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Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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vorher.
    Die Schenken und Schankräume der Gasthäuser, die er betrat, waren allerdings genauso voll wie die Straßen; der Platz reichte kaum aus, einen Becher zu heben, geschweige denn zum Würfeln. Sie waren voller lachender und singender Seanchaner und finster dreinblickender Ebou Dari, welche die Seanchaner mit mürrischem Schweigen betrachteten. Er befragte die Wirte und Schankmägde trotzdem, ob einer einen freien Verschlag hatte, den er vermieten würde, aber sie alle schüttelten bloß den Kopf. Eigentlich hatte er auch nichts anderes erwartet. Schon vor den Neuankömmlingen war nichts frei gewesen. Er fing an, in die gleiche düstere Stimmung wie die ausländischen Kaufleute zu verfallen, die in ihren Wein starrten und sich fragten, wie sie ohne Pferde wohl ihre Waren aus der Stadt herausbekommen sollten.
    Er hatte Gold, um Luca jeden gewünschten Preis zu bezahlen und noch mehr, aber es befand sich alles in einer Truhe im Tarasin-Palast, und er würde nicht den Versuch wagen, genug auf einmal mitzunehmen, nicht nachdem ihn die Palastdiener wie einen auf der Jagd erbeuteten Hirsch von den Docks zurückgetragen hatten. Damals hatte er bloß mit Schiffskapitänen gesprochen; falls Tylin erfuhr - und sie würde es erfahren -, dass er versuchte, den Palast mit mehr Gold zu verlassen, als er für einen Würfelabend brauchte... O nein! Er musste ein Zimmer haben, eine Kammer von der Größe eines Schrankes auf dem Dachboden irgendeines Gasthauses, egal was, wo er im Laufe der Zeit immer wieder ein paar Münzen verstecken konnte, oder er musste Glück im Spiel haben, eines von beiden. Aber ob Glück oder nicht, er kam schließlich zu dem Schluss, dass er an diesem Tag keines von beiden fin den würde. Und diese verdammten Würfel rasselten noch immer in seinem Kopf herum.
    Er blieb nie lange an einem Ort und das nicht nur, weil weder ein Spiel noch ein Raum zu finden waren. Seine grellbunten Kleider, die einen Kesselflicker noch beschämen würden, zogen Blicke auf sich. Einige Seanchaner glaubten, er sei zur Unterhaltung da, und versuchten ihn für eine Darbietung zu bezahlen! Beinahe hätte er ein- oder zweimal eingewilligt, aber sie hätten nach seinen Sangeskünsten ihr Geld zurückverlangt. Einige der Ebou Dari, die lange, gekrümmte Messer hinten im Gürtel stecken und Wut im Bauch hatten, die sie nicht an den Seanchanern auslassen konnten, dachten daran, sie an dem Hanswurst abzureagieren, dem nur noch das geschminkte Gesicht fehlte, um wie der Hofnarr eines Adligen auszusehen. Wann immer Mat sah, dass ihn solche Kerle musterten, wich er sofort auf die belebte Straße zurück. Er hatte auf die harte Weise lernen müssen, dass er noch nicht in der Verfassung zum Kämpfen war, und es würde ihm gar nichts nützen, wenn der Kopf seines Mörders vor dem Stadttor zur Schau gestellt wurde.
    Er ruhte sich aus, wo immer er konnte, auf einem leeren Fass, das an einer Gassenmündung stand, auf den raren Bänken vor einer Schenke, wo noch Platz für eine Person war, oder auf den Steinstufen eines Gebäudes, bis die Besitzerin herauskam und ihm mit einer schwungvollen Bewegung ihres Besens den Hut vom Kopf fegte. Sein Magen hing ihm schon bis zu den Knien, und er wurde das Gefühl nicht los, dass ihn jeder wegen seiner bunten Kleidung anstarrte. Die feuchte Kälte sickerte in seine Knochen, und die einzigen Würfel, die es zu finden gab, donnerten wie die Hufe eines galoppierenden Pferdes in seinem Kopf herum. Er glaubte nicht, dass sie jemals so laut gewesen waren.
    »Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als zurück in den Palast zu gehen und das verdammte Schoßtier der Königin zu sein!«, knurrte er und benutzte den Stab, um sich von einer zerbrochenen Holzkiste, die an der Straßenseite lag, in die Höhe zu stemmen. Einige Passanten sahen ihn bereits an, als wäre sein Gesicht bemalt. Er ignorierte sie. Sie waren seine Aufmerksamkeit nicht wert. Er versetzte ihnen keinen Hieb mit dem Stab auf den Kopf, obwohl sie es verdient hatten, starrten sie einen Mann doch auf diese Weise an.
    Ihm wurde bewusst, dass die Straßen genauso überfüllt waren wie zuvor; falls er versuchte, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen, würde er den Palast erst weit nach Einbruch der Dunkelheit erreichen. Natürlich würde Tylin bis dahin vermutlich schon schlafen. Vielleicht. Sein Magen knurrte beinahe laut genug, um die Würfel zu übertönen. Falls er zu spät kam, mochte sie dem Küchenpersonal befehlen, ihm nichts zu essen zu

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