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Die Herzogin der Bloomsbury Street

Die Herzogin der Bloomsbury Street

Titel: Die Herzogin der Bloomsbury Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Hanff
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Straßen Shakespeares, alle noch da. Und die Straßen, durch die Dickens gegangen ist: Er zeigte mir einen Dodger, der verstohlen aus dem Fenster eines uralten Hauses guckte.
    Er ging mit mir in einen Pub, der The George heißt, und als er die Tür aufmachte, sagte er mit seiner zarten, neutralen Stimme:
    »Hier ist schon Shakespeare immer hergekommen.«
    Was soll ich sagen? Ich ging durch eine Tür, durch die Shakespeare einst gegangen war, und betrat einen Pub, den er gekannt hatte. Wir setzten uns an einen Tisch ganz hinten, und ich lehnte meinen Kopf an die Wand hinter mir, eine Wand, an die schon Shakespeare seinen Kopf gelehnt hatte, und es war unbeschreiblich.
    Der Pub war voll. Die Menschen standen dicht gedrängt an der Bar, und alle Tische waren besetzt. Plötzlich ärgerte ich mich über all die dumpfen Bürger, die dort aßen und tranken, ohne jegliches Gefühl für den Ort zu zeigen, an dem sie sich befanden, und ich sagte schnippisch:
    »Wenn nicht all diese Menschen hier wären, könnte ich mir vorstellen, dass Shakespeare jeden Moment durch die Tür kommt.«
    Doch im gleichen Moment wusste ich, dass das falsch war. Er kam mir zuvor: »Aber nein. Die Menschen sind so wie früher.«
    Und das stimmte natürlich. Auf den zweiten Blick erkannte ich einen blonden, bärtigen Justice Shallow, der mit dem Barkeeper sprach. Weiter unten am Tresen erzählte Zettel der Weber einem spitzgesichtigen Bardolph auf umständliche Art und Weise seine Kümmernisse. Und am Nebentisch saß im geblümten Kleid und mit großem weißem Hut Frau Hurtig und lachte ein mörderisches Lachen.
    P.B. zerrte mich schließlich aus dem Pub und fuhr los, um mir St. Paul’s Cathedral im Flutlicht zu zeigen. Am liebsten wäre ich die Stufen hinaufgegangen und hätte die Türen von John Donnes Kathedrale berührt, aber sie werden morgen noch da sein, es hat Zeit, es hat Zeit.
    Er fuhr mit mir zum Tower, der riesiger und Furcht einflößender ist, als ich mir vorgestellt hatte, wie ein weitläufiges mittelalterliches Alcatraz. Es war gerade zehn, als wir ankamen, und ich sah, wie die Wachen die Tore schlossen. Trotz ihrer prunkvollen schwarzroten Uniformen sahen sie grimmig und Furcht erregend aus, als sie die Tore zu diesem schrecklichen Gefängnis verriegelten, während die Dunkelheit sich endgültig herabsenkte. Man stellt sich die junge Elizabeth vor, wie sie hinter den Steinmauern saß und darum bat, an Bloody Mary schreiben zu dürfen, um zu erwirken, dass sie mit dem Schwert und nicht mit der Axt geköpft werde.
    Nachdem die Tore geschlossen waren, marschierten die Wachen wieder zu dem enormen eisernen Portal. Das wurde hochgezogen, um sie einzulassen, dann heruntergelassen und klirrend verriegelt, und neben mir sagte die zarte Stimme:
    »Das machen sie seit siebenhundert Jahren, jeden Abend, ohne Fehl.«
    Das will mir nicht in den Kopf. Selbst wenn man nur dreihundert Jahre zurückrechnet, dann fällt einem das Große Feuer von London ein, die Pest, die Revolution unter Cromwell, die napoleonischen Kriege, der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg –
    »Sie haben den Tower jeden Abend mit diesem Zeremoniell abgeschlossen?«, fragte ich ihn. »Jeden Abend, sogar während der Bombenangriffe?«
    »Ja, natürlich«, sagte er.
    DAS soll man mal Hitler auf seinen Grabstein schreiben, DAS soll sich der große amerikanische Patriot Wernher von Braun hinter die Ohren schreiben, dessen V-Waffen jedes vierte Haus in London zerstörten.
    Als er mich nach Hause fuhr und ich ihm danken wollte, sagte er:
    »Oh, ich danke
Ihnen!
Die meisten Amerikaner wollen diese Besichtigungstour nicht machen. Sie lassen sich eine Viertelstunde von mir herumfahren, und dann fragen sie, wo die Dorchester Bar ist.«
    Die meisten Amerikaner, die er kennt, sagte er, sehen London nie richtig.
    »Sie fahren mit dem Taxi vom Hilton zu Harrods, von Harrods zum Theater, vom Theater zur Dorchester Bar.«
    Er sagte, dass er vier amerikanische Geschäftsleute kennt, die eine Woche lang in London waren und nie einen Schritt aus dem Hilton getan haben.
    »Sie sitzen den ganzen Tag in ihrem Zimmer, haben ein Telefon und eine Flasche Scotch, und man wundert sich, warum sie je aus den Staaten hierher gekommen sind.«
    Er gab mir eine Liste von Sehenswürdigkeiten, bot aber nicht an, sie mir zu zeigen.

Montag, 21 . Juni
    Heute morgen haben Eddie und Isabel mich zu einer Besichtigungstour abgeholt; Isabel ist eine alte Schulfreundin, die beiden leben in Texas. Eddie und

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