Die Herzogin der Bloomsbury Street
Gespräch auftritt. Ich fand die Cheapside auf meinem Stadtplan und beschloss, den
Digest-
Scheck einzulösen und dann dorthin zu gehen.
Ich ging zur nächstgelegenen Bank, dann zu einer anderen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. In beiden Banken waren sie schockiert, dass sie für eine völlig Fremde einen Scheck von
Reader’s Digest
einlösen sollten, und würdigten meinen Ausweis keines Blickes. In beiden Banken weigerten sie sich, entweder bei
Digest
oder bei André Deutsch anzurufen, das sei nicht üblich.
Ich ging in eine dritte Bank, wo der Angestellte am Schalter mich an einen höheren Angestellten verwies, der sich mit einem Kollegen besprach und dann zu mir zurückkam und fragte, ob es nicht besser sei, wenn ich den Scheck an meine Bank in New York schicken würde. Ich erklärte, dass ich das Geld hier brauchte, was ihn zutiefst schockierte. Man sagt zu einem Bankangestellten nicht: »Ich brauche das Geld.«
Meine Bank in New York sei die Chemical und ob es in London eine Zweigstelle gäbe, fragte ich. Zögernd sagte er ja, aber er bezweifle, ob die Londoner Zweigstelle den Scheck einlösen würde. (Er sagte »könne«.) Ich ging zu der Chemical-Zweigstelle – und die wollten, außer meinen Zähnen, alles sehen, und schließlich haben sie mir den Scheck ausgezahlt. Nichts bringt mich mehr in Rage als die freundliche, volksnahe Banken-Reklame in Zeitschriften oder im Fernsehen. Alle Banken, die ich betreten habe, sind ungefähr so volksnah wie eine Kobra.
Inzwischen blieb mir nur noch eine knappe halbe Stunde, um zur Cheapside zu kommen. Ich stieg in einen Bus und stellte fest, dass ich meinen Stadtplan vergessen hatte. Ich sagte dem Schaffner, dass ich zur Kirche St. Mary LeBeau in der Cheapside gehen wolle, und er ließ mich bei St. Paul’s raus, zeigte in die Ferne und sagte:
»Gehen Sie ein bisschen in die Richtung und biegen Sie dann links ab.«
Ich ging ein bisschen in die eine Richtung und bog links ab und ging ein bisschen in die andere Richtung und bog links ab und bog rechts ab und fragte sechs Leute nach dem Weg, die aber alle selbst Touristen waren. Ein Bus kam langsam um die Ecke, und ich rief dem Schaffner zu, ob er mir sagen könne, wie ich zu St. Mary LeBeau komme, und er rief mir zu:
»Tut mir Leid, Herzchen, heute ist mein erster Tag!«
Ich wünschte ihm Glück, warum auch nicht, und ging weiter. Fand drei falsche Kirchen, eine Goldsmith’s Hall und eine Menge interessanter kleiner Straßen, aber keine St. Mary Le Beau. Inzwischen war das Kirchengespräch ohnehin vorbei, und ich verkroch mich in einen verräucherten kleinen Pub und aß, bis meine gute Laune wiederhergestellt war.
Mitternacht
Joyce begrüßte mich an der Tür und führte mich an den Wohnzimmerwänden entlang, an denen die Familienporträts und Fotografien der Grenfells und Langhornes hängen. Ihre Mutter war eine der Schwestern der Langhorne-Familie aus Virginia. Eine Schwester heiratete Charles Dana Gibson und war das ursprüngliche Gibson-Girl, eine andere heiratete Lord Astor und war die berühmte Lady Astor, MP , und die dritte heiratete den Vater von Joyce.
Sehr wenige Theaterfotos an der Wand. Ihr größter Stolz ist eins von der Markise am Haymarket-Theater mit ihrem Namen in Leuchtschrift darauf. Beim Haymarket gibt es eine Regel, wonach der Name des Stars nicht in Leuchtschrift erscheinen darf, sondern nur der Titel des Stücks. Aber als Joyce ihre Ein-Mann-Show dort aufführte, war sie nicht nur der Star, sie war auch die Show.
Sie gab mir eine Biographie von Florence Nightingale und meinte, sie würde mir gefallen. Sie stellt den Wecker jeden Morgen auf sechs Uhr und liest bis sieben im Bett; sie sagte, wenn sie sich das nicht angewöhnt hätte, würde sie nie etwas lesen. Aber so kommt es mir vor, als hätte sie alles gelesen.
Ich bin immer beschämt, wenn ich feststelle, wie belesen andere sind und wie unwissend ich im Vergleich bin. Keiner würde glauben, wie lang die Liste der berühmten Werke und Autoren ist, die ich nicht gelesen habe. Ich habe das Problem, dass ich in der Zeit, in der andere fünfzig Bücher lesen, das gleiche Buch fünfzig Mal lese. Ich lege es erst beiseite, wenn ich am Ende von, sagen wir, Seite 20 weiß, dass ich die Seiten 21 und 22 aus dem Gedächtnis aufsagen kann. Erst dann lasse ich das Buch ein paar Jahre liegen.
Nach dem Essen machten wir eine Tour durch Chelsea, und sie zeigten mir das Haus, in dem sie geheiratet haben. Joyce erzählte, sie würden
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