Die Hexe soll brennen
Andeutung eines Lächelns im Mundwinkel des Felß, unbeweglich gemeißelt die Gesichtszüge des Knechts hinter dem Pfarrer. Und der Kapuziner fragte: »Willst du mir das schwören? Bei den sieben heiligen Wundmalen Christi? Bei seiner Mutter, der Jungfrau, der unbefleckten Empfängnis? Sag, willst du's beschwören?«
»Ich beschwör' es!« Katharina zögerte und setzte hinzu: »Nur die Auerin hab' ich erlösen wollen. Will sie immer noch erlösen. Es ist so schlimm, wie sie im Peinfeuer brennen muß. Wenn die Geier tanzen um ihre arme Seel' …«
»Das ist nicht deine Sache«, erwiderte der Pater und rollte die Geißelschnüre zusammen, küßte das Marterinstrument und setzte hinzu: »Das ist allein die Sache von uns Geweihten. Wir werden für die Auerin beten. Aber du hast damit nichts zu schaffen. Sollst dich um deine eigene Seele kümmern, nicht um die von anderen. Willst du mir auch das versprechen?«
Katharinas Lippen bebten widerspenstig, aber sie nickte. »Gut«, sagte der Kapuziner. »Wir wollen's dabei belassen. Die Sache soll nicht weiter verfolgt werden. Du bist einen Irrweg gegangen, Dirn, aber die Gnade des Allmächtigen hat dich auf den rechten Pfad zurückgeführt. Jetzt ist es gut. Es ist alles gut.«
Katharina begann zu schluchzen und schlich zu ihrer Familie. Der Pater wandte sich an Felß: »Betet uns noch einen Rosenkranz vor, Pfarrer. Zum Dank, daß es glimpflich abgegangen ist. Danach wollen wir gehen.«
Alle in der ärmlichen Kate murmelten die Worte erleichtert. Selbst die Kinder schienen zu begreifen. Nur der Frater zerbiß die Sentenzen der Litanei grimmig zwischen den gelben Zähnen.
***
An diesem Abend saßen die Kapuziner und Felß im Pfarrhof beim Punsch. Der Pfleger war bereits vor Stunden zurück nach Pfatter geritten, hatte sich wortkarg und nicht besonders freundlich verabschiedet.
»Wir werden morgen ins Kloster zurückkehren«, sagte der Pater. »In Geisling gibt es für uns nichts mehr zu tun.«
»Das glaube ich auch«, stimmte Felß zu. »Das Mädchen war verwirrt, aber ganz bestimmt nicht vom Teufel besessen. Wäre letzteres der Fall gewesen, dann hätte die Geißel den Incubus schon herausgetrieben. Immerhin werde ich ein Auge auf die Kathrin haben. Sie muß mir jetzt öfter als zuvor in die Kirche kommen.«
»Haltet das so«, sagte der Pater nickend. »Und seht zu, daß die Sache bald vergessen wird. Wir wollen nicht aus jedem jungen Weibsstück, dem der Saft steigt, eine Hexe machen.«
»Aber die Dirn ist schlecht«, mischte sich der Frater ein. »Selbst zuletzt hat sie Euch nur widerwillig geschworen. Ich hätte sie an Eurer Stelle mindestens geprangert. Drei Tage und drei Nächte im Stock wären besser für sie gewesen als Eure Milde.«
»Sie ist ein dummes kleines Ding und hat sich in der Verwirrung etwas eingebildet«, beharrte Pater Korbinian. »Ins Fegfeuer hat sie niemals geblickt und wird auch nie eine Seele daraus erlösen. Ist viel zu unbedarft dazu.«
Frater Franz schlürfte Punsch, saugte ein paar danebengegangene Tropfen aus dem Bart und sagte: »Was ist mit dem Beschiß, den die Dirn und ihre sauberen Eltern mit den Dörpern getrieben haben? Ihr habt selbst die vielen Freßsachen gefunden, habt's durchschaut und habt doch zuletzt kein Wort mehr deswegen verloren. Soll man das auch so einfach hingehen lassen?«
Der Pater lachte. »Jeder Viehhändler und Bader bescheißt die Leut'. – Sollen wir sie deswegen alle zu Hexen machen? Ich bin kein Büttel, Bruder Franz, und Ihr seid's auch nicht. Unsere Arbeit liegt im Seelengarten, und bei der Grueber-Dirn haben wir heut das Unkraut ausgerottet. Da wird nichts mehr nachwachsen.«
»Ich werde darauf achten, daß nichts Unrechtes mehr im Dorf geschieht«, versprach Felß. »Schwierig wird's nicht sein. Schon jetzt, so berichtete mir der Knecht, lachen die Geislinger über die Grueberschen und ihren eigenen Aberglauben. Es ist vorbei, und auch der Auer kann wieder ruhig schlafen. Es wird keiner mehr seinem verstorbenen Weib zu nahe treten.«
»Und die Eckhin?« beharrte Frater Franz. »Ob auch die jetzt Ruhe geben wird?«
»Laßt mir den Buckel in Frieden. Ist nur ein armes, blödes Weib«, verwies ihn der Pater.
»Ich werde ihr nach dem Gottesdienst am nächsten Sonntag die Leviten lesen«, versprach Felß.
»Gut!« Pater Korbinian griff zum Zinnbecher, trank und sagte: »Ich bin froh, daß es glimpflich abgegangen ist, und Ihr, Bruder Franz, solltet es auch sein. Wir haben eine Hexe gesucht und
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