Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
Vom Netzwerk:
entstanden, die die hellen Strahlen verspielt zurückwarfen.
    Maximilian schritt voran.
    »Wenn wir uns beeilen, dann können wir Vaters Vorgabe zumindest noch
ansatzweise erfüllen«, sagte er und versuchte seinen Schritt zu beschleunigen. Doch
auch wenn er sich noch so sehr bemühte, brauchte er den gesamten Pfad, um nicht
umzufallen.
    »Die Karre!«, schrie ihm Lorenz hinterher.
    »Holen wir später!«, erhielt er zur Antwort.
    An der Pferdetränke hielten die Freunde, wuschen sich und tranken hastig
das kühle Wasser. Danach setzten sie, mehr oder minder sicher, ihren Weg ans andere
Ende der Stadt fort.
    Nur wenige Männer versammelten sich noch vor der
Tür des Bürgermeisters. Einige von den Anwesenden diskutierten über die vorangegangene
Meldung sowie über Sinn und Unsinn solch einer freiwilligen Partisanengruppe. Auch
wenn Lorenz’ Blick schummrig war und er sich nur schwerlich auf den Beinen halten
konnte, blickte er doch hoch zu dem Fenster, an dem er gestern Antonella erblickt
hatte. Es war leer. Er verdrängte die aufkeimende Trauer und ging in die Empfangshalle.
Die Muster der dicken Wandteppiche, die ihn gestern so beeindruckt hatten, ließen
das Schwindelgefühl nur noch stärker werden, und sogar der knarrende Holzboden klang
heute viel lauter. Während Jakob und Ratte sich interessiert umsahen, wurden die
Männer vor ihnen ins Arbeitszimmer des Sekretärs gerufen. Jetzt waren nur noch sie
vier übrig.
    »Und ihr wollt das wirklich machen?«, hakte Ratte erneut nach.
    Es war erstaunlich, wie viel der schmächtige Junge vertrug, hielt er
sich doch besser auf den Beinen als Lorenz und Maximilian.
    »Nichts wird mich davon abhalten«, antwortete Lorenz schnell.
    »Leider«, fügte sein größerer Bruder hinzu.
    Es war einer von Jakobs inbrünstigen Rülpsern, der die Sache besiegelte.
    »Was für eine nette Überraschung!«, rief den Freunden eine helle Stimme
entgegen. Ihre Blicke schnellten nach oben. Nur wenige Sekunden Blickkontakt genügten,
um Jakob und Ratte mit offener Kinnlade erstarren zu lassen.
    »Ein Engel«, meinte Lorenz aus der Richtung der beiden hören zu können.
    »Guten Tag, Fräulein Dannen«, sagten die Brüder beinahe zeitgleich.
Tatsächlich konnte Lorenz die Reaktion seiner Freunde sehr gut nachvollziehen. Das
goldene, schulterfreie Kleid umschmiegte ihren Körper eng und hob ihren Busen üppig
empor. Sie lächelte über das ganze Gesicht, das von ein paar blonden Strähnen eingerahmt
war. Ihr Haar wurde von einer samtenen Schleife in der Farbe ihres Kleides zusammengehalten.
Verspielt lehnte sie auf dem Geländer und stützte ihr Kinn mit einer Hand ab, wobei
ihre langen Fingernägel rhythmisch tippten.
    »So sieht man sich also wieder«, sagte sie keck. »Ihr seid doch nicht
etwa hier, um euch für die Partisanen zu melden?«
    »Doch, Fräulein Dannen, das sind wir.«
    Ihr vormals makelloses und freudestrahlendes Lächeln zerfiel innerhalb
von wenigen Herzschlägen.
    »Wie ehrenvoll und pflichtbewusst, sein Leben für die Verteidigung
Kempens zu geben.« Sarkasmus und Verbitterung schwangen in jedem ihrer Worte mit.
    »Und da Ihr ja so um das Wohl der Bürger in der Stadt bemüht seid,
wird es Euch doch bestimmt nichts ausmachen, einem armen Fräulein bei der Ausrichtung
von ein paar Möbelstücken zu helfen. Ist es nicht so, Lorenz?« Die Kühle ihrer Aussage
ließ keinen Widerspruch zu.
    »Viel Spaß«, flüsterte Maximilian gehässig, als sein Bruder die Treppe
emporschritt.
    Der erste Stock war beinahe noch prachtvoller
eingerichtet als das, was Lorenz bisher von dem Haus gesehen hatte. Mehrere Regale
mit dicken, alten Büchern säumten den Flur. Der Duft von altem, sehr altem Papier
drang Lorenz in die Nase, während er Elisabeth in ihr Zimmer folgte. Mit einem angedeuteten
Knicks bat sie ihn einzutreten. Sofort schlug ihm eine Wolke aus verschiedenen Düften
entgegen, die sich zu einem nicht definierbaren Geruch vermischt hatten. Aufmerksam
ließ er seinen Blick schweifen. Ein großes Himmelbett nahm den meisten Platz im
Zimmer ein und doch schien es beinahe zu verschwinden bei der Fläche, die der lichtdurchflutete
Raum bot. Mehrere Spiegel waren an der Wand aufgehängt worden, die das Bild von
drei stoffüberzogenen Sesseln zurückwarfen. Unter den großen Fenstern glotzte ihn
eine Vielzahl von Puppen an, die nur übertroffen wurden von der Anzahl der Kleider,
die die offenen Schränke beherbergten. Noch tief beeindruckt von dem riesigem Zimmer,
das sie allem

Weitere Kostenlose Bücher