Die Hexe soll brennen
herunter, denn einer der Wache stehenden Eisenreiter kam über den Hof gesprengt, drängte den Bauern gegen die schiefe Stallwand und hielt ihn mit gesenkter Lanze in Schach. Vom Hals bis zu den Schläfen wachsbleich werdend, ließ Wolfgang Weinzierl die Mistgabel fallen.
»Versichert euch auch der anderen!« befahl der Regimentsrat. Aber die beiden Knechte kamen freiwillig auf den Hof, wurden mit Schaftstößen der Lanzen in den Stall getrieben. Eine Magd entdeckte man in der Küche. Auch sie stieß man in den Stall. Dann wurde die Tür verriegelt, und einer der Soldaten bezog Posten davor.
Erst jetzt wandten sich der Regimentsrat und der Kommissar dem Mädchen und dem alten Weinzierl zu. »Ihr seid verhaftet«, eröffnete ihnen Franz von Schwerer, doch sein Begleiter unterbrach ihn: »Nur das Mädchen! Wegen des Alten hat der Graf von Wernberg nichts angeordnet.«
Scherer räusperte sich, begann erneut: »Du also bist verhaftet, Christine Weinzierl. Wegen Hexerei und weil du im Bund mit dem Leibhaftigen bist. Wir bringen dich nach Straubing in die Fronfeste zum Verhör und zur Aburteilung. Wenn du Widerstand leistest, ist dein Leben auf der Stelle verwirkt! Hast du mich verstanden?«
Das Mädchen wand sich und begann Rotz und Wasser zu heulen. Scherer rümpfte angewidert die Nase und wandte sich dann dem Bauern zu: »Du bist gerade noch einmal davongekommen. Verdient hast du es wahrscheinlich nicht. Und jetzt in den Kuhstall mit dir. Dort bleibst du, bis wir mit deiner Brut abgeritten sind.«
Der Bauer zeigte Mut. »Wer hat meine Christine als eine Hex' verleumdet?« fuhr er den Regimentsrat an. »Das will ich auf der Stelle wissen! Die Christl ist eine anständige Dirn!«
»So anständig, daß sie mit der Grueberschen auf dem Besen geritten ist«, fuhr der Herr von Edlmar dazwischen. »Mit der Grueberin, deren Balg bereits seit vier Wochen in der Hexenkaue von Pfatter liegt. Hast du das verstanden, du Dorfdepp?«
Als der Name Grueber fiel zuckte Wolfgang Weinzierl zusammen. Seine Courage war schlagartig verflogen. Denn jedem im Dorf war inzwischen bekannt, daß die Katharina wegen Hexerei in der Kaue saß. Er senkte die Lider, schaute nicht einmal mehr auf Christine und machte sich freiwillig auf den Weg zum Stall. Einer der Reiter entfernte den Riegel, stieß den Bauern mit einem Fußtritt ins Dunkel, verschloß die Tür erneut.
»Und nun müssen wir das Haus durchsuchen«, ordnete Scherer an. »Wir müssen alles sicherstellen, was später als Beweismittel dienen könnte. Außerdem heißt es ja im Malleus Maleficarum {*} , wenn einer der Hexerei angeklagt sei, sehe er seine Güter eingezogen.« Er wandte sich an den von Edlmar: »Ich denke, wir beide können die Untersuchung allein durchführen. Da brauchen wir die Reiter nicht.«
Der kurfürstliche Kommissar stimmte eilig zu, und die beiden Edelleute verschwanden im Wohnhaus, während draußen die Gepanzerten die dralle und mondgesichtige Christine umringten und sie mit derben Zoten angingen.
Eine halbe Stunde später kamen Scherer und Edlmar wieder ins Freie. Jeder von ihnen schleppte einen bauchigen Sack. Eigenhändig wuchteten sie ihre Beute hinter die Sättel ihrer Gäule und schnürten sie fest. Durch den Rupfenstoff duftete Geräuchertes, und als einer der Gäule stampfte, klirrte schweres Metall. Die Edelleute hatten ihre ›Beweisstücke‹ sichergestellt: Im Haus der Familie Weinzierl gab es jetzt keinen einzigen wertvollen Gegenstand mehr.
Die meisten der Kürassiere grinsten wissend. Damit sie den Mund hielten, würden sie später, in Straubing, wohl einen Teil der Hexenbeute abbekommen.
»Und nun zu den Grueberschen!« befahl Scherer und setzte seinen Fuchs in Trab. Der Trupp folgte ihm. Christine war, die Hände auf dem Rücken, einen Strick um den Hals, an den Steigbügel des letzten Rosses gebunden worden. Wenn sie nicht zu Tode geschleift werden wollte, mußte sie aus Leibeskräften rennen.
Doch es war nicht allzuweit bis zu der Taglöhnerkate. Die Reiter donnerten die staubige Dorfgasse entlang. Hinter rasch geschlossenen Fensterläden und Türbögen lauerten überall ängstliche Gesichter, wie schon einmal in diesem Jahr, als ein Maultier durch das Dorf getrottet war, mit einem Kapuziner im Sattel, und dahinter der Pfarrer, ein Frater und der Pfleger von Pfatter, geharnischt.
Jetzt klirrten sogar ein Dutzend Harnische, aber als sie die Gruebersche Kate erreichten und rasch durchsuchten, fanden sie diese leer. Nicht einmal Beute
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