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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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mürrischen Erklärung, mehr gebe es nicht zu holen, nur mit Mühe seinen Zorn darüber hinunterschlucken. Und wie sie schließlich vor den Augen der vor Entsetzen mit dem Kopf schüttelnden Köche ihre schmale Beute, getrennt nach Äpfeln, Birnen und Dörrpflaumen, auf die Küchentische befördert hatten, erklärten ihnen die Köche, den zweitausend hungrigen Mäuler hier könnten sie aus diesem Obst allenfalls, a l l e n f a l l s,zehnmal Nachspeise zubereiten.
Darauf verhieß Ulrich den Soldaten in seiner knappen, energischen Sprechweise: „Keine Panik, Männer, ich werde anderweitig für unseren Proviant sorgen.“
Das tat er umgehend.
Er ritt in die Schlossallee zum Offiziersquartier und verfasste dort in seiner Schreibstube an Chlodwig einen vorwurfsvollen, um Erklärung bittenden Brief. Auch schilderte er ihm mit wenigen, doch prägnanten Worten die Zerstörungen in Frowang wie auch in seinem Umland und die dadurch für seine Soldaten jetzt herrschende Nahrungsnot. - ‚Deshalb, Majestät, fordere ich hiermit eine angemessene Fuhre Lebens- und Heizmittelversorgung für die hiesige Besatzungsmacht an.’So sein Schlusssatz.
    C hlodwig las das Schreiben, glaubte die Schilderungen jedoch nicht. Und wenn es dort nur halb so wüst aussehe, wieso dann so wenig Tote? Non, non, da habe dieser Ritter maßlos übertrieben, der könne wohl nicht auf fränkische Kost verzichten. Und außerdem, welch einen Ton maßte sich Ritter Ulrich ihm gegenüber an! Schon deswegen denke er nicht daran, Proviant nach Frowang zu schicken.
Bereits die Tage darauf aber warf Chlodwigs innerer Drache die Frage in ihm auf, ob an Ulrichs Grauenschilderung nicht doch etwas Wahres sei, wäre doch zu schön. Non, korrigierte ihn allerdings sein Verstand, es spreche ja alles dagegen. Da sein Verstand jedoch zeitweise schon gänzlich entartet war, verlor er immer häufiger die Oberhand, und so rumorte der Drache weiter, erweckte mitunter die kühnsten Vorstellungen in ihm, und Chrodegilde half noch tüchtig nach: „Nicht mehr lange, amatus mius, und wir ziehen unter Jubel in den Alemannenpalast ein. Und gleich drauf folgen uns etliche Frankenfamilien nach Frowang. Nicht nur nach Frowang, was sage ich, das gesamte Maintal wird demnächst fränkisch, der Tag ist nicht mehr weit, dank deines geschickten Taktierens.“
„Schmeichelkätzchen.“
Sie lächelte ihn süß an während sie fortfuhr: „Chlodwigresidenz nennt man dann deine Eroberung - dein großer Traum.“
Chlodwigs verzückte Miene während dieser Worte sprach für sich, und nach einer Weile fragte er Chrodegilde mit öliger Stimme: „Du glaubst also auch, dass jetzt endlich die Entscheidung fällt?“
Sie gab sich alle Mühe, ihre Antwort überzeugend klingen zu lassen: „Sicher doch, und zwar noch diesen Winter, weil du die Frowanger jetzt konsequent aushungern lässt. Das wirst du doch?“
„Oui. Ist bereits eingeleitet.“
    I n Frowang waltete unterdessen Ruhe, die Besatzer warteten auf ihre Winterration. Natürlich vergebens. Erst nach Weihnachten erhielten sie endlich einen Hoffnungsschimmer, Chlodwig ließ ihnen durch einen Kurier ausrichten, die bestellte Versorgungsfuhre mit mehreren Planwagen sei nun zusammengestellt und losgeschickt worden. Es könne allerdings passieren, dass sie, wegen des derzeitigen hohen Schnees, etwas auf sich warten lasse.
Und blauäugig wie alle Kelten, glaubten die Soldaten ihrem König, denn ein Regent ist ja aufrichtig, vorbildlich, ehrenwert. Dass dies auf Chlodwig längst nicht mehr zutraf, konnten sie noch immer nicht erkennen, selbst Ulrich nicht.
Deshalb hingen die armen Burschen weiterhin mit knurrenden oder vom Kohl kollernden Bäuchen in ihrem schlecht beheizten Lager. Vor die Tür trat freiwillig keiner, kaum, dass sie sich mal einen Eimer Wasser besorgten oder ihre nächtlichen Toilettenkübel in die Latrinen kippten, und nur wenn ihnen die Offiziere Beine machten, stiefelten sie durch den Schnee zur Wachtablösung.
    N un einen Blick in den Palast.
Waldur konnte inzwischen wieder ohne Stöcke gehen, allerdings noch recht ungelenk und zeitweise unter Schmerzen. Doch immerhin konnte er Treppen steigen, es bereitete ihm oft Freude, sich über die langen Gänge zu bewegen und noch mehr, nun wieder im Speisesaal an den gemeinsamen Malzeiten teilzunehmen. Überdies hatten er und seine engen Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz endlich in den Fürstentrakt verlegen können, was jeder im Haus begrüßte. Von alledem wussten jedoch nur die

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