Die Herzogin der Bloomsbury Street
AUFFORDERUNG AUSSTEIGEN . Man möge mir glauben, das Schild dient der eigenen Sicherheit.
Der Fahrer sitzt vorn im Bus und hat den Passagieren den Rücken zugewandt. Theoretisch ist der Schaffner am anderen Ende des Busses, da, wo man aussteigt. Aber er muss auch durch den Bus gehen und die Fahrgäste fragen, wohin sie fahren, und ihnen die Fahrscheine verkaufen und das Geld entgegennehmen und ihnen das Wechselgeld aushändigen, und da es Doppeldecker-Busse sind, ist der Schaffner die meiste Zeit oben.
Wenn der Bus bei deiner Haltestelle hält und der Schaffner auf dem Oberdeck ist, STEIG NICHT AUS, fahr einfach an der Haltestelle vorbei, warte, bis er nach unten kommt. Denn wenn der Schaffner nicht da ist, um dem Fahrer ein Signal zu geben, dass du sicher ausgestiegen bist, fährt der Fahrer nur ein bisschen langsamer und wartet kurz, und dann fährt er weiter in der
Annahme,
dass du sicher ausgestiegen bist. Ich bin klein und flink, und ich bin behände aus dem Bus gesprungen. Trotzdem wäre ich beinahe auf die Nase gefallen, der Bus ist einfach losgefahren, als mein linker Fuß noch auf der letzten Stufe war.
Ich habe gerade Jean Ely im Connaught angerufen und ihr gedankt, dass sie P.B. gebeten hatte, mir London zu zeigen. Sie sagte, ich solle Donnerstagabend zum Essen kommen, damit ich ihr alles erzählen kann.
Sonntag, 11 . Juli
Ich hatte mir drei Glanzpunkte – Westminster Abbey, den Tower und St. Paul’s – für meine letzte Woche aufgehoben, und bin jetzt froh darüber. Die Gewissheit, das noch vor mir zu haben, bewahrte mich vor einer Depression darüber, dass ich abreisen musste, bevor ich dazu bereit war. Wachte heute Morgen ganz aufgeregt auf, weil Sheila und Nora und ich heute Nachmittag zur Westminster Abbey gehen.
Sie ist voll sonderbarer Dinge, von denen mir nie jemand erzählt hat – es gibt zum Beispiel eine Gedenktafel zur Erinnerung an Major John André, »betrauert, selbst von seinen Feinden« steht darauf. »Seine Feinde«, das waren wir, die Rebellen. André war der britische Spion, an den Benedikt Arnold uns verraten hatte. Die Amerikaner nahmen ihn gefangen und henkten ihn, so wie die Briten kurz zuvor Nathan Hale gefangen genommen und gehenkt hatten. Aber es ist erstaunlich, wie viele amerikanische Historiker ein erheblich größeres Aufhebens um Andrés Tod machen als um Nathan Hales. Nathan Hale war ein armer Farmersohn, John André war ein eleganter britischer Aristokrat – klar. Man kann sich nur zu gut vorstellen, dass André in dem klassenbewussten Philadelphia, wo er stationiert war, »selbst von seinen Feinden betrauert« wurde.
Ich wurde regelrecht wütend, als ich sah, dass Henry Irving in der Westminster Abbey begraben liegt, aber Ellen Terry nicht. Henry Irving ist einer von diesen legendären Schauspielern, so wie Garrick, er war Ende des neunzehnten Jahrhunderts das Idol der Londoner. Ellen Terry war seine Partnerin auf der Bühne. In ihrem Briefwechsel mit Shaw entdeckte ich meine Sympathie für sie, und ich halte es für reinen männlichen Chauvinismus, dass Irving in der Abbey beerdigt ist, während Ellens Asche in der kleinen Actors’ Church neben dem Covent Garden Market liegt – ich werde dort hingehen.
Ein Zeichen der Zeit: Über einer Grabplatte ist eine lange Bank aufgestellt, so dass man von der Inschrift nur noch lesen kann: »Rudyard Ki-«
Als wir draußen waren, kamen wir am War Office vorbei. Heute war es heiß – achtundzwanzig Grad Celsius, sehr heiß für London. Vor dem War Office in der heißen Sonne saß eine Wache auf einem Pferd. Der Mann hatte einen festen Messinghelm mit Nasenteil auf, der glühend heiß gewesen sein muss. Er trug eine schwere wollene Uniform, lange Lederhandschuhe und kniehohe Lederstiefel; er saß auf einer Sattelwolldecke aus Persianerfell, und in der Hand hielt er einen Speer, der sich in der Hitze leicht bog. Ausgerüstet wie für die russische Front, bewachte er mit dem gebogenen Speer an einem heißen Sonntag ganz allein die atomaren Geheimnisse des War Office. Er und sein Pferd mit der Felldecke.
Sheila sagte, er sei nur wegen Touristen wie mir da, er verkörpert das Bild von London, das wir so gerne vorgeführt bekommen. Vielleicht. Aber irgendwo weit weg in Wales konnte ich eine helle Stimme hören, die sagte:
»Das machen sie seit siebenhundert Jahren, jeden Abend, ohne Fehl.«
Auf dem Weg zum Abendessen in Highgate hielten wir am Waterlow Park; er liegt sehr hoch oberhalb der Stadt, und auf der
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