Die Herzogin der Bloomsbury Street
holen. In kürzester Zeit war er wieder da.
»Wenn Sie in das Zimmer 315 gehen und mit der Haushälterin sprechen wollen«, sagte er, »vielleicht kann die Ihnen helfen.«
Ich ging nach oben und klopfte an das Zimmer Nummer 315 und erklärte der mütterlich wirkenden Haushälterin mein Problem. Sie nickte verständnisvoll und sagte: »Kommen Sie mal mit, meine Liebe«, und dann führte sie mich den Flur entlang und öffnete eine Tür zu einem kleinen, dunklen Verlies mit einem Bügelbrett und einem uralten, monströsen Bügeleisen in der Ecke.
»Sie können es gleich hier bügeln«, sagte sie. »Aber passen Sie mit dem Bügeleisen auf, das Kabel ist ein bisschen zerfranst.«
Inzwischen war ich selbst auch ein wenig zerfranst. Das Kleid ist aus Seide, und das Bügeleisen war mir unvertraut und sah nicht sehr freundlich aus. Ich nahm das Kleid wieder nach unten und sagte dem jungen Mann, er möge es in die Reinigung geben, und er schien sehr erleichtert. Das hat man nun davon, wenn man in einer bügelfreien Welt allergisch gegen Kleider aus Chemiefasern ist.
Ich verirrte mich auf dem Weg zum Waldorf, ging zwei Blöcke zu weit, hastete zurück und kam zehn Minuten zu spät in die Halle – Joyce Grenfell musste die Tür die ganze Zeit im Blick gehabt haben, sie kam auf mich zu und sah haargenau so aus wie auf der Leinwand.
Sie führte mich in den Speisesaal und stellte mich ihrem Mann – »ReGEE!«, wie sie ihn meistens nennt – und ihren australischen Freunden vor, die Sir Charles und Lady Fitts heißen, er ist ein berühmter Arzt. Ich setzte mich und war plötzlich ganz ergriffen von dem Gedanken, dass diese vier erlauchten Personen den Wunsch hatten,
mich
zu sehen. Ich muss schon sagen, das Leben ist außerordentlich. Vor ein paar Jahren konnte ich nichts schreiben und nichts verkaufen, ich war aus dem Alter heraus, in dem man sicher sein kann, dass man die Früchte seiner Arbeit ernten wird, ich hatte meine Chance gehabt und mein Bestes gegeben und nichts erreicht. Wie sollte ich auch wissen, dass um die Ecke, am Ende meiner reifen Jugend, ein Wunder darauf wartete, sich zu ereignen? Mein Buch
84 , Charing Cross Road
war keineswegs ein Bestseller; es hat mich weder reich noch berühmt gemacht. Aber es hat mir Hunderte von Briefen und Anrufen von Menschen eingetragen, von denen ich keine Ahnung hatte; es hat mir wunderbare Besprechungen gebracht; es hat mir mein Selbstbewusstsein und meine Selbstachtung wiedergegeben, die ich unterwegs, vor weiß Gott wie vielen Jahren, verloren hatte. Es hat mich nach England gebracht. Es hat mein Leben verändert.
Die Grenfells hatten Freikarten für sich und die Australier, und als Joyce las, dass ich in London war, lud sie mich ein – obwohl das bedeutete, dass Reggie seinen Platz an mich abtreten und im ersten Rang sitzen musste; ich war entsetzt.
Was für eine Erfahrung, mit einer berühmten Bühnenschauspielerin den Gang im Theater entlangzugehen! Alle Zuschauerblicke folgten ihr, und als wir uns setzten, spürte man förmlich, wie sich überall die Hälse reckten.
Peter Brooks Inszenierung war im ersten Moment ein Schock, halb Theater, halb lärmender Zirkus. Mrs. G. war auf der Stelle wie verzaubert; ich war besorgt, dass Puck von seinen Stelzen stürzen oder die Teller, mit denen er jonglierte, fallen lassen würde. Mitten im zweiten Akt packte es mich plötzlich, und ich dachte: »Ich mag es nicht, aber ich liebe es.« Es ist wahnsinnig stimulierend, Shakespeare auf diese Weise auf der ganzen Bühne explodieren zu sehen.
Nachdem sie sich von den Australiern verabschiedet hatten, fuhren sie mich nach Hause. Joyce fuhr, weil es ein neues Auto war und Reggie wollte, dass sie sich an das Fahrgefühl gewöhnte.
Bloomsbury brachte sie förmlich zur Verzweiflung. Das Einbahnstraßen-System treibt die Autofahrer zum Wahnsinn, denn man muss unfreiwillig fünf Querstraßen weiter fahren, bis man eine findet, die in die richtige Richtung geht. Und sie wollte mich
nicht
an der Shaftesbury Avenue, also an der falschen Ecke der Great Russell Street, aussteigen lassen, sie wollte mich
nicht
um die Ecke in der Bloomsbury Street aussteigen lassen, der Hoteleingang war in der Great Russell Street, und dahin würde sie mich
weiß Gott
auch bringen. Und nachdem sie eine halbe Stunde lang im Zickzack in nördlicher und in südlicher Richtung herumgekurvt war, erreichte sie triumphierend ihr Ziel und nahm meine Gratulationen mit Anmut entgegen.
Sie sagte, sie führen in
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