Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
auf ihre Schultern glitt. Waldur, sich nicht gewahr, wie sehr ihn wieder ihr geheimnisvoller Eigenduft betörte, bewunderte ihre Haarfarbe, die dem dunklen Rotwein glich, der vor ihnen in der Glaskaraffe funkelte. Dann betrachtete er hingerissen ihre zierlichen Hände wie auch ihre weiße Haut, die einen so reizvollen Kontrast zu dem nachtblauen Festkleid darstellte. Obschon, hübsch war Chrodegilde mit ihrem zu runden Gesicht und der breiten Nase darin nicht gerade, doch sie verstand es, sich mit Schminke, Schmuck und interessanten Accessoirs ganz apart herzurichten.
„Jetzt ist mir wohler“, atmete sie auf, warf aber gleich drauf einen ängstlichen Blick in den Saal, „wenn mich nur Gisebrecht so nicht sieht.“
„Wird er nicht“,beruhigte Waldur sie und rückte auf dem Eckpolster näher zu ihr, sodass er mit seinem breiten Kreuz die mädchenhafte Chrodegilde verdeckte.
Nun berauschte ihn ihr Duft noch mehr, und während sie den Haarschmuck Stück für Stück in ihr Handtäschchen legte, fand er den Mut, sie zu fragen, was plötzlich seine Sinne bewegte: „Chrodegilde, wenn ich Kronprinz wäre, oder, oder wenigstens Anwärter - nein . . “Er begann aufs Neue: „Als alemannischer Kronprinz, Chrodegilde, hätte ich da Chancen bei dir?“
Ihr Atem ging rascher, als sie ihm zaghaft verhieß: „Vielleicht schon.“
Darauf griff er nach ihrer Hand, diesmal ließ sie es zu, und wollte Gewissheit: „Chrodegilde, schau mich an - ist das wahr?“
Scheu zu ihm hochblickend, fragte sie zurück: „Erinnerst du dich an unseren Liebeszauber, Waldur? An meinen Hekatespruch?“
Er führte kurz ihre Hand zu seinen Lippen und beteuerte ihr dann: „Wie könnte ich den vergessen haben. Du trägst ja noch diesen Hekatering, was hat das zu bedeuten?“
„Dass ich nie aufgehört habe zu hoffen, mein Hexenspruch würde sich eines Tages doch noch erfüllen.“ Ihre Augen und Wangen begannen zu glühen, als sie ihm preisgab: „Hekate, die Königin der Nacht, sollte mir dazu verhelfen. Sie ist meine Schutzpatronin.“
Darüber musste er jedoch lächeln: „Also, Schutz hat diese Dame noch niemandem gewährt, wir müssten schon ohne sie auskommen.“ Sie wollte widersprechen, doch er überlegte bereits: „Dazu müsste ich allerdings mein Baustudium aufgeben, und stattdessen die Regentenausbildung antreten. Die schwerste aller Ausbildungen, gerade bei uns in Alemannien steht sie kaum jemand durch. Und angenommen, ich bestünde alle Prüfungen, dann wäre es noch äußerst zweifelhaft, dass mich die Alemannen je zu ihrem Kronprinzen wählen.“
„Doch“, ereiferte sich Chrodegilde, „mit Hekates Zauberkraft schon, damit könntest du alles erreichen. Du brauchtest diese Kraft nur anzunehmen.“
Er lächelte abermals.
Diesmal reagierte sie darauf beleidigt. Wie damals am Quell in einer ähnlichen Situation, warf sie stolz ihren Kopf in den Nacken und hielt ihm vor: „Es geht hierbei nicht nur um dich, Herr Adelsrat, immerhin müsste ich dann meinen Vater bewegen, meiner Entlobung zuzustimmen. Und daran wage ich gar nicht zu denken.“
„Entschuldige, entschuldige“, kam es darauf betroffen von Waldur, und er sann, wie er seinen Fauxpas wieder gutmachen könne. Dabei fiel sein Blick auf die schöne Goldbrosche, die er an seinem rotseidenen Ritterrock trug. Er löste sie ab und heftete sie an Chrodegildes Handtäschchen, wobei er mit flehendem Blick haspelte: „Bitte, Chrodegilde, diese Brosche soll . , sie ist ein Beweis meiner Reue und Ergebenheit. Bitte nimm sie an.“
Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, stimmte sie zu: „Schön, ich nehme sie an. - Waldur, du bist etwas ungeschickt mit Frauen, warst du schon damals. Aber ich weiß, dass du es nett meinst.“
Erleichtert lächelte er sie darauf an.
Dann bemühten sie sich um eine belanglose Plauderei, wobei sie strikt seinen Blick mied, er hingegen seine Augen nicht von ihr wenden konnte.Mit der Zeit gestaltete sich Ihre Unterhaltung jedoch lockerer, dann auch vertrauter, weshalb sie ihn wieder anschauen konnte. Und schließlich schmeichelte sich wieder die Minne mit ein, unter deren Einfluss bald beiden so manche Beteuerung wie auch so manches Versprechen über die Lippen glitt und ihnen die Zeit verflog wie ein übermütiger Südseewind.
Plötzlich stand Gisebrecht vor den beiden Erschreckten, um sie freundlich auf die vorgerückte Stunde hinzuweisen.
„Natürlich“, wisperte Chrodegilde, wobei sie und Waldur sich wie zwei bei einer Unartigkeit Ertappten erhoben.
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