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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Pluderhosen und purpurroten Pantoffeln mit aufgebogenen Spitzen, entriegelte die Türe.
    »Tretet ein«, rief ich mit kühler, unbeteiligter Stimme, indes Mustafa sich vor ihnen verneigte. Einen Augenblick waren sie verblüfft. Gut, dachte ich. Jede Sekunde Verzögerung ist eine gewonnene Sekunde.
    »Eine Wahrsagerin – er muß in diesem Haus sein«, flüsterte einer der Männer dem Hauptmann in roten Strümpfen zu.
    »Ich bin Marquise de Morville, und dies ist mein Haus. Ihr seid willkommen, doch bitte ich Euch, sagt mir zuerst, was ist Euer Begehr?« Die Kühle, die Förmlichkeit, die Furchtlosigkeit ließen sie zögern. Meine Knie zitterten. Nur gut, daß ich saß.
    »Eine Marquise – sollten wir nicht –?«
    »Jedes Haus. Desgrez' Befehl.«
    »Wir suchen einen Flüchtigen. Gestern nacht gab es eine Ruhestörung – ein dritter Mann.«
    »Wie bedauerlich, daß ich nichts gehört habe. Aber es ist meine Gewohnheit, jeden Abend um acht Uhr einen starken Schlaftrunk zu mir zu nehmen.«
    »Merkwürdig, wie viele Bewohner dieses Viertels um acht Uhr einen starken Schlaftrunk zu sich nehmen. Würdet Ihr die Güte besitzen, den Schleier zu lüften, auf daß wir Eure Identität feststellen können?«
    »Gewiß, Messieurs.« Die schmeichelhafte Anrede, mit der ich sie bedachte, die eigenartige Umgebung, der türkische Zwerg, das theatralische Lüften des Schleiers, das alles versetzte sie in Erstaunen. Ich hörte, wie sie beim Anblick meines weißen, leichenhaften Antlitzes Luft holten. Die Befriedigung bewahrte mein Herz davor, so laut zu klopfen, daß es meine Schreckensangst offenbarte.
    »Wenn ich Euch recht verstehe, wünscht Ihr mein Haus zu durchsuchen? Ich bin Euch dankbar für Euren Schutz, Messieurs, da ich eine alleinstehende Frau bin. Allein, jahrhundertelang. Ein Missetäter könnte sich durch meinen Keller hereingeschlichen haben. Ihr aber, Ihr werdet mich vor Gefahr behüten.«
    Sie sahen einander an und nickten, dann traten sie näher. Ich übergab ihnen den Schlüssel für den Keller aus dem Täschchen an meiner Taille. Sie entfernten sich durch die schmale Seitenpforte, und ich hörte das Aufstoßen der Kellertüre und die Schritte auf der engen Stiege, die in das staubige steinerne Gewölbe unter dem Haus führte.
    »Mustafa, hinauf, geschwind. Ich versuche hier, sie weiter aufzuhalten.« Mustafa nickte und ging geschmeidig und leise die Treppe hinauf. Ich erhob mich langsam und atmete tief ein. Mir war schwindelig. Mein Magen brannte. Ein kalter Schauder ließ mich zittern. Ich blickte zu Boden. Da, im roten Muster des türkischen Teppichs, sah ich es. Ein Spritzer getrockneten Blutes und verräterische Tropfen, die in einer kleinen Spur zwischen den karmesinroten Ranken und Blättern zur Treppe führten. Dort endeten sie, säuberlich vom Fußboden gewischt. O vermaledeit! Ich stellte mich kühl und aufrecht über die sichtbarsten der verräterischen Flecken, den Schleier zurückgeschlagen, die zitternden Knie von meinem hohen Stock gestützt. Mein Gesicht war eine gleichmütige weiße Maske.
    »Nun, Messieurs? Habt Ihr mich und dieses friedliche Viertel gerettet?« Der Hauptmann wischte Spinnweben von seiner Manschette und bedachte mich mit einem strengen Blick.
    »Nach oben«, befahl er barsch. Ich folgte langsam, den Fleck erst verlassend, als alle weit voraus waren.
    »Tretet ein, Messieurs, hier gibt es keine Geheimnisse.« Sylvie knickste ehrerbietig. Ich war froh, daß wir nicht in gemieteten Räumen wohnten. Das Haus einer Marquise, auch einer falschen, wird mit mehr Respekt durchsucht. Sie stießen im Schrank mit einem blanken Degen zwischen die Kleider. Sie öffneten die Truhe im Schlafgemach und fanden nur gefaltete Decken. Sie zogen Sylvies Rollbett unter dem Fußende der Bettstatt hervor und suchten zwischen den Bettvorhängen.
    »Was sehe ich da unter dem Bett?«
    »Noch eine Truhe mit Decken, Messieurs. Wenn Ihr wünscht, heiße ich Gilles sie für Euch hervorziehen.« Sylvies Augen waren rund und unschuldig. Der Hauptmann stieß mit seinem Schwert gegen die Truhe. Dann winkte er ab, als lohne es der Mühe nicht.
    »Seht her – die Bedientenkammer –« Unruhe entstand, als einer der Männer einen Kübel mit blutigen Lumpen unter Gilles' Bett hervorzog. Sylvie kam hinzu und errötete bis an die Wurzeln ihrer verwegen hennaroten Haare.
    »Meine Monats… Madame hat mir keine Zeit für die Wäsche gelassen –« Der Mann ließ den Kübel angewidert fallen.
    »Hier ist nichts –

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