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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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schmiedeeisernen Klopfer am Tor, bewunderte ihn gleichzeitig, denn er zeigte den Reichtum des Ordens an.
    Das Pförtnertürchen öffnete sich, und grunzend trollte sich die ohnehin schon aufgestörte Sau. »Gelobt sei Jesus Christus – was willst, Dörper?« redete der Laienbruder drinnen den Bauern an.
    Der schlug zunächst je ein Kreuz über Stirn, Mund und Brust, erwiderte dann: »Jesus Christus, gelobt! – Komm' vom Land herein, von Geisling in der Pflegschaft Pfatter. Und ich muß einen der Hochwürdigen Herrn Patre …« – er verhaspelte sich – »Patern sprechen.«
    »Die werden gerade auf dich warten«, erwiderte der Laienbruder ungnädig. »Außerdem halten sie sich jetzt – in der Kirche auf, beten gerade die Sext.«
    Johann Auer bekreuzigte sich abermals, und der Pförtner blickte etwas milder. »Sag mir's, warum du einen der hochwürdigen Patres willst. Wenn's bloß ums Beichten ist, so geht's drüben bei den Minoriten« – er deutete nach Süden – »leichter.«
    »Ich muß nicht beichten«, beteuerte der Auer. »Aber bei Sankt Peter, einen Pater muß ich haben, weil es um die Seel' meines verstorbenen Weibes geht. Zu Geisling treibt eine Hex' ihr teuflisches Spiel mit meiner Margaret. Ich schwör's beim Apostel!« Und er schielte nach Südwesten, wo sich in geringer Entfernung der doppelte Stumpfturm des Petersdoms über der Stadt erhob, von Dohlen umschwirrt, zwei massige Rammböcke über den Menschen. »Die Gruebersche Dirn sagt, sieben Teufel würden mein armes Weib im Peinfeuer hobeln«, setzte er hinzu.
    Der Pförtner, ein Bauernbursche aus dem Korngäu, fuhr erschrocken zurück. »Sieben Teufel, sagst? Eine Hex', sagst? Zu Geisling, sagst?« Er schlug die drei Kreuze, schneller, als der Auer es je fertiggebracht hätte. »Jetzt glaub' ich wirklich, daß du einen der Patres brauchst. Wart ein Weilchen …«
    Er schlug auch den unteren Laden der Mannpforte zurück, und Johann Auer konnte in den Klosterhof schlüpfen. Er fand sich in einem kleinen Garten wieder, jetzt ohne Grün, aber von einigen Taxushecken gesprenkelt, ringsum Gebäude, der Kreuzgang, Mauern, der Kirchturm darüber mit zwiebelförmigem Glockenstuhl. Aus dem Gotteshaus tönte verwaschen das gregorianische Sumsen der Mönche, eintönige, kältespröde Bässe.
    Der Pförtner wies auf eine Steinbank unweit des Kreuzganges. »Da kannst du dich hinsetzen«, sagte er. »Wenn die Fratres und Patres von der Sext kommen, will ich dich anmelden.«
    Johann Auer nickte dankbar, fühlte sich plötzlich seltsam erleichtert und kramte Brot und Speck hervor. Seine Zähne rissen am harten Roggengemenge, sein Messer schlitzte in durchwachsenes Fett.
    Der Pförtner stand noch immer da, hatte die kleinen Augen zusammengekniffen, wiegte den Schädel auf massigem Nacken. »Eine Hex', sagst, bei euch zu Geisling? Da wird man exorzieren müssen – und wenn's nicht hilft, dann brennen. – Ist's ein junges Weibsstück? Ein altes? Hat's Male in der Fratzen? Braune? Haarige? Oder anderswo?«
    »Es ist die Gruebersche Dirn«, antwortete der Auer kauend und schlingend, »zwölfjährig, aber es könnt gut sein, daß auch die bucklige Eckhin mit im Spiel ist, eine alte Taglöhnervettel.«
    Das Messer riß im Speck, löste eine braunrote Faser.
    »Zwölfjährig«, flüsterte der Pförtner hingerissen. »Das ist lang her, daß eine solche gebrannt hat. Vor zehn, zwölf Jahren, zu Ingolstadt. Hat das Teufelsmal gleich neben dem Nabel gehabt. Einer von den dortigen Jesuiten hat's herausgefunden. Hat's mit der Nadel versucht. Ist kein Blut geflossen. Da hat die Hexendirn brennen müssen. – Und die eurige, sagst, treibt's auch mit dem Teufel?«
    »Daß sie ins Fegfeuer blicken könnt, behaupten die Leut'«, erwiderte der Auer kauend. »Und sie sieht, wie es dort die Teufel mit den armen Seelen treiben. Wie sie meine Margaret schänden. Das muß doch Hexenwerk sein, nicht?«
    »Muß wohl, muß wohl«, murmelte der Pförtner. – »Man weiß von keinem Heiligen, daß ihm eine solche Fähigkeit zuteil geworden wär'. Ja, ja, Dörper, ja, ja, da hat gewiß der Höllische seine Krallen im Spiel. – Und die andere, die mit dem Buckel? Hast du gesehen, wie ihr eine schwarze Katz' aus dem Höcker gesprungen ist?«
    Der Auer schauerte zusammen. »Nichts hab' ich gesehen. Hab' die Eckhin von meinem Hof gejagt, heut beim Morgengrauen. Hab' ihr den Hund aufgehetzt. Aber es könnt' sein, könnt' wohl sein – die schwarze Teufelskatz' im Buckel …«
    Er

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