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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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trotzig in seinen Humpen
hinein. »Nichts wird mich davon abhalten.« Sein Blick ging zu seinem Bruder, dann
traf er den seiner Freunde. »Gar nichts.«
    Es sollte nicht wie eine Drohung klingen, aber als die Worte seine
Lippen verließen, wurde ihm bewusst, dass es sich genau danach anhörte.
    »Es ist meine Entscheidung. Und manchmal …«, er holte tief Luft und
blies sie geräuschvoll durch seine Nase. »Manchmal ist es das Einzige, was uns bleibt.«
    »Dann solltest du deinem Bruder diese Entscheidung auch nicht nehmen«,
warf Ratte ein.
    »Was weißt du schon!«, blaffte Maximilian.
    Ratte lächelte nur, darauf bedacht, das Blitzen in Maximilians Augen
nicht zu erwidern.
    »Er hat etwas verstanden, was du nicht hast, mein
Bruder«, sagte Lorenz. »Nämlich, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann
und dafür verantwortlich bin.«
    Als Maximilian seine Faust auf den Tisch schnellen
ließ, erinnerte dies Lorenz an die Wutausbrüche ihres Vaters.
    »Habt ihr euch nun alle gegen mich verschworen?« Maximilian blickte
in die Runde. Sie alle hielten seinem Blick stand. »Ich will ihn doch nur beschützen.«
    Ruhe hüllte den Raum ein weiteres Mal ein, selbst der Wirt und die
übrigen Gäste lauschten nun angestrengt dem Gespräch der Freunde.
    »Du brauchst niemanden zu beschützen, der keines Schutzes bedarf, Max.«
    Als Lorenz seinem Bruder die Hand auf die Schulter legte, blickte er
starr auf den schweren Eichentisch. Zweimal musste er schlucken, schließlich nickte
er und wandte sich erneut an seine Freunde.
    »Irgendwer muss ja auf euch aufpassen.« Sein Lächeln war gequält, aber
ehrlich.
    »Darauf trinken wir! Wirt, bringt uns vier Met!«, brüllte Jakob dem
bärtigen Mann hinter der Theke entgegen.
     
    Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als die
Freunde sich ein weiteres Mal zuprosteten. Ihr Lachen hallte in den kleinen Gassen
Kempens wider und bildete einen stechenden Kontrast zu den mit Angst erfüllten Gesichtern
der übrigen Bewohner. Draußen war die Furcht, doch in der Kneipe schien es, als
würden Glück und Freude selbst mit den Gästen feiern. Unzählige leere Humpen und
kleinere Krüge standen auf dem Tisch, einige waren sogar aufeinander gestapelt.
Nur das missmutige Gesicht des Wirts verfinsterte sich bei jedem Humpen, den er
brachte, ein wenig mehr.
    »Wer soll das denn alles bezahlen?«, schimpfte er in die Runde.
    »Der Bürgermeister, der bezahlt doch alles!«, schrie Ratte, der sich
gerade einen leeren Krug als Kopfschmuck aufgesetzt hatte. Einige Tropfen Met liefen
von seiner Stirn die Wangen herunter, woraufhin die Freunde erneut den Raum mit
Lachen erfüllten.
    »Guckt mal, der Ratte weint!«, schrie Lorenz.
    Im selben Moment wischte auch er sich ein paar Tropfen aus den Augen.
    »Ja, ich strenge mich an, es jetzt bereits zu tun, dann kann ich mir
das bei eurer Beerdigung in zwei Wochen sparen und stattdessen einen trinken gehen.«
    Jakob, der gerade einen tiefen Schluck genommen hatte, prustete den
Honigwein über den Tisch und erwischte dabei Maximilian, was zur allgemeinen Erheiterung
der gesamten Kneipe beitrug.
    Die Stimmung flachte etwas ab, als der Wirt sich mit verschränkten
Armen vor dem Tisch aufbaute und seine Nase rümpfte. »So, Burschen, es ist nun fast
dreizehn durch. Bevor ihr weitersauft, will ich Geld sehen.«
    Maximilian riss seine stahlblauen Augen weit auf. »Was sagt Ihr da?
Es ist dreizehn durch?«
    Sofort klopfte er seinem Bruder auf die Schulter. »Das Kleinholz! Vater
wird in wenigen Stunden zurückkommen.«
    »Der wird aus euch Kleinholz machen, wenn ihr euch nicht beeilt«, gluckste
Jakob, während er in seiner Tasche nach Geld kramte.
    »Man kann sich nur heute beim Sekretär des Bürgermeisters melden?«,
fragte Lorenz seinen Freund.
    »Nur heute, ab morgen beginnt die Ausbildung.«
    Jakob bestätigte Rattes Aussage mit einem Nicken.
    »Dann lasst uns uns sputen.«
    Ohne nachzuzählen warfen die Brüder hektisch etwas Geld auf den Tisch.
Während Jakob sich daran machte, die letzten, abgestandenen Reste in sich hineinzukippen,
zählte Ratte hastig das Geld ab und nahm das, was die beiden zu viel gegeben hatten,
an sich. Dies brachte ihm einen zornigen Blick des Wirts ein, worauf er beim Hinausgehen
nur schulterzuckend »Gott vergelt’s« murmelte.
     
    Das grelle Licht blendete die Freunde, als sie die Pinte verließen.
Dort, wo heute Morgen noch eine hauchdünne Schicht Schnee gelegen hatte, waren jetzt
kleine, spiegelnde Pfützen

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