Stelle entschuldigen!« Lan hatte sich die Pfeife aus dem Mund gerissen und starrte Rand an.
»Ich liebe dich, Rand«, sagte Elayne einfach, »und auch wenn du mich nicht gefragt hast, will ich dich heiraten.« Sie errötete leicht, aber sie hatte ohnehin vor, in Kürze noch viel forscher zu sein, also ging sie davon aus, dass das jetzt kaum zählte. Nynaeves Lippen bewegten sich, aber sie brachte keinen Ton hervor.
»Mein Herz liegt in deinen Händen, Rand«, sagte Aviendha und sprach seinen Namen wie eine seltene Kostbarkeit aus. »Solltest du einen Brautschleier für meine Erstschwester und mich machen, werde ich ihn aufheben.« Und auch sie errötete und versuchte es zu verbergen, indem sie sich bückte und ihr Schultertuch vom Boden aufhob und es über ihre Arme drapierte. Nach den Aielbräuchen hätte sie nicht ein Wort davon sagen dürfen. Endlich brachte Nynaeve einen Laut hervor. Ein Quieken.
»Wenn du immer noch nicht begriffen hast, dass ich dich liebe«, sagte Min, »dann bist du blind, taub und tot!« Sie errötete nicht; in ihren Augen blitzte es durchtrieben auf und sie schien gleich lachen zu müssen. »Und was diese Heirat angeht, nun, das machen wir drei unter uns aus, also ist das kein Problem!« Nynaeve umklammerte ihren Zopf mit beiden Händen und zog fest daran, während sie durch die Nase schnaufte. Lan hatte mit dem intensiven Studium des Inhalts seines Pfeifenkopfes begonnen.
Rand betrachtete die drei, als hätte er noch nie zuvor eine Frau gesehen und würde sich fragen, was sie wohl darstellten. »Ihr seid alle verrückt«, sagte er schließlich. »Ich würde jede von euch heiraten - euch alle, und das Licht stehe mir bei! -, aber das ist unmöglich und das wisst ihr auch.« Nynaeve sackte auf den Stuhl und schüttelte den Kopf. Sie murmelte etwas vor sich hin, aber alles, was Elayne verstehen konnte, waren ein paar Worte über den Frauenzirkel,
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