Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)
Anschein nach allein bewohnte, hörte er die Tür hinter sich einrasten.
»Bei den Besprechungen zwischen meinem Vater und dem Sekretär kann
es manchmal ziemlich laut werden«, sagte sie entschuldigend. Die Hände auf dem Rücken,
ging sie zu einem der Fenster.
»Ihr werdet Euch also melden?«, fragte Elisabeth. Dabei zog sie ihre
geschwungenen Augenbrauen hoch, als wüsste sie die Antwort auf diese Frage nicht
bereits. Die einfallenden Sonnenstrahlen ließen ihr Kleid noch goldener und ihre
Haare noch heller wirken. Lorenz wusste nicht, ob es der Kommentar seiner Freunde
war oder der Alkohol, aber tatsächlich – sie sah aus wie ein Engel.
»Ja, Fräulein Dannen.«
»Sagt doch Elisabeth«, warf sie lächelnd ein.
Nickend ließ Lorenz seinen Kopf sinken. »Natürlich.«
»Dann wirst du also bald in den Krieg ziehen, Lorenz?«
»Nun ja, nicht in den Krieg. Nur in eine Schlacht, um meine Heimat
zu verteidigen.«
Während sie sich langsam auf Lorenz zubewegte, nickte sie anerkennend.
»Das ist nobel, sehr nobel.«
Immer noch die Hände hinter dem Rücken verkreuzt, trat sie nun dicht
an ihn heran. Ihr Gesicht war nur mehr wenige Zoll von seinem entfernt. Sie sah
ihm direkt in die Augen.
»Und wirst du etwas vermissen?«, hauchte Elisabeth.
Lorenz spürte ihren warmen Atem auf seiner Haut brennen. Er hatte das
Gefühl, als würde sich der Raum drehen. Ihr goldenes Kleid schmiegte sich an die
Außenseite seines Arms.
»Natürlich werde ich etwas vermissen, Fräulein Dannen.«
Sie kam noch ein Stück näher und wisperte »Elisabeth« in sein Ohr.
Mit der Lippe berührte sie dabei unmerklich die kleinen Härchen auf seinem Ohrläppchen.
Lorenz spürte, wie ein Schauer über seinen Rücken lief. Er atmete tief und musste
die Augen schließen. Dann stellte sie sich vor ihn, senkte ihr Gesicht und blickte
ihn glühend von unten an. Dabei löste sich eine Strähne und fiel wippend über ihre
Augen.
»Was wirst du vermissen?«
»Meine Familie.«
Ein weiteres Mal trat sie an ihn heran, erhob ihren Oberschenkel und
berührte leicht seinen Schritt. Lorenz musste die Luft anhalten und spürte nur noch
Hitze unter seiner Haut brennen.
»Was noch?«, wisperte sie.
»Meine Freunde.«
Langsam strich sie mit dem Oberschenkel auf und ab, während ihr Mund
seinem Gesicht immer näher kam. Der Blick aus ihren grünen Augen haftete nun völlig
an seinem. »Was noch?«
»Diese Stadt«, stöhnte Lorenz.
Elisabeth lächelte milde und erhöhte den Druck auf seinen Schritt.
»Ich kann dir noch etwas geben, was du vermissen wirst.«
Ihre Hände, die die ganze Zeit auf ihrem Rücken
geruht hatten, fuhren nun von seinem Nacken langsam zu seiner Brust. Dabei gruben
sich ihre Fingernägel leicht in seine Haut und hinterließen mehrere rote Linien.
Jede Einzelne von ihnen brannte wie Feuer. Elisabeth stellte sich auf die Zehenspitzen,
damit ihre Gesichter auf einer Höhe waren. Er spürte, wie ihre Lippen sein Gesicht
berührten und sanft seine Wangen streichelten. In kleinen Küssen suchten sie sich
den Weg zu seinem Mund. Alles drehte sich. Die Finger tief in Lorenz’ Nacken vergraben,
zog sie ihn an sich heran. Lorenz schloss die Augen. Ihre Lippen waren zart und
weich und schmeckten nach Rosen. Für einen Moment erwiderte er den Kuss, dann öffnete
er schlagartig die Augen und wich zurück.
»Entschuldigung. Ich …« Lorenz hielt sich an den Bauch und spürte,
wie ein Kloß sich unaufhörlich seinen Hals hochschob.
Mit fragenden Augen musterte sie ihn und stemmte verwirrt die Hände
in die Hüften. Auf ihrer Stirn zeigten sich erneut die grüblerischen Falten, die
er schon vor zwei Tagen an ihr gesehen hatte. »Was ist los?«
»Mir … mir ist nicht …«, stammelte Lorenz, dessen Gesicht immer bleicher
wurde, »… besonders wohl.«
Während sich Elisabeth stirnrunzelnd die Lippen leckte, musste sich
Lorenz am Pfosten ihres Bettes abstützen.
»Wie viel Met hast du heute schon getrunken?«, wollte sie schließlich
wissen, als sie den Geschmack zuordnen konnte.
»Nur wenige Humpen«, sagte er gepresst. Lorenz spürte, wie Tränen in
seine Augen schossen und er Mühe hatte, das aufkommende Gefühl von Übelkeit zu unterdrücken.
»Ich hoffe, dass du scherzt«, erklang Elisabeths schrille Stimme, wobei
sie ihre Lippen zu einem Strich zusammenpresste.
Als er spürte, dass ein Schwall in ihm hochkam, presste er sich eine
Hand auf den Mund.
»Oh, nein, nicht hier«, schrie Elisabeth. »RAUS!«
Während sie mit einem
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