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Die Herzogin der Bloomsbury Street

Die Herzogin der Bloomsbury Street

Titel: Die Herzogin der Bloomsbury Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Hanff
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Art: »Dr. Donne, ich habe Sie zum Essen zu mir gebeten, und obwohl Sie sich nicht zu mir setzen, werde ich Ihnen ein Gericht servieren, das Sie, wie ich weiß, sehr gern mögen. Denn da ich weiß, dass Sie London lieben, mache ich Sie hiermit zum Dean von St. Paul’s, und wenn ich gespeist habe, dann nehmen Sie Ihr Lieblingsgericht mit sich nach Hause in Ihr Studierzimmer und sprechen ein Dankgebet ganz für sich, und möge es Ihnen wohl bekommen.«
    Und Eliza Dolittle hätte jetzt gesagt: »Wetten, dass ich es richtig gesagt habe?«
    Mehrere Fremdenführer hatten große Gruppen von Touristen im Schlepptau, und jeder hielt den üblichen Vortrag, einige auf Englisch, einer auf Französisch und einer auf Deutsch, und die montonen Stimmen rieben sich aneinander. Ich hielt mich so weit abseits von ihnen wie möglich und ging allein umher. Ich schritt den einen Seitengang zum Altar entlang und sah mir die Plaketten und Büsten an, ging um den Altar herum und machte mich auf der anderen Seite auf den Rückweg, wo ich mir weitere Plaketten und Büsten ansah. Und trotzdem wäre es mir beinahe entgangen. Es hat eine merkwürdige Form, weder Büste noch menschengroße Statue, und ich blieb stehen, um die Inschrift zu lesen. Hier, vor mir, an einer Wand in St. Paul’s Cathedral, war das steinerne Leichentuch von John Donne.
    Ich berührte es.
    Gleich beim Hauptportal gibt es eine kleine Kapelle mit einem Schild, auf dem steht: »St. Dunstan’s Chapel. Für stille Andacht.« Ich ging hinein und sprach ein Dankgebet.
    Gar nicht fünfzehn Jahre zu spät.

Donnerstag, 15 . Juli
    Ken Ellis von
Reader’s Digest
London kam heute Morgen und brachte seine hübsche Assistentin und einen Fotografen mit, der mich fotografieren sollte. Ich zierte mich wie üblich, aber ohne rechte Überzeugung (ich säße genau jetzt in einem Flugzeug und flöge über den Atlantik, wenn
Reader’s Digest
nicht wäre), trottete gefügig hinter ihnen her zur 84 , Charing Cross Road und ließ mich auf der Fensterbank in dem kahlen, leeren Raum im Obergeschoss fotografieren. Ken sammelte alle abgefallenen und rostigen weißen Buchstaben für mich auf, die einst Marks & Co. ergeben hatten. Ich möchte sie mit nach Hause nehmen.
    (Und an einem Tag im September, wenn ich meinen Herbstputz mache und sie mir in die Hände fallen, werde ich mich fragen: »Was willst du damit – willst du Tränen darüber vergießen, wenn du eine alte Dame bist?«, und sie dann wegwerfen.)
    Sie führten mich zum Lunch ins Wheeler (das berühmte Fischrestaurant, in das man ständig ausgeführt wird), und Ken erklärte mir, warum die Menschen das neue Geld nicht mögen. Es hat mit dem Bedürfnis der Engländer zu tun, sich von anderen abzuheben. Das Dezimalsystem ist viel einfacher als das alte Ha’penny-Tupenny-Guinea-Tenner-Tanner-System, aber das alte Geld war ihres; es gab kein anderes Land, das dieses System hatte, und niemand sonst konnte es verstehen. Er sagte, das sie aus dem gleichen Grund auch nicht der EG beitreten wollten. Sie wollten nicht ein Teil von Europa sein, sie wollten getrennt sein, anders, wollten eine Sonderstellung haben. Er veranschaulichte das mit einer alten Schlagzeile, die zu einem klischeehaften Witz in England geworden ist. Während einer Schlecht-Wetter-Phase, als die ganze Insel in dichten Nebel gehüllt war, lautete die Schlagzeile in einer der englischen Zeitungen: KONTINENT DURCH NEBEL ISOLIERT .
    Heute Abend gehe ich mit den Elys essen, und gerade rief Jean an, um zu sagen, das Connaught sei sehr altmodisch und dulde keine Frauen in Hosen in seinem Restaurant; ich sagte voller Würde, dass ich zwei Kleider besäße.

Elf Uhr abends
    Das Connaught ist in der Nähe vom Grosvenor Square, deshalb habe ich mir dort erst das Roosevelt Memorial angesehen. Jemand hat mir erzählt, die britische Regierung habe nach Roosevelts Tod beschlossen, das Geld für ein Denkmal durch eine öffentliche Subskription aufzubringen und den einzelnen Beitrag auf einen Shilling zu begrenzen, damit jeder sich daran beteiligen könne. Man kündigte an, die Subskription werde so lange ermöglicht, bis die Summe in Ein-Shilling-Beiträgen beisammen sei.
    Die Subskription wurde nach siebenundzwanzig Stunden geschlossen.
    Ich fand die Geschichte ergreifender als das Denkmal. Es stellt FDR dar, aufrecht, eine Hand am Stock, und mit wehendem Cape. Seine Züge sind erkennbar, aber sein Wesen und seine Persönlichkeit sind nicht getroffen. Und ich nehme ihnen die Statue

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