Die Herzogin der Bloomsbury Street
neuen Theater haben wir
Viel Lärm um nichts
gesehen, sehr konventionell, nicht sehr gut gespielt. Der Colonel hat fast die ganze Zeit geschlafen, und ich kann es ihm nicht verübeln.
Jetzt werde ich mich in die fliederfarbene Badewanne legen; wir wollen morgen ganz früh in Richtung Oxford aufbrechen, und ich habe die Absicht, diesen vornehmen Palast bis aufs Äußerste auszukosten.
Freitag, 2 . Juli
Ich habe Trinity College gesehen und bin durch den Hof gegangen, durch den John Donne gegangen ist; ich habe Oriel College gesehen und in John Henry Newmans Kapelle gesessen. Aber was ich durchmachen musste, bevor es so weit war, das glaubt mir keiner. Am Schluss hatte ich wohl einen Wutanfall. Ich hoffe, so war es.
Wir kamen kurz vor Mittag in Oxford an und fanden das Haus der Davidsons in einer typischen, von Bäumen beschatteten Straße einer Universitätsstadt. Laura erwartete uns schon. Sie sagte, der Professor sei in der Universität und Sohn David sitze in der Schule und zähle die Stunden, bis er mit uns Tee trinken könne.
Sie hat eine kehlige Stimme und einen hübschen, ungewöhnlichen Akzent; sie ist in Wien geboren und in England aufgewachsen. Sie und ihr Mann waren beide als Kinder aus Hitler-Deutschland geflohen.
Sie amüsierte sich prächtig über den Colonel, nannte ihn den »Commahnder« und sagte, er erinnere sie an Pu der Bär. Ich hatte das Problem, dass der Colonel und ich zu dem Zeitpunkt schon sechsunddreißig Stunden zusammen verbracht hatten und ich nicht dafür geschaffen bin, nicht einmal, wenn es der beste Freund der Welt wäre, und das ist er nicht. Beim Lunch in einem Pub auf dem Campus erklärte er (ohne Aufforderung, ich glaube, Oxford hat ihn einfach dazu stimuliert):
»Das British Empire wird durch Volkes Wille wieder erstehen! Kürzlich sagte ein Ägypter zu mir: ›Warum sitzt ihr Engländer eigentlich so bescheiden zu Hause, wenn ihr überall auf der Welt gebraucht werdet?‹«
Aus irgendeinem Grund ärgerte mich das, und ich machte eine unfreundliche Bemerkung, worauf wir uns ein paar Minuten lang in den Haaren lagen, bis Laura wie eine Hausmutter dazwischentrat und die Eintracht wieder herstellte.
Nach dem Mittagessen fing der Ärger erst richtig an. Ich sagte: Könnten wir bitte zum Trinity College und Oriel College gehen?, worauf Laura erwiderte, wir müssten zuerst in den Lesesaal der Bodleian Library gehen, er befinde sich in einem prachtvollen Gebäude von Wren und ihr Mann arbeite dort und wolle mich kennen lernen. Wir gingen also dorthin, ich lernte den Professor kennen und besichtigte den Lesesaal, Gewölbedecke, Regale bis unter die Decke, Treppenaufgänge, alles sehr aufregend.
Als wir rauskamen, fragte ich, ob wir jetzt zum Trinity und zum Oriel College gehen könnten, und Laura fragte, ob ich wüsste, dass die Archive der Bodleian Library sich eine Meile lang unter den Bürgersteigen erstreckten, und zeigte mir, unter welchen Bürgersteigen. Und der Colonel sagte, er habe einen Sommer am Wadham College studiert, ich müsse unbedingt Wadham Yard sehen. Er und Laura waren sich einig, dass sie mir Blackwell’s Bookshop zeigen müssten, eine sehr berühmte Buchhandlung, sie wüssten ja beide, wie sehr ich mich für Buchhandlungen interessierte. (Ich habe den Versuch aufgegeben, es je einem Menschen begreiflich zu machen, dass ich mich nicht für Buchhandlungen interessiere, sondern für das, was in den Büchern steht. Ich stöbere nicht in Buchhandlungen, ich stöbere in Bibliotheken, in denen ich ein Buch ausleihen kann, und wenn es mir gefällt, dann gehe ich in eine Buchhandlung und kaufe es.)
An diesem einen glücklichen Tag in meinem Leben, an dem ich in Oxford bin, werde ich also die Hauptstraße entlanggezerrt, muss mir jedes Monument und jede Kirche ansehen, alle von Christopher Wren erbaut (hier ist alles von Wren), werde durch Blackwell’s Bookshop gezerrt, an allen Tischen, an allen Regalen vorbei, und bevor ich weiß, wie mir geschieht, laufe ich in einem Hof herum, der Wadham Yard heißt, also wirklich. Und die Zeit verrinnt, gleich gehen wir wieder zu Laura, wo wir mit ihrem Sohn Tee trinken werden, und nach dem Tee fahren der Colonel und ich zurück nach London.
Also bekam ich einen Wutanfall.
Ich stand mitten im Wadham Yard und brüllte: »WANN GUCKEN WIR UNS ENDLICH DAS AN, WAS ICH SEHEN MÖCHTE?«
Laura eilte an meine Seite, war sehr freundlich und verständnisvoll (sie war früher Sozialarbeiterin) und sagte:
»Dem Commahnder gefällt es
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