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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Schuppen von den Augen, er hatte sich den Wölfen gegenüber in allem verkehrt verhalten. Gegner hatte er in ihnen gesehen, kein Wunder, dass sie sich darauf auch wie Gegner aufgeführt hatten. Zudem hatte er sie mit Magie von sich ferngehalten, obgleich er seine Magie nie mehr als Selbstzweck einsetzen sollte.
‚Ordne deine innere Haltung, Waldur’, ertönte neuerlich die Himmelsstimme, ‚und bereite dich auf eine direkte Konfrontation mit dem Wolfsrudel vor, das bereits links des Höhleneingangs Stellung bezieht. Tritt seinem Anführer überlegen, doch gütig, also als Mensch, entgegen. Die dazu nötige Kraft ist dir zu Eigen, mach sie dir jetzt bewusst.’
Die Stimme verklang, in Waldur wurde es wieder still. Jedoch nicht leer, denn in seiner Brust leuchtete, als habe die Stimme eine Spur hinterlassen, eine lebendige Kraft. Und aus der gestaltete er sich jetzt Edelmut, an dem es ihm für seine derzeitige Bewährung und somit zur Ritterreife noch ermangelt hatte.
Durchdrungen von dieser neuen Feinenergie und bereit, sich zu bewähren, erhob sich Waldur. Er streifte Scalla den leer gefressenen Futtersack ab, stellte sich den Beutel mit den Fleischbrocken vor dem Sattel zurecht und stieg auf.
Hochkonzentriert verließ er die Höhle. Die Wölfe verrieten sich mit keinem Laut. Nachdem er ein paar Schritte nach links geritten war, drehte er Scalla auf sie zu und blieb vor ihnen stehen. Regungslos. Dabei schaute er dem vorne an stehenden mächtigen Rudelführer, auf dessen Angriffssignal alle Wölfe lauerten, tief in die Augen, gebieterisch und wohlwollend zugleich. Das wirkte entwaffnender als seine bisherige Abwehrmagie. Der Rudelführer wurde machtlos, denn, was Waldur nicht bewusst war, auch seine jetzige Ausstrahlung war Magie, jedoch liebreiche, und die brachte des Rudelführers Angriffshaltung zum schmelzen. Noch eine Weile, dann griff Waldur in den Fleischbeutel und warf dem Anführer einen Brocken nach dem anderen vor die Pfoten, bis der Beutel leer war. Danach forderte er ihn freundlich auf: ‚Friss, Rudelfürst, hast lange genug darum gekämpft.’
Der rührte sich nicht, blieb stolz und reglos stehen und ließ auch sein Gefolge nicht an das fette Mahl. Dann senkte er den Kopf, er zeigte Waldur seine Ergebenheit an. Waldur musste seine Freude darüber zurückhalten, um in unverändert gebieterischer Weise darauf eingehen zu können: ‚Gut, Wolfsfürst, Kriegsbeil begraben. Ziehen wir beide wieder unserer Wege.’
Der Rudelführer hielt den Kopf noch gesenkt, als Waldur nun einige Schritte rückwärts ritt, Scalla dann umwandte und schließlich den Waldweg hinunter verschwand. Erst als Waldur außer Sichtweite war, stürzte er sich mit seinem Gefolge hungrig auf das Fleisch.
    N ach diesem Erlebnis war Waldur voller Siegesfreude, wie es jedem ergeht, der gerade eine eigene Schwäche überwunden hat. Und da man solch eine Freude gerne mit jemandem teilt, fragte er Scalla: ‚Sag, Kamerad, ist mir das nicht großartig gelungen mit den Wölfen?’
‚Ja.’
Also, etwas mehr als dieses knappe ‚Ja’ hatte Waldur schon erwartet, weshalb er die Frage nun genauer formulierte:
‚Ich meine, wie ich dem Rudelführer entgegengetreten bin, Scalla, und hernach Frieden mit ihm geschlossen habe. Verdient das nicht deinen Beifall?’
‚Jadoch.’
Mehr kam einfach nicht von Scalla. Aber er dachte darauf mal kurz über seinen Herrn nach und gelangte zu dem Schluss, dass der sich eigentlich immer recht anständig verhielt. Doch, doch, erkannte er ihm an, das könne er anders nicht sagen.
    N och ehe am nächsten Morgen die Dämmerung ausgeklungen war, eilte Waldur bereits auf seinem Scalla über die Uferstraße, die nun stetig bergab führte und die sie bis Gundholm nicht mehr zu verlassen brauchen. Die Berge wurden flacher, das Flusstal zog sich auseinander, und es waren mehr und mehr Füchse, Schneehörnchen, Vögel und sogar schon einige Fische jagende Möwen zu hören und sehen. Nicht mehr weit bis zum Küstenland.
Dennoch drängte die Zeit, keine halbe Stunde mehr bis Neumond und danach das durch nichts zu bändigende Blutdursterwachen der Wölfe, das Waldur, trotz seiner neuen Einstellung zu diesen Tieren, nicht miterleben wollte. Bereits jetzt befremdete ihn ja ihr Verhalten, sie benahmen sich sonderbar, bereiteten sich offensichtlich auf ihre Blutjagd vor, bei der sie, wie die Skandinavier behaupteten, von der männermordenden Schwarzmond-Dämonin besessen seien. Gerade beobachtete Waldur, wie zwei oder auch drei

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