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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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ich es erzähle. Ein kostbares Unterpfand seiner erneuerten Wertschätzung wird bald mein sein. Ich warte nur noch auf den idealen Augenblick, um ihm mein süßes Geheimnis zu offenbaren. Wenn Du frei bist, komme und nimm teil an meiner Freude. Ich bin mittwochs zu Hause.
    Deine Dich liebende Schwester
    Marie-Angélique

    »Nun?« fragte Sylvie, nachdem es ihr nicht gelungen war, den Hals weit genug zu recken, um den Inhalt des Briefes zu erfassen.
    »Wieder hat sich ein Schicksal erfüllt. Verhänge den Spiegel meines Toilettentisches, Sylvie.«

    »So, Madame, werdet Ihr heute abend auf dem Fest das hübsche rosa Kleid tragen? Ihr habt es noch nie aus seiner Musselinhülle genommen. Und die Farbe – oh, sie steht Euch gut zu Gesicht. Ihr seht beinahe wieder jung aus, wenn ich das sagen darf. Wenn ich begierig auf einen Heiratsantrag wäre, ich würde es anziehen.« Sylvie legte ein halbes Dutzend beinerner Haarnadeln auf meine Frisiertoilette und griff nach der Haarbürste, um meine wilden Locken zu bändigen. Es hat etwas für sich, einen Toilettenspiegel zu verhängen, dachte ich. Ich kann Sylvies mißbilligenden Gesichtsausdruck nicht sehen, wenn sie sich bemüht, den strengen kleinen Knoten und die seitlichen Löckchen zu formen, damit sie unter meine Haube passen. Die Bürste schien unwillig. Ich saß aufrecht auf dem kleinen vergoldeten Stuhl vor dem Toilettentisch und sann darüber nach, wie ich beiden, Brissac und meiner Gönnerin, am besten ausweichen könnte. Wieviel von meinen Ersparnissen hatte Brissac ihr für ihre Rolle beim Zustandekommen dieser Partie versprochen? Madame tat nie etwas unentgeltlich. Und doch nehme ich an, daß ihr eine gewisse eigentümliche Ehrbarkeit innewohnte. Sie stahl niemals. Das war mehr, als sich von einer großen Zahl respektabler Leute sagen ließ. Morden, nun, das war etwas anderes. Das tat sie wie alle übrigen. Vielleicht nur etwas sauberer. Sie würde nie einen Kopf unter Dielenbrettern zurücklassen. Das wäre eine Beleidigung für ihr Handwerk. Hierin, überlegte ich, liegt ohne Zweifel der Unterschied zwischen den Könnern und den Dilettanten auf dieser Welt.
    »Sylvie, dem Manne, den Madame ausgesucht hat, ist es nicht um Jugend zu tun. Er vertilgt hübsche Frauen zu Dutzenden zum Frühstück. Brissac ist ein Wüstling, der nur das Geld liebt. Sein Lebensziel besteht darin herauszufinden, wo der Teufel wohnt, damit er einen Pakt mit ihm schließen kann. Für diesen Mann möchte ich reich aussehen, unverwundbar und sehr mysteriös, als ob ich des Teufels Adresse schon in meiner Tasche hätte. Er muß gezwungen werden, hart zu feilschen, hat Madame gesagt. Ich will das Grauseidene – das mit dem tiefen Ausschnitt. Und ich werde es ohne Halskrause tragen, damit mein Busen zu sehen ist. Dann wünsche ich alles Geschmeide, das ich besitze – die Perlen, das Kruzifix mit den Rubinen, die Diamantohrringe und alle meine Armbänder. Sage Gilles, er soll beides, Schwert und Pistole, bei sich tragen, wenn er mich heute abend begleitet.«
    »Und Euer Haar? Den Schleier?«
    »Keinen Schleier heute abend. Ich möchte, daß du mir die neue Frisur von Madame de Montespan machst, mit den Locken im Nacken, aber nur mit einer einzigen blutroten Rose geschmückt. Das dürfte Madame gefallen.«
    »Auf Eurem schwarzen Haar, ganz vorzüglich, Madame! Die Symbole des Reichtums und der Leidenschaft vereint. Welcher Mann könnte da widerstehen?«
    »Brissac, der keine Augen dafür hat. Wir haben zu tun, was uns befohlen wird, Sylvie.« Ausgezeichnet, dachte ich, als sie die Haarbürste beiseite legte. Sie wird La Voisin einen ausführlichen Bericht über dieses Gespräch zutragen. »O ja«, setzte ich hinzu, »ich wünsche, daß du das Gelbseidene anziehst und mein Schnupftuch hältst, unmittelbar hinter Mustafa, der meine Schleppe trägt. Und sage ihm, er soll den Diamanten und die Reiherfedern an seinem Turban tragen. Ich plane einen großen Auftritt, nach dem Theater, wenn die meisten Gäste schon da sind.«
    Das Wetter blieb am Tage des Festes schön, und an einem violett gefärbten Abend bahnte sich meine Kutsche ihren Weg durch das Gewirr wartender Equipagen und Sänften, die sich um die Villa in der Rue Beauregard drängten. Da waren Kutschen mit den Wappen alter Familien, von Diabolisten oder schlicht auf Vergnügen Erpichten, die wußten, daß La Voisins Soupers stets üppig waren und die Gesellschaft auch den abgestumpftesten Geschmack reizte. Da waren prunkvolle Kaleschen,

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