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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Sünden fürchten!«
    Katharina hatte die Eckhin nicht kommen sehen, hatte sich nach dem Trost Jörgs gesehnt, der ihr wie ein Großvater gewesen war. Jetzt fuhr sie hoch aus vorjährigem Laub und dürrem Gezweig, erblickte erschrocken die Bucklige.
    »Was suchst' hier? Was hab' ich denn mit dir noch zu schaffen?« fragte sie scharf.
    »Was redest' denn? Wir sind doch immer gute Freundinnen gewesen«, schmeichelte die Eckhin. »Ich hab' gesehen, wie sie dir mitgespielt haben. Als ob du ein Depp wärst. Dabei haben dieselben Bauern noch vor einer Woche drum gebettelt, daß du sie ins Jenseits schauen läßt. Jetzt lachen sie dich aus. Paßt dir das, Kathrin?«
    »Ich hab's dem Mönch versprochen, daß ich nichts mehr treib'«, erwiderte Katharina, schaute sich ängstlich um. »Aber ich hör' die Auerin noch immer rufen …«
    »Die unerlöste Seel'. Hörst sie also immer noch!«
    »Ja.« Katharina stand nun nahe bei der Eckhin, redete hastig. »Aber der Mönch hat's mir verboten. Er hat gesagt, daß ich mich nicht kümmern soll um solche Sachen. Ich muß auf ihn hören. Er ist ein Geweihter.«
    Die Eckhin lachte hämisch. »Ein Pfaff oder nicht – er versteht nichts. Gar nichts. Ist er am Grab der Auerin gewesen oder du? Hat sie dich gerufen oder den Kuttenbeutel? Was hast' bloß mit dem Kapuziner? Geschlagen hat er dich und dich zum Gespött gemacht. Jetzt lachen sie im Dorf über dich. Keiner schenkt dir mehr ein Stück Brot, einen Braten. Ein Närrlein bist' geworden. Hungern werdet ihr in der Kate noch müssen, bis die nächste Ernte kommt. Und dabei könntest' es viel besser haben …«
    »Aber wenn's der Mönch erfährt!«
    »Der ist weit. Ist längst wieder in seinem Kloster zu Regensburg. Wie soll er's erfahren?«
    »Hat's einmal erfahren.« Katharina wand sich, wollte weg. Wollte bleiben.
    »Weil dich der Auer hingehängt hat«, hetzte die Eckhin. »Und sogar dann hätt's noch gut hinausgehen können. Wenn du dem Kapuziner bewiesen hättest, daß du die Seel' wirklich rufen kannst. Das war dein Fehler, daß du bloß geflennt hast, daß du's dem Pfaffen nicht gezeigt hast.«
    »Dann hätte er mich verbrennen lassen.« Katharina begann zu zittern.
    »Zu einer Heiligen wärst du geworden«, schrie die Bucklige. »Wärst geworden wie der Herr Jesus. Der hat den Lazarus von den Toten auferweckt, und du hättest mit einer Toten reden können, und der Mönch hätt' es mitansehen müssen. Dann hätt' er dich nicht mehr geschlagen. Auf Händen getragen hätt' er dich.«
    Mit gerunzelten Brauen stand Katharina da, zwischen dem Buckelweib und der Friedhofsmauer.
    »Beschwör die Auerin noch einmal«, drängte die Eckhin. »Bitt den Pfarrer Felß dazu. Zeig, daß du's kannst, und dann darfst du die verspotten, die sich jetzt über dich lustig machen. Straf sie Lügen, die gottlosen Schreier. Noch einmal schwör die Auerin herauf!«
    »Nein!« Katharina schüttelte sich, als würde sie sich gegen einen Bann wehren, drängte sich an der Eckhin vorbei, rannte davon, ins Dorf, der elterlichen Kate zu. Und nochmals erklang ihr Schrei zwischen den Häusern: »Nein!«
    »Doch wirst du's tun«, zischelte die Eckhin. »Mußt es tun!« Dann hockte sie sich an der Friedhofsmauer nieder, blieb lange dort – ein buckliges Wesen, dessen schwarzes Gewand wie Krähengefieder im Märzwind flatterte und sich pluderte.
    ***
    In dieser Nacht fand Katharina keinen Schlaf. Der Jörg war in ihr, flüsterte ihr zu, drängte, forderte. Zuletzt setzte sie sich im Strohbett auf, lauerte auf den Atem der Schlafenden in der Kate; keiner würde bemerken, was sie tat. Ihr Körper begann sich zu wiegen. Fast unhörbar formte sie die magischen Worte: Domkron, Jumpfengranz. Ihr Denken wurde dumpf, der dunstige Katenraum verflüchtigte sich. Alles war weit, dann der Feuerschein. Die Auerin, die immer noch bis zur Weibermitte brannte, sich unter den Peinteufeln wand, um Erlösung flehte. Erlöß, erlöß, erlöß …
    Und dann kam die Erleuchtung über das Kind. Der Mönch war nur eine Prüfung gewesen, und Katharina hatte versagt. Aber in der kommenden Nacht würde sie die Seele der Auerin erretten. Sie wußte es ganz genau. In der letzten Stund' vor Mitternacht, dachte sie, hatte das Gespräch mit der Eckhin vergessen, dachte aber auch daran, daß dann niemand mehr sie verspotten würde, daß die Bauern sie dann wieder achten und Gaben bringen würden, allen voran der Auer.
    Katharinas Kopf wurde wieder klar. Sie fühlte sich nun selbst wie

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