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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Narren – oder für Memmen.« Ich wandte mich um und sah seine wachsamen Augen. »Ich bitte Euch nur, mir zu glauben, daß das nicht mein Metier ist. Ich sage nur wahr, ohne es wahr zu machen.«
    »Dann glaube ich Euch. Duc de Brissac interessiert sich für Euch, wie ich höre? Ihr müßt Euch vor einer solchen Freundschaft hüten. Er ist ein heilloser Verschwender, der seine Mätressen und – anderen Freundinnen ruiniert. Als nouvelliste von Beruf wird es mir ein Vergnügen sein, Euch mit Einzelheiten aufzuwarten.« Sein Ton war unbeschwert, neckend, als wüßte er, daß ich wünschte, der gestrige Tag wäre nie gewesen.
    »Schön, Monsieur nouvelliste, wenn ich darauf bauen kann, daß die Gesetze der Gastfreundschaft Eurem beruflichen Interesse Schweigen gebieten, will ich Euch sagen, daß Heirat sein Begehr ist – eine heimliche Zweckheirat. Er ist so weit gesunken, daß er nur noch zwei Hemden besitzt und von meiner Gönnerin unterstützt wird. Nach allem, was mir bekannt ist, hat er sich sogar das Geld für diese Blumen von ihr geliehen. Er hofft, indem er sich mit mir zusammentut, seine Verluste an den Kartentischen wettzumachen.«
    »Seine gegenwärtige Gemahlin schreckt ihn nicht von seinen Plänen ab, wie? Und ich mutmaße, als Duchesse de Brissac werdet Ihr ein wahrlich nobles Grabmal bekommen, sobald er sein Vermögen wiedererlangt hat.«
    »Von ihm? Dem knauserigen Widerling? Nur wenn ich es gleich nach der Hochzeit in Auftrag gebe und selbst bezahle.« Ich nahm Sylvie die Vase ab und stellte sie auf das Buffet. »Was meint Ihr, welchen Bildhauer soll ich mit meinem Gedenkstein beauftragen? Warin? Oder ist er unterdessen aus der Mode geraten?«
    »Ihr müßt Brissac nicht nehmen, wißt Ihr, nur weil ich Euch kompromittiert habe«, sagte er ruhig.
    »Ich habe mich selbst kompromittiert, als ich Euch die Türe öffnete. Es war meine Entscheidung. Und ich habe beschlossen, mich nicht zu vermählen. Ich gehe meinen Weg allein.«
    D'Urbec sah mich fest an, die Kiefer aufeinandergepreßt. Dann verkündete er in einem Ton, der nicht ganz aufrichtig klang: »Wenn ein Mann ohne Hemd bei einem Heiratsantrag nicht noch lächerlicher wäre als ein Mann mit zwei Hemden, würde ich vorschlagen, den Schaden, den ich angerichtet habe, auf die einzig ehrbare Weise wiedergutzumachen. Wie die Dinge liegen, muß ich für ein paar weitere Tage Eure Duldsamkeit erbitten und mir von Euch ein Blatt Papier, Feder und Tinte ausleihen.«
    Als ich Papier und Tinte holte, fragte Sylvie: »Was gedenkt Ihr zu tun?«
    »Dies ist ein historischer Augenblick. Ihr seid Zeuge der Gründung des Vermögens des Hauses d'Urbec«, sagte er in beiläufigem Ton, doch die Spannung im Raum war schwerer als die schwüle Sommerluft. Er nahm die Feder und schrieb.
    »Eine Denunziation«, verkündete er, »seitens eines italienischen Abbés, der ein gottloses, skandalöses Werk durchgelesen hat, welches dem Inspektor des Buchgewerbes zur Kenntnis gebracht und verboten werden sollte. Das gottlose, spöttische ›Parnasse Satyrique‹! Griffon hat mir zweihundert Exemplare dieses anstößigen Werkes als Gründungskapital vermacht. Eine öffentliche Verdammung wird den Preis von zwanzig Sous auf zwanzig Livres ansteigen lassen. In dieser Stadt des schnellen Geldes kann ein kluger Mann ein Kapital von viertausend Livres auf mannigfache Weise vervielfachen. Ich habe entschieden zu lange den Reformer gespielt, und der einzige Vorteil, den es mir gebracht hat, ist zu wissen, wo korrupte Vermögen entstehen und wie schnell sie einen respektabel machen. Madame de Morville, ich werde jetzt reich – reich genug, um meiner alten Mutter eine Kutsche nebst Pferden und eine neue Haube zu senden, die geeignet sind, bei der Gattin meines Oheims einen Gehirnschlag hervorzurufen. Reich genug, um zurückzukehren und Anspruch auf Euch zu erheben, vermählt oder unvermählt.« Er streute Sand auf den Brief. »Hier, Sylvie, ich möchte, daß du dies bei der Polizei ablieferst«, sagte er und träufelte Wachs auf die gefaltete Kante des Briefes. »Ich weiß, daß du dich da auskennst.« Sylvie sah mich fragend an.
    »Ja, Sylvie, geh nur zu. Es hat seine Richtigkeit. Ihr könnt auf unsere Diskretion zählen, Monsieur d'Urbec.«
    »Ich danke Euch«, erwiderte er. Mit einemmal bangte mir vor ihm, vor seiner Entschlossenheit, dem seltsamen Ausdruck in seinem Gesicht. Er schien zu allem fähig.
    »Ihr«, sagte er, »Ihr müßt kein so erschrockenes Gesicht machen. Mich kümmert

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