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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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über ihn, besprengten ihn mit Weihwasser und trugen ihn in seine Kammer.
    ***
    Die Eckhin hatte diesen ganzen Tag über ihr Maulwerk gewetzt, und in dieser Nacht trafen sich in der Kate der Gruebers mehr Menschen als je zuvor.
    Geschäftig heimste die Grueberin ein. Während im Vorwald aus Not Hamsterbauten aufgegraben wurden, konnte sie hamstern in Fülle. Im ganzen Dorf war die Geschichte mit der gepeinigten Auerin herumgekommen, und nun ließen die Menschen die Grueberschen raffen und drängten sich in der Dienstbotenhütte, denn der Kitzel hatte sie gepackt, und nun konnten sie ihn nicht mehr missen.
    Dunkelheit in der Kate, zusammengedrängte Menschen, Mief, Keuchen und Dünste aus den verschiedensten Körperöffnungen. Katharina wiederum kauernd, sich wiegend, seitlich neben ihr der alte Grueber. Der hatte an diesem Tag lange mit seinem Kind und der Grueberschen getuschelt, jetzt umklammerte seine Hand den ungefügen Hammer.
    »Fragt's«, rief er in das miefige Dunkel, während Katharina sich bereits schneller wiegte, wiederum vom Jumpfengranz und gepeinigten Seelen zischelte und flüsterte. »Fragt's die Seel', und wenn sie ja meint, wird sie zweimal pumpern, meint sie nein, pumpert's einschichtig. Fragt's jetzt, fragt's!«
    Ein Fischerweib aus den Pfatterer Donaumarschen kratzte allen Mut zusammen: »Ist mir die Bas' gestorben im vorletzten Winter. Die Änn von der Erlhütten. Änn, kannst mich hören, Änn?«
    Hart, heftig hieb der Grueber zweimal den Hammer gegen einen Wandbalken. Zusammengedrängte Menschen stöhnten.
    Das Fischerweib keuchte. Fragte, kaum vernehmbar: »Bist im Himmel, Änn? In der Seligkeit?«
    Einmal nur, bösartig, pumperte der Grueber.
    »In der Höll?« fistelte das Fischerweib, furzte vor Angst, bemerkte es nicht.
    Gnädig ließ der Grueber den Hammer einmal donnern.
    »So bist im Fegfeuer, Änn?«
    Jetzt schrie Katharina auf und faselte wiederum von den Peinteufeln, den Geiern, von den Heerscharen unerlöster Seelen, und hinein in ihr wüstes Gestammel pumperte zweimal der Grueber.
    »In der Vorhöll', in der Peinhöll'«, jammerte das Fischerweib. Im Hintergrund begannen sie einen Rosenkranz zu leiern.
    »Brennst?« rief das Fischerweib. »Bis zum Hals?«
    Einmal pumperte der Grueber.
    »Bis zur Brust?«
    Ein einziger Hammerschlag.
    Hoffnungsvoller: »Brennst bis zu deiner Weiberschand?«
    Erlösend der einzige Hammerschlag.
    »Bis zum Knie?«
    Da hieb der Grueber gnädig den Hammerkopf zweimal gegen den Hüttenbalken.
    »Alle guten Geister loben Gott, den Herrn«, schrie das Fischerweib erlöst, und der Grueber, ein frommer Betrüger, ließ den Hammer im Crescendo toben, unterstrich so das Gebet, unterstrich die Litaneien, die die anderen in den Katenmief zischelten: »HerrJesusAmKreuz, ChristiWundmale, MuttergottesGebenedeit.« Aufruhr in der Kate, religiöse Verzückung, ein Schwall, etwas ganz und gar Mitreißendes, unwiderstehlich, und der Grueber umklammerte seinen Hammer und wußte nichts mehr davon, und Katharina wiegte sich verzückt, und gegenwärtig war die arme Seele und fast schon erlöst, und taumelnd, keuchend feierten die Taglöhner und Bauern das Mysterium.
    Mittendrin, tief drinnen in dieser Hysterie, Katharina. Geborgen fühlte sie sich und wichtig. Es quoll ihr süß durch die Adern, stieg heiß hoch bis zur Kehle, dann der Schrei: »Die Auerin! Bittet's für die Auerin, die arme Seel', die unerlöst' Seel'! Die Auerin brennt über die Zehen und die Knie hinaus, die brennt bis hin zu ihrer Weiberschand, und sieben Teufel sind's heut über ihr. Hat jeder sieben Spitzen an sei'm Feuerzipfel …«
    Und während sie jammerten und stöhnten, daß das Vieh im Stall nebenan zu toben begann, während die eine Seele schon fast erlöst war, die andere aber Unaussprechliches erdulden mußte, hieb der Grueber, völlig unbewußt jetzt, siebenmal mit dem Hammer gegen den Katenbalken, und alle begriffen entsetzt diese Botschaft.
    ***
    Wieder war die bucklige Eckhin im Morgengrauen auf dem Auer-Hof aufgetaucht wie ein böser Geist. Der Bauer, körperlich verwüstet von den Nachwirkungen des Fusels, hatte sie im Kienlicht wütend angestarrt, als sie von den sieben Peinteufeln zu faseln begonnen hatte. Als die Eckhin dann noch mehr gesagt hatte, da hatte der Auer die Beherrschung verloren.
    »Satansbuhlin!« schrie er den Buckel an; Saueres, Ekliges quoll ihm dabei in der Kehle. »Du hast meine Margaret verschimpfiert , du und das Grueber-Dirndl, die arglistige Hex'. Gestern

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