Die Herzogin der Bloomsbury Street
Erkältung muss man Nahrung geben. Wenn man den Bazillen keine Nahrung gibt, dann fressen sie einen auf.«
Gehe jetzt in den Speiseraum und gebe den Bazillen Nahrung.
Später
Ich hatte »Chicken Maryland« bestellt, was sich als panierte und gebratene Hühnerfleischscheibe herausstellte, die flach wie ein Kalbskotelett war, dazu gab es einen Streifen Bacon und eine fetthaltige Wurst. Das Dessert, »Coupe Jamaica«, bestellte ich nicht, wohl aber das Paar am Nebentisch: Es bestand aus einer langen, schmalen Waffel, die in einer Kugel Vanille-Eis steckte, die auf einer Scheibe Ananas aus der Dose lag. Wahrscheinlich würde die Nachspeise in Jamaika ebenso viel Verwirrung stiften wie das Huhn in Maryland. Aber jemand hat mir mal erzählt, dass es in Paris ein Restaurant gibt, das auf der Speisekarte »Pommes à la French Fries« führt.
Donnerstag, 1 . Juli
Stratford
Mitternacht
Ich schreibe dies im Bett in einem luxuriösen Motelzimmer: Teppichboden, Sessel, Fernseher, Frisierkommode und ein wunderschönes Badezimmer, fliederfarben gefliest – so war das Leben im Kenilworth nie.
Ich muss schon sagen, mein Colonel ist bestimmt der freundlichste, einfühlsamste Mensch der Welt. Wir verließen London bei dem üblichen grauen Wetter, das einem nach einer Weile ganz schön zusetzt; ich erzählte ihm, dass ich mich nach Sonnenschein sehnte wie ein Verdurstender nach Wasser. Wir fuhren in die Cotswolds, und am späten Vormittag klarte der Himmel auf, und die Sonne kam für eine Weile hervor. In dem Moment, da sie durch die Wolken brach, hielt er am Straßenrand an, holte einen Liegestuhl aus dem Kofferraum und stellte ihn mir auf dem Grünstreifen auf, damit ich die Sonne genießen konnte, solange sie da war. Er erzählte mir, seine Frau sei »nach zwei Jahren der Hölle« an Krebs gestorben; er muss sie die ganze Zeit über wunderbar gepflegt haben.
Wir kamen nach Stoke Poges, wo, so erzählte er mir, der Kirchhof aus Thomas Grays »Elegie, geschrieben auf einem Dorfkirchhof« sei. Dieses Gedicht war das Lieblingsgedicht meiner Mutter, und ich hätte gern den Friedhof gesehen, aber wir hatten keine Zeit für einen Umweg.
Als wir weiterfuhren, erzählte er mir lang und breit die Geschichte von einer Witwe, die er kennt; sie hatte sich in einen Mann verliebt und war von ihm in sein Haus in Italien eingeladen worden, und als sie dort ankam, stellte sich heraus, dass sie kein eigenes Zimmer haben würde; der Mann hatte sich das so gedacht, dass sie das SCHLAF zimmer mit ihm teilen würde, verstehen Sie, und, also-ich-muss-schon-sagen, sagte der Colonel, sie war über HAUPT nicht eine von DENEN, und es war ein Schock, als sie merkte, dass der alte Schwerenöter nur DAS EINE im Sinn hatte. Ich überlegte, warum er mir die Geschichte erzählte, obwohl er gar nicht darin vorkam – und dann dämmerte es mir, dass er mir so auf taktvolle Weise zu verstehen gab, er erwarte nicht, dass wir in Stratford im selben Schlafzimmer schlafen würden. Das war mir nie in den Sinn gekommen, er ist viel zu altmodisch und zu konventionell, es hätte nicht zu ihm gepasst.
Er erzählte mir, dass er aus dem Verlag ausgeschieden sei, um seine Frau zu pflegen, und nachdem sie gestorben sei, habe er aus Jux die Stelle am Flughafen Heathrow angenommen.
»Wenn ich einen Mann mit seiner Frau und seiner erwachsenen Tochter irgendwo etwas verloren herumstehen sehe, dann gehe ich zu ihm und frage: ›Sir, welche Dame ist Ihre Frau?‹ Und dann strahlt er, und sie strahlt auch!« Und der Colonel lachte schallend.
»Wenn ich ein Paar mittleren Alters sehe, die ein bisschen missmutig aussehen, dann gehe ich zu ihnen und frage: ›Sind Sie auf Ihrer Hochzeitsreise?‹, und dann sollten Sie mal ihre Gesichter sehen! Sie wissen genau, dass ich einen Witz mache – manche merken das –, aber sie freuen sich trotzdem.
Wenn ich ein Kind weinen sehe – manche sind schnell müde und quengelig am Flughafen –, wenn ich also eins weinen sehe, dann gehe ich zu den Eltern und frage sie, wo ich ein nettes Mädchen finden könne, meins sei schon erwachsen. Und dann entdecke ich das weinende Kind und sage, nach genau so einem Kind hätte ich gesucht, und frage es, ob es gern mein kleines Mädchen sein möchte.« Er beendet jede seiner Geschichten mit einem schallenden Lachen, das aus tiefstem Herzen kam.
Die Cotswolds sind genau so, wie ich sie mir immer vorgestellt habe: eine grüne englische Landschaft, betüpfelt mit kleinen englischen Dörfern, die
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