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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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verschwiegenen Schlossbewohner und Hermod, sonst niemand.
Umgekehrt dagegen wusste Waldur von den Druiden nicht nur über sein gesamtes Alemannenreich, sondern auch über andere Länder Bescheid. So hatte er beispielsweise erfahren, dass das fränkische Volk sein Herrscherpaar langsam fürchtete und die fünf ihm noch verbliebenen Ritter ihm zwar noch die gelobte Königstreue entgegenbrachten, allerdings nicht mehr ihre volle Ergebenheit. Alldies besprach Waldur tagsüber stets mit seinen Ratsleuten, wobei sich der gesamte Rat in einem heute einig war - den Maingauern, die sich immerhin ihre Freiheit zurückerkämpfen können, gehe es letztlich besser als den von ihren eigenen Regenten unterdrückten Franken. Waldur war diese Tatsache natürlich nie fremd gewesen, weshalb die Franken in seinem politischen Wirken bereits den gleichen Rang einnahmen wie die Alemannen, und seine mittlerweile einsichtigen Ratsleute unterstützten ihn nun dabei.
    E inzig Siglind sprach ihm seine Frankenfreundlichkeit ab. Er habe nur die Frowanger im Kopf, hielt sie ihm vor, wobei sie auf die abgemagerten Besatzer hinwies, von denen plötzlich einer nach dem anderen mit Bauchkrämpfen und Fieber aufs Krankenlager musste, und nach denen die sechs Heilkundigen zwar schauen, ihnen aber, laut Ratsbeschluss, kein Salz bringen durften, das sie jetzt lebensnotwendig brauchten. Wo denn in diesem Fall seine Verantwortung blieb?
Waldur rechtfertigte sich nicht mehr, schluckte ihre Vorwürfe, er wusste, wie überlastet sie augenblicklich war, da seit Beginn der Frostperiode auch mehr und mehr vor Hunger und Kälte geschwächte Frowanger erkrankten. Wenn nur nicht wieder die Schwindsucht ausbricht oder eine andere Epidemie, war ihre begreifliche Sorge. Oh, sie war gereizt. Wiltrud und Segimund gingen ihr schon aus dem Weg, und Waldur, selbst jetzt aufs äußerste gefordert, bot alles auf, ihre Launen abzufangen.
Nur der inzwischen achtjährige Gernod blieb von der momentanen Unleidlichkeit seiner Mutter verschont, denn Waldur hatte ihn meist schon zu Bett und mit einer Gutenachtgeschichte zum Schlafen gebracht, wenn Siglind zu Hause eintraf.
Heute war es ihr doch gelungen, so früh heimzukehren, dass Gernod noch wach in seinem Bett lag.
„Mutti, Mutti!“, streckte er ihr freudig die Arme entgegen, und Waldur verließ die Kinderstube, um die beiden alleine zu lassen.
Wenig später vernahm er von nebenan, wie Gernod ihr auf seinem neuen Glockenspiel eine Kindermelodie vortrug, und wie sie am Ende gemeinsam „überall ist Ruh“ sangen.
„Wie musikalisch er ist“, freute sich Siglind, als sie anschließend zu Waldur in ihren Aufenthaltsraum trat, den sie nun wieder privat für sich nutzen konnten. Sie ließen sich auf der Polsterbank vor den schon lange nicht mehr brennenden Kamin nieder, und bereits während Waldur seinen Arm hinter Siglind auf die Rückenlehne streckte, vergrämten sich ihre Züge wieder, und sie klagte:„Ein Jammer, dass ich gerade jetzt so wenig Zeit für ihn aufbringen kann.“
Darauf wollte er ihr wenigstens einen kleinen Lichtblick bieten: „In fünf Wochen beginnt der Frühling, dann blüht alles wieder auf, auch deine Patienten, und du, mein Liebes, kommst dann wieder bedeutend zeitiger nach Hause.“
„Rede nicht so oberflächlich“, gab sie gereizt zurück, wobei sie sich etwas vorlehnte, um von seinem Arm freizukommen, und er verteidigte sich:
„Siglind, glaubst du, mich lässt die Not in Frowang unberührt?“
„Und die im Soldatenlager?“, konterte sie. „Ja, Waldur, auch da solltest du deine telepathischen Sinne ab und zu reinrichten, um dir anzusehen, wie sich da viele im Fieber schütteln und sich krümmen vor Leibschmerzen - einer ist dieser Tage erst achtzehn geworden. Sie haben sich von dem vielen Kohlessen den Darm vergiftet, und das geht jetzt ins Blut. Ich sag es dir nochmal, wenn wir diesen Kranken nicht wenigstens einen Napf voll Salz von Wiltruds Notlager abgeben, dann erleben sie das Frühjahr nicht mehr.“
„Von unserem letzten bisschen Salz? Und unsere eigenen Kranken? Also weißt du.“
Darauf erhob sie sich und äußerte verbittert: „Wie immer, du siehst, wie immer, nur die armen Frowanger. Die Franken dagegen können sich bei uns zu Tode quälen, sind ja unsere Feinde. Was diese Ansicht betrifft, Waldur, da trennen uns Welten.“
Währenddessen war sie in den Flur getreten, er ging ihr nach, und als er ihr in ihren langen Kapuzenmantel half, erklärte sie ihm knapp, sie habe noch zwei

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