Die Hexe soll brennen
wortlos ab, zog Katharina mit sich durch die Stube, inspizierte jedes einzelne der wenigen Möbelstücke. An der Feuerstelle ließ er Katharinas Arm los, geduckt jetzt blieb das Mädchen, wo es war. Der Pater griff in den Rauchfang über dem Herd. Schinken kamen zum Vorschein, geräucherte Bauchstücke, zwei Armlasten voll. Gertrud Grueber stöhnte verhalten.
Der Kapuziner warf das Fleisch auf den Tisch, blieb wortlos, suchte weiter, aus versteckten Winkeln holte er Brotlaibe, Eierschwingen, frischgeschlachtetes Geflügel, Töpfe mit Milch und Eingemachtem hervor. Er sammelte stumm, aber die Anklage auf der Tischplatte wurde von Minute zu Minute beredter.
»Ihr lebt nicht schlecht«, sagte der Pater endlich, als er seinen Beutehaufen mit einem Batzen Gänseschmalz im Steinguttopf krönte. »Ihr lebt besser, viel besser, als Dienstleute es gemeinhin können.«
Der Pfarrer starrte auf die Lebensmittel. Er konnte seine Überraschung nicht verbergen. Selbst Kaspar Michel schien verwirrt, und die Nasenflügel des Fraters bebten wütend. »Woher habt ihr das alles?« herrschte der Pater die alte Grueberin an. »Belüg mich nicht! Es wär' eine Todsünd'! Du weißt, ich könnte dein Beichtiger sein.«
»Es ist … es ist uns gebracht worden«, stotterte Gertrud und begann vor Angst zu schwitzen.
»Weil deine Tochter ihren Hokuspokus aufgeführt hat, nicht wahr?« Jetzt redete der Pater ganz ruhig. »Ihr habt die Menschen im Dorf hereingelegt, und sie haben für den Schwindel ihre Speisekammern geplündert. Ist's nicht so, Grueberin?«
Die Frau wand sich, aber Katharina sagte plötzlich mit fester Stimme: »Es ist kein Schwindel gewesen!« Mager stand sie da, mit strähnigem Haar; kampflustig der angespannte Körper.
»Es war also kein Schwindel.« Auch die Augen des Kapuziners blitzten. »Was war es dann?«
»Ich hab' die Auerin im Fegfeuer gesehen – und auch andere aus dem Dorf«, erwiderte das Mädchen bestimmt. »Sie haben mit mir gesprochen.«
»Dann ist ein böser Geist in dich gefahren!« Der Vorwurf von Frater Franz kam schrill aus dem Hintergrund. Er drängte sich vor, deutete anklagend auf den Tisch und schrie noch lauter: »Und auch das da ist euch vom Bösen gekommen!«
»Still!« wies Pater Korbinian ihn zurecht. Und zu Katharina gewandt: »Du hast also wirklich die Toten gesehen, mit ihnen gesprochen? Wo geschah das?«
Katharina preßte die Lippen zusammen und antwortete dann: »Zuerst auf dem Friedhof. Schon vor Wochen. Zuerst mit meinem Ahn, dem Jörg. Dann mit der Auerin. Die hat mich angefleht, daß ich für sie beten soll. Daß ich sie erlös'. Dann ist's auch hier im Haus über mich gekommen. Zur Nacht. Wenn mich die anderen nach ihren Verstorbenen gefragt haben. Da hab' ich die Toten gesehen. Hab' aber nichts Böses getan. Wollt' ihnen bloß helfen. Die Leut' haben beten sollen für die armen Seelen.«
»Beten, ja – und euch das Naschwerk in die Hütte schleppen«, schimpfte der Pater.
»Ich hab's nie von einem verlangt«, gab Katharina trotzig zurück. »Hätte ich denn die guten Sachen zurückweisen sollen?«
»Hätten wir's verkommen lassen sollen?« schrillte die alte Grueberin.
»Ihr habt einen unheiligen Handel getrieben!« Der Pfarrer war empört, aber er sagte es nicht ohne Milde.
»Und Ihr?« schoß Katharina auf ihn los. »Nehmt Ihr nichts für Eure Seelenmessen?«
»Still, Kind!« Doch der alte Johann Grueber hatte den Frevel nicht mehr verhindern können.
»Sie lästert die Kirche«, schrie Frater Franz. »Ihr alle habt's gehört. Der Teufel spricht aus ihr. Jetzt muß der Exorzismus gebraucht werden!«
»In nomine domini – wir werden exorzieren!« Pater Korbinian sagte es mit schmalen Lippen und blassem Gesicht. »Holt die heiligen Geräte herein, Bruder Franz.«
Die alte Grueberin hatte zu wimmern begonnen, ihr Mann stand wie erstarrt da. Die Kinder, mit Ausnahme Katharinas und Balthasars, begriffen nichts.
Gertrud Grueber sank auf die Knie und rang die Hände gegen den Kapuziner. »Ihr könnt die Speis' haben, alles, was im Haus ist«, flehte sie.
Aber der Kapuziner stand da mit steinernen Zügen, beachtete sie nicht, musterte allein die reglose Katharina.
»Seid ruhig, es gilt nur der Tochter allein«, versuchte Pfarrer Felß die alte Grueberin zu beruhigen. »Und es ist nichts Böses dran, wenn die heiligen Geräte angewendet werden.«
»Schweigt!« verwies ihn der Pater streng. »Was entschuldigt Ihr Euch für das Heiltum der Mutter Kirche?«
Frater
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