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Die Hexe von Salem

Die Hexe von Salem

Titel: Die Hexe von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückwich, mit seinen lächerlich kleinen Flossen das Wasser peitschte und den Kopf senkte.
    Mortenson spürte noch, wie das Schiff zu zittern begann, als das Monster seinem Leib unter den Rumpf schob und das Patrouillenboot langsam aus dem Wasser zu heben begann. Er spürte auch noch, wie sich das Schiff auf die Seite legte und seine Leeseite scharrend über die steinerne Uferbefestigung schrammte.
    Dann nichts mehr.
    Es war beinahe Mittag, ehe wir in die Pension zurückkehrten. Howard hatte mich, wie er es versprochen hatte, zu einem Arzt gebracht, den er kannte und auf dessen Verschwiegenheit er vertraute – einem Tierarzt, wie ich hinterher erfuhr. Das änderte freilich nichts daran, dass er meine Wunden sachkundig versorgte und meine Schmerzen so geschickt linderte, dass ich hinterher kaum noch etwas spürte. Die Verätzung an meiner Hand erwies sich ohnehin als nur oberflächlich; meine Haut war nur für den Bruchteil einer Sekunde mit der brennenden Substanz in Berührung gekommen. Trotzdem lief mir noch im Nachhinein ein kalter Schauer über den Rücken, als ich die Klinge meines Stockdegens sah: Der harte Stahl war blind und fleckig; regelrecht zerfressen.
    Die Müdigkeit holte mich ein, als wir nach Ewigkeiten, wie es mir schien, endlich zurück in Howards Pension waren. Wir saßen wieder in der Bibliothek zusammen; dem einzigen Raum, mit Ausnahme der Küche, der kein Gästezimmer war und Howard als eine Art Salon diente.
    Priscylla war nur wenige Augenblicke bei uns geblieben und dann unter einem Vorwand nach oben in das Zimmer gegangen, das Rowlf ihr zugewiesen hatte; angeblich, weil sie müde war. Aber das entsprach nicht der Wahrheit. Es war etwas Anderes, irgendetwas zwischen Howard und ihr, was sie vertrieb. Keine Antipathie; Howard hatte sich ihr gegenüber ausnehmend freundlich benommen, mit einer Nonchalance, die ich bei seiner sprunghaften, rüde erscheinenden Art niemals erwartet hätte. Aber irgendetwas trennte die beiden, etwas, das man nicht erklären, wohl aber um so deutlicher spüren konnte. Sie waren wie zwei Fremde, die sich den Regeln der Höflichkeit beugten, sich aber ständig zu belauern schienen, um eine Lücke in der Deckung des anderen zu erspähen.
    Lange Zeit saß ich schweigend in meinem Sessel am Kamin, streckte die Beine von mir und nippte an dem wärmenden Tee, den Rowlf uns gebracht hatte, bevor er brummelnd wieder in der Küche verschwunden war, um eine warme Mahlzeit für Priscylla und mich vorzubereiten, während Howard, als wäre ich gar nicht da, in seinen Aufzeichnungen blätterte, beständig irgendetwas auf kleine Papierfetzchen kritzelte oder Bücher aus dem Regal riss, um einen Moment darin zu lesen und sie dann wieder zurückzustellen. Ich hatte das Gefühl, dass er mir absichtlich auswich und im Stillen darauf wartete, dass ich endlich einschlief.
    Schließlich brach ich das Schweigen mit jenem gekünstelten, übertriebenen Räuspern, das in einer solchen Situation angemessen schien. Howard sah ruckhaft von seiner Arbeit auf und musterte mich einen Moment lang durchdringend. »Nun?« machte er dann.
    »Ich … warte noch immer auf eine Erklärung«, sagte ich schleppend. Der Moment war nicht günstig, das war mir klar. Ich war müde, erschöpft und kaum fähig, einem halbwegs vernünftigen Gespräch zu folgen. Aber ich hatte das Gefühl, verrückt werden zu müssen, wenn ich nicht bald Klarheit bekam.
    Howard klappte das Buch, in dem er gerade gelesen hatte, mit einer umständlichen Bewegung zu, legte beide Hände flach nebeneinander auf den Einband und starrte einen Moment lang auf seine gepflegten Fingernägel herab.
    »Das ist nicht so einfach zu erklären, Robert«, sagte er nach einem so langen Zögern, dass ich schon zu bezweifeln begann, ob er überhaupt antworten würde.
    »Versuch es doch einfach«, schlug ich vor.
    Er lächelte; auf eine sehr seltsame, fast traurige Art. »Du hast mir erzählt, was dir dieser O’Malley in Goldspie gesagt hat, bevor er starb.«
    »O’Banyon«, korrigierte ich ihn.
    Howard nickte. »O’Banyon«, sagte er. »Gut. Er sagte: Es gibt einen dritten Magier. Eine Warnung deines Vaters.«
    »Wenn es mein Vater war, mit dem er sprach«, wandte ich ein. »Nach dem, was vorhin passiert ist, bin ich mir gar nicht so sicher.« Bei dem Gedanken an den gespenstischen Doppelgänger Roderick Andaras lief mir noch immer ein eisiger Schauer über den Rücken.
    »Aber seine Worte würden vieles erklären«, fuhr Howard nach einer Weile

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