Die Herrschaft Der Seanchane
herum schimmerte und er wieder er selbst wurde. Die Drachenschädel auf seinen Handrücken schimmerten scharlachrot und golden metallisch. »Ich brauche etwas zu trinken«, murmelte er mit belegter Stimme und erspähte einen hochhalsigen Silberkrug auf dem langen Beistelltisch an der Wand.
Er ging auf unsicheren Beinen darauf zu - wobei er noch immer jeden Blick auf Elayne, Min oder Aviendha vermied -, und goss einen Silberbecher voll, den er mit einem großen Schluck bis zur Hälfte leerte. Der gewürzte Wein war dort stehen geblieben, als man das Frühstück abgeräumt hatte. Mittlerweile musste er eiskalt sein. Elayne hatte nicht erwartet, so bald in ihre Gemächer zurückzukehren, und das Feuer im Kamin glomm nur noch unter der Asche. Aber so weit sie sehen konnte, machte er keinerlei Anstalten, den Wein mit Hilfe der Macht zu erwärmen. Sie hätte zumindest den aufsteigenden Dampf gesehen. Und warum war er zu dem Wein gegangen, statt ihn mit der Macht zu holen? Sonst hatte er doch immer Weinbecher und Lampen durch die Luft schweben lassen.
»Geht es dir gut, Rand?«, fragte sie. »Ich meine, bist du krank?« Bei dem Gedanken daran, welche Krankheit ihm möglicherweise zusetzte, verkrampfte sich ihr Magen. »Nynaeve kann...«
»Mir geht es so gut, wie es geht«, erwiderte er tonlos. Noch immer mit dem Rücken zu ihnen. Er leerte den Becher und füllte ihn nach. »Also, was wollt ihr mir sagen, das Nynaeve nicht mitbekommen soll?«
Elayne wechselte einen überraschten Blick mit Min und Aviendha. Wenn er ihre Ausrede durchschaut hatte, dann hatte es Nynaeve erst recht. Warum hatte sie sie gehen lassen? Aviendha schüttelte überrascht den Kopf. Min schüttelte ihn ebenfalls, aber mit einem Grinsen, das besagte, dass man gelegentlich mit so etwas rechnen musste. Elayne verspürte einen kleinen Stich der... nein, es war keine Eifersucht, für sie drei kam Eifersucht nicht in Frage. Es war vielmehr Wut darüber, dass Min so viel Zeit mit ihm verbracht hatte und sie nicht. Nun, wenn er Überraschungen haben wollte...
»Wir wollen den Behüterbund mit dir eingehen«, erklärte sie und strich die Röcke glatt, während sie Platz nahm. Min setzte sich auf die Tischkante und ließ die Beine baumeln, und Aviendha setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Teppich, wobei sie vorher sorgfältig ihre schweren wollenen Röcke ausbreitete. »Wir drei. Natürlich fragen wir dich vorher, so wie es sich gehört.«
Er fuhr herum. Wein spritzte aus dem Becher und noch mehr aus dem Krug, bevor er ihn wieder in die aufrechte Stellung brachte. Mit einem gemurmelten Fluch trat er hastig aus dem sich auf dem Teppich ausbreitenden feuchten Fleck und stellte den Krug zurück auf das Tablett. Die Vorderseite seines groben Mantels wurde ebenfalls von einem großen feuchten Fleck und Tropfen dunklen Weins geschmückt, die er mit der freien Hand wegzuwischen versuchte. Sehr gut!
»Du bist wirklich nicht bei Verstand«, knurrte er. »Du weißt genau, was mir bevorsteht. Du weißt, was das für jeden bedeutet, mit dem ich durch den Bund verknüpft wäre. Selbst wenn ich nicht wahnsinnig werden sollte, wird sie meinen Tod miterleben müssen! Und was soll das heißen, ihr drei? Min kann die Macht nicht lenken. Und davon abgesehen ist euch Alanna Mosvani zuvorgekommen und sie hat sich nicht die Mühe gemacht und vorher gefragt. Sie und Verin haben ein paar Mädchen von den Zwei Flüssen in die Weiße Burg geholt. Ich bin schon seit Monaten mit ihr verbunden.«
»Und das hast du mir vorenthalten, du wollköpfiger Schafhirte?«, rief Min. »Hätte ich das gewusst...!« Sie zog ein schlankes Messer aus dem Ärmel, starrte es wütend an und steckte es mürrisch zurück. Diese Heilmethode wäre genauso verheerend für Rand wie für Alanna gewesen.
»Das war ein Verstoß gegen die Sitten«, sagte Aviendha nachdenklich. Sie veränderte die Stellung auf dem Teppich und fummelte an ihrem Gürtelmesser herum.
»Und ob«, erwiderte Elayne grimmig. Dass eine Schwester überhaupt so etwas einem Mann antun konnte, war widerwärtig. Dass Alanna es Rand angetan hatte...! Sie erinnerte sich an die dunkle, wilde Grüne mit dem unberechenbaren Humor und dem gleichermaßen unberechenbaren Temperament. »Alanna schuldet ihm mehr Toh, als sie in ihrem ganzen Leben zurückzahlen könnte! Und uns ebenfalls. Und selbst wenn ich sie in die Finger bekomme, wird sie sich wünschen, ich hätte sie auf der Stelle umgebracht!«
»Nachdem wir sie in die Finger
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