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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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müssen. Am Galgen sollt' man dich tanzen lassen!«
    »In meinem Dirndl steckt kein Teufel«, brüllte Johann Grueber zurück. »Das hast du alles bloß erfunden, du minderer Kuttenpfaff. Die Ehr' wollt ihr uns abschneiden, mir und meiner Familie. Laßt die Kathrin in Ruh', sonst …«
    »Jetzt ist's genug, Grueber!« Kaspar Michel hatte sich auf seine Pflichten besonnen und drängte den Wütenden zur Hüttenwand zurück. Gegen den kräftigen Mann im Brustharnisch hatte der Taglöhner keine Chance. Er erschlaffte, sank in sich zusammen, begann zu weinen. Sein Weib mußte ihn halten.
    »Führ den Kerl ab! Steck ihn ins Loch!« forderte giftig Frater Franz. »Der Saukerl hat Kirche und Obrigkeit beleidigt!«
    Der Pfleger warf einen fragenden, unschlüssigen Blick auf Pater Korbinian. Der hatte sich gefangen. »Nein«, entschied er. »Der alte Grueber hat falsch gehandelt, aber doch als Vater. Laßt ihn.« Er wandte sich, direkt an den schluchzenden Mann: »Es ist nichts Unrechtes, was wir deinem Kind tun. Es muß sein. Du kannst das schon verstehen, nicht wahr?«
    Der alte Grueber reagierte nicht, greinte nur haltlos vor sich hin.
    »Er wird jetzt Ruhe halten«, sagte der Pater. Er winkte Katharina. »Du, vergiß, was du soeben gesehen hast. Komm wieder her. Knie nieder. Es wird dir nichts Böses geschehen. Ich will dir nur helfen.«
    Das Mädchen gehorchte. Sein Gesicht blieb starr.
    »Jetzt die Teufelsgeißel«, befahl Korbinian. »Ihr, Michel, habt ein Auge auf den Alten. Falls er doch wieder …«
    »Ich verstehe«, erwiderte der Pfleger und spürte es bitter in der Kehle quellen. Er schämte sich jetzt, weil er vorhin eingegriffen hatte; er schämte sich überhaupt, weil er hier war. Wäre ich an der Stelle des alten Grueber gewesen, dachte er, ich hätte den Pfaffen erschlagen. Das Kind ist so wenig vom Teufel besessen wie ich. Und die Leute hier hungern schon den ganzen Winter über. Es ist kein Wunder, daß sie sich durch ihren Hokuspokus Nahrung verschafft haben.
    Dann legte er die Hand auf den Degengriff und stellte sich zwischen die Familie und den Pater.
    Frater Franz hatte die Teufelsgeißel aus dem Rupfensack genommen, einen kurzen Holzgriff mit drei Schnüren daran, welche die Dreieinigkeit symbolisierten. In die Lederriemen waren kleine Kruzifixe, Rosenkranzkugeln, Marienbildnisse geknüpft. Franz küßte das Werkzeug und reichte es dem Pater, dann begann er erneut den Weihrauchkessel zu schwenken. Auf seinen Wink hin sprengte Felß Weihwasser über das nun wieder kniende Mädchen.
    Und wieder Lateinisches, während kaltes Wasser spritzte, beißender Rauch quoll, während der Kapuziner die Geißel schwang. Und dann, als die Lederschnüre auf den Rücken Katharinas klatschten, deutsch: »Melde dich, böser Geist! Gib dich zu erkennen!«
    Katharina krümmte sich. Als der zweite Schlag ihre dünnen Schulterblätter traf, stöhnte sie.
    »Ja!« keuchte der Frater und wand sich verzückt hinter dem tanzenden Rauchfaß. Der Pfleger würgte, stierte auf den alten Grueber, doch der blieb gebrochen in den Armen seines Weibes hängen.
    Die Geißel traf zum dritten Mal, und jetzt schrie Katharina auf. An ihrem Halsansatz zeigte sich ein Rinnsal Blut.
    »So ist es gut!« Auch der Pater schien jetzt über die Maßen erregt. »Wer ist es, der von dir Besitz genommen hat, Mädchen?«
    Ein vierter Schlag der Geißel gegen kaum entwickelte Brüste. Er ließ Katharina kniend zurücktaumeln, doch sofort kippte ihr Oberkörper wieder nach vorne, und nun wiegte sie sich wie so oft zuvor. Aus dem Schrei heraus stammelte sie: »Die Auerin, die muß ich erlösen. Die brennt im Peinfeuer, und um sie herum tanzen die Geier. Wie ich an ihrem Grab gewesen bin, da hat sie mich gerufen. Hat mich gerufen, wieder und immer wieder. Hat um mein Gebet gefleht und um die Gebete von anderen, daß sie aus dem Fegfeuer erlöst werden kann …«
    Die Geißel verhielt. Das Rauchfaß tanzte weniger heftig. »Du willst nichts weiter, als die Seele der Auerin erlösen?« sagte der Pater, stellte die Frage jetzt in beinahe mildem Ton. »Und es ist kein Teufel in dir, der aus dir ausfahren möchte?«
    »Kein Teufel«, wimmerte Katharina. »Auch wenn Ihr mich nochmals geißelt – kein Teufel!«
    Dumpfes Atmen der Grueberschen, das Schluchzen des Vaters, plötzlich leiser werdend. Ein Schweißbächlein, das zwischen den Schulterblättern des Pflegers kitzelnd zu trocknen begann. Böse lauernd der Frater mit dem Namen des sanften Heiligen. Die

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