Die Hexe von Paris
könnt Ihr es wagen! Ihr habt Euch meinen Bedingungen zu fügen, Ihr unnatürliches altes Weib. Brissacs Bedingungen!«
»Aber, aber«, sagte ich kühl, als er vor mir aufragte, mit einem Gesicht, als wollte er mich erwürgen. »Wir dürfen das Handelsgut nicht beschädigen. Das mindert den Wert.« Als er auf dem Absatz kehrtmachte und davonstürmte, stand ich auf.
Gut, dachte ich. Ich habe ein Angebot gemacht, das La Voisin zufriedenstellen wird, und er hat abgelehnt, was ihr mißfallen wird. Und solange sie auf ihn hofft, kann sie mir nicht zürnen. Meine Suppe bleibt bekömmlich, und Brissac belästigt mich nicht. Ein ausgezeichnetes Resultat.
»Ah, da bist du, nach eurem kleinen tête-à-tête. Sage mir, wie ist es gegangen?« Weit früher als ihre Stimme hatte das Rascheln ihrer Taftunterkleider die Anwesenheit meiner Gönnerin angekündigt.
»Er wünscht keine Vermählung; ich habe ihm gesagt, daß Heirat der Preis für mein Vermögen ist. Er sagte, für eine Herzogin sei ich zu mißgestaltet und unbedeutend. Er wird sich anderswo umschauen, scheitern und zurückkehren. Das kann ich ohne das Glas voraussagen.« Ihr Mund verzog sich zu einem grimmigen Strich.
»Wenn er mit mir sein Spiel getrieben hat, ich schwöre –«
»Oh, bedenkt, daß er ein Mann ist und daher heißblütig, unlogisch und wankelmütig. Ihr müßt ihn zartfühlend behandeln, wenn Ihr wünscht, daß er – sich benimmt.«
»Ha! Du machst gute Fortschritte, meine Liebe. Dein Verstand entwickelt sich vortrefflich.« Ihre Miene war beinahe gütig, als sie mich über den unterdessen überfüllten Tanzboden geleitete.
An der Tafel mit Erfrischungen trafen wir La Lepère, die kandierte Früchte in die ausgebeulten Taschen der alten Jacke über ihrem schäbigen Kleid steckte.
»Nehmt auch von den Brötchen, meine Liebe, das ergibt ein leckeres Frühstück«, sagte La Voisin, und die alte Frau drehte sich herum, indes sie ihr Tun zu verbergen trachtete.
»Ihr – lächelt Ihr nur über mich. Eure Gäste würden sich bei Euch nicht so wohl fühlen, wenn sie wüßten, was Euren Garten so grün macht«, sagte sie und schob die Hände in die Taschen, wie um zu verhüten, daß ihr jemand die versteckten Leckerbissen entriß.
»Ei, Ihr neidet mir meine Gärtner? Aber, aber, es gab eine Zeit, da dachtet Ihr weitaus großmütiger.«
Eine maskierte Hofdame, die dies mit angehört hatte, stieß ein schrilles Lachen aus. »Meine Güte, ja, Eure Gärtner wirken Wunder! Ich selber neide sie Euch. Schaut, die Rosen – wie üppig sie noch blühen. Und die Lilien! Und die Chrysanthemen! Zweimal so groß wie meine! O sagt, welches ist Euer Geheimnis?« Die Alchimistinnen von der Rue Forez, La Trianon und La Dodée, welche sich am Weinbrunnen aufhielten, wandten uns die Köpfe zu, nickten und lächelten.
»Es kommt darauf an, welche Nahrung man ihnen zuführt«, sagte La Voisin hintersinnig.
»Und die wäre?« fragte die maskierte Hofdame.
»Heißt Eure Gärtner verdorbenen Fisch vom Markt kompostieren. Das wirkt Wunder«, erwiderte die Hexenmeisterin mit ihrem seltsamen spitzen Lächeln und wandte sich ab. La Lepère folgte uns in einen Laubengang, der von Laternen erleuchtet und mit üppigen Weinreben geschmückt war.
»Catherine«, sagte sie. »Es war nicht immer so wie jetzt. Hört auf den Rat einer alten Freundin – entledigt Euch dieses Gartens voller Gebeine.«
»Mich seiner entledigen? Lächerlich! Er ist mir sehr lieb. Sie halten meinen Ofen in der guten Saison Tag und Nacht in Betrieb, diese Höflinge, und meinen Garten – vorzüglich. Und ich weiß sie gerne dort – all die kleinen Marquisen und Comtes und Chevaliers, die meine Blumen zum Blühen bringen. Was für ein köstliches Schauspiel, ihre erlauchten Eltern gänzlich sorglos auf ihnen tanzen zu sehen – oh, Margot, was gibt's? Der Weinbrunnen muß schon aufgefüllt werden? Nimm den billigeren Bordeaux. Sie haben genug getrunken, um den Unterschied nicht zu bemerken – ja, nun spute dich. Wo war ich? O ja, mein Garten. Er ist mir lieb, so wie er ist. Ich habe nicht die Absicht, ihn umzugraben.« Insekten umschwirrten die Laternen und stießen sich an dem Glas zu Tode.
»Catherine, das kann nicht gut enden. Diese – Eure Art und Weise, wie Ihr die Welt verhöhnt. Ihr solltet davon ablassen.«
»Und arm sein? Geht, geht, ich habe zehn Mäuler zu füttern – und es gelingt mir recht gut, ungeachtet der Tatsache, daß ich Leute wie Euch unterstütze. Mein Gewerbe ist nichts
Weitere Kostenlose Bücher