Die Hexe und der Herzog
sorgen, dass auch ihre gemeinsame Vergangenheit neu auf lebte. Sie zog das Fläschchen heraus und träufelte sieben Tropfen in die Karaffe. Sie würde ihm zuprosten und ebenfalls von dem Wein trinken. Dann wären sie eins – für immer!
Beim Aufnehmen erschien ihr die Last wie ein Federgewicht. Ihr Plan würde gelingen. Sie war sich auf einmal ganz sicher.
Endlich langte sie vor der richtigen Tür an. Bevor Sigmund sich zur Nachtruhe zurückzog, verbrachte er gern noch einige Zeit in dem kleinen, gemütlichen Raum, an den sein Schlafgemach direkt anschloss. Auf unerwünschte Dienerschaft würde sie nicht stoßen, dessen war sie sich gewiss. Die blaue Stunde, wie er sie zu nennen pflegte, auch wenn zur Winterzeit längst tiefe Nacht herrschte, gehörte dem Herzog allein.
Sie befeuchtete die Lippen, zwang sich zu einem Lächeln, obwohl ihr Herz wie ein gefangener Vogel gegen die Rippen schlug. Was hing nicht alles von diesem Moment ab! Doch wenn er erst einmal den Wein intus hatte, konnte ja nichts Schlimmes mehr geschehen.
Da sie keine Hand frei hatte, schlug sie mit der Schuhspitze gegen die Tür. »Ich bin es«, rief sie, »Alma! Der Küchenmeister war so freundlich …«
Die Tür sprang auf.
Er war beileibe nicht allein, ihr geliebter Herzog! Sie blickte in die dunklen Augen eines jungen Mannes, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Da er keinerlei Anstalten machte, sich zu bewegen oder irgendetwas zu sagen, drückte sie ihm kurzerhand das Tablett in die Hände.
»Stellt das Essen auf die Ofenbank, Signor Moreno!«, rief der Herzog. »Und dann kommt schnell wieder zu mir. Unsere Arbeit ist noch nicht beendet. Und bringt Wein mit – Ihr wart doch eben noch durstig. Trinkt, so viel Ihr wollt, ich bitte Euch!«
Zu Almas Entsetzen musste sie mit ansehen, wie der Italiener den Inhalt der Karaffe in seinen Pokal goss und ihn im Stehen in einem Zug leerte.
»Was steht Ihr noch herum?«, rief Sigmund. »Ich will mich weiter mit Euch an den Schätzen laben, die Ihr uns aus Venedig mitgebracht habt.«
Irgendwie gelang es Alma, bis zum Tisch zu gelangen. Sie starrte auf die kleinen blauen Steine, die auf einem dunklen Samttuch lagen.
»So glatt wie ihre zarten, jungen Brüste«, flüsterte der Herzog. »Und ebenso leuchtend wie ihre Augen sein sollen: ein tiefes Blau, das fast ins Violette spielt. Mein getreuer Hofmeister, der für mich in Sachsen den Brautwerber gegeben hat, wurde nicht müde, mir davon vorzuschwärmen. Sie ist gerade mal sechzehn, könnt Ihr Euch das vorstellen? Erst sechzehn Lenze!«
Er kniff die Augen zusammen, klang plötzlich streng. »Ihr habt die Steine doch nicht etwa heimlich geölt, um etwaige Risse und Mängel zu verdecken? Seid aufrichtig!«
» Ma certo che no, eccellenza illustrissima «, rief der Italiener. » Sono pietre autentiche e pure, lo giuro sulla mia persona !«
»Ich werde ihr eine prachtvolle Halskette daraus machen lassen. Die soll meine süße Katharina nach dem Beilager als zusätzliche Morgengabe erhalten. Und noch mehr Geschmeide, wenn sie mir erst einmal meinen Erben geschenkt hat. Gleich morgen früh soll der Goldschmied aus Hall …«
Jetzt erst schien er Alma wahrzunehmen.
»Was steht Ihr da so steif herum und glotzt mich an wie eine Erscheinung?«, fuhr Sigmund sie an. »Ihr habt Euch geirrt. Ich bin heute nicht hungrig. Die Pracht der Steine hat mich gesättigt. Nehmt das Essen und bringt es in die Küche zurück! Und richtet dem Kellermeister aus, dass wir mehr Wein brauchen. Signor Moreno und ich haben noch vieles zu bereden.« Almas und des Herzogs Blicke trafen sich, und einen Lidschlag lang blitzte beinahe so etwas wie Bedauern in den Augen Sigmunds auf. Ich kann nicht anders, schien er ihr sagen zu wollen. Und du weißt es. Dann aber wandte er seinen Kopf ab.
Sie war entlassen. Für heute. Für immer.
Almas Tränen kamen erst, als sie den Schutz ihrer Bettstatt erreicht hatte. Dann aber flossen sie unaufhaltsam wie ein Sturzbach, der alle Dämme sprengt.
Sie war so erschöpft, dass sie erst aufwachte, als sich im Dunkeln ein nackter Leib an sie drängte.
»Sigmund«, murmelte sie schlaftrunken. »Sigmund, du …«
Das schwere, betrunkene Lachen machte sie sofort hellwach.
»Ich bin es nur, dein Ehemann höchstpersönlich! Nicht ganz so hochrangig, dafür aber sehr schön geil!«
Leopold von Spiess riss an ihrem Hemd, in dem sie sich schlafen legte, seit sie hoffen konnte, nachts unbehelligt von ihm zu bleiben. Alma spürte kurz seine
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