Die Hexe
Vizepräsident der T-Grad-Com, des größten russischen Internetproviders und gleichzeitig des wichtigsten und einzigen Telekommunikationskonzerns der Verborgenen Stadt, hatte noch nie die Dienste von Bodyguards in Anspruch genommen.
»Achtung! An alle! Er wird jeden Augenblick herauskommen! «
»Verstanden, Zorro, wir sind bereit«, bestätigte Bajan, ein hünenhafter Gangster, der am Steuer eines nagelneuen Audis saß.
»Schnitzel, wie sieht’s bei euch aus?«
»Alles klar, Zorro. Wir warten.«
»Er fährt los!«, rief der Bandit, der die Tiefgaragenausfahrt der T-Grad-Com beobachtete. »Er fährt los!!!«
»Action!«, brüllte Zorro in sein Funkgerät und bekreuzigte sich. »Und macht mir keine Schande, Jungs!«
»Es geht los!«, rief Kara, als sie Zorros Stimme über Funk hörte. »Wir haben nur ein paar Minuten Zeit. Volle Konzentration! «
Die Hacker klemmten sich hinter die Monitore und ihre Gesichter wurden ernst.
»Ich komme nicht durch«, vermeldete Admin nach einiger Zeit. »Die haben dort irgendeine zusätzliche Firewall installiert und mir ist nicht mal klar, um welche Art von Schutz es sich dabei handelt.«
»Das ist nicht dein Problem«, versetzte die Zauberin. »Darum werde ich mich kümmern.«
Kara lehnte sich zurück und vor ihrem geistigen Auge erschienen die komplizierten Netzwerke der T-Grad-Com. Die Zauberin hatte sich sorgfältig auf die Aktion vorbereitet und die Barrieren, mit denen die Humanoiden ihre Datenbank schützten, genauestens analysiert. Für gewöhnliche Hacker waren diese magischen Schranken unüberwindlich, wie Admin richtig bemerkt hatte, doch für Kara keineswegs. Den ersten Schritt dazu hatte sie schon vor längerer Zeit getan, indem sie unbemerkt eine Datenleitung der T-Grad-Com unter ihre Kontrolle brachte. Diese Operation hatte sie Unmengen von magischer Energie, Zeit und Geduld gekostet, doch der Aufwand wurde belohnt. Die Humanoiden hatten von ihrem Eindringen nichts mitbekommen.
In der 1. Brestskaja-Straße bildete sich um diese Zeit zuverlässig ein Stau. Deshalb hatte Jegor vor, über die 2. Brestskaja-Straße bis zur Kreuzung mit der Wassiljewskaja-Straße zu fahren und dort in Richtung Twerskaja-Jamskaja-Straße links abzubiegen. Es war kein Kunststück, diese Route vorherzusagen, zumal wenn man das Ziel des Vizepräsidenten der T-Grad-Com kannte.
Wie eine blaue Rakete schoss der BMW Zaus dem sich öffnenden Tiefgaragentor heraus und preschte mit röhrendem Motor davon. Jegor fuhr gerne schnell und selbst auf kurzen Strecken holte er das Maximum aus seinem hübschen Flitzer heraus.
Es war nicht mehr weit bis zur Ampel. Ein vor Bessjajew fahrender Audi beschleunigte, offenbar um gerade noch bei Grün über die Kreuzung zu fahren. Jegor nickte zufrieden und drückte ebenfalls das Gaspedal durch. Was dann geschah, war eine unmittelbare Folge der notorischen Raserei des Vizepräsidenten. Der Audi blieb an der Ampel plötzlich stehen und der Zkrachte ihm ins Heck. Die Bremslichter des Audi hatten nicht funktioniert.
»Idiot!«, fluchte Jegor und stieg mit einem besorgten Blick auf die Uhr aus seinem ramponierten Wagen. »Warum bremst du denn auf einmal?«
»Es war doch rot«, rechtfertigte sich grinsend der Audifahrer, ein kurzgeschorener Koloss. »Hast du keine Augen im Kopf?«
»So so, es war rot. Und warum hast du dann zuerst noch Gas gegeben?«
»Da war ja noch grün.«
Bessjajew schüttelte den Kopf. »Hör mal, Junge, ich hab’s eilig, lass uns das auf die Schnelle regeln. Ist deine Karre versichert?«
»Klar ist die versichert«, erwiderte der Koloss und rammte Jegor unvermittelt seine monströse Faust unters linke Auge.
Die weiteren Ereignisse bekam Bessjajew nur nebelhaft mit. Zuerst landete er bäuchlings auf der zerknitterten Motorhaube seines Z, dann fasste man ihn unter den Achseln und zerrte ihn in einen Ford, der an der Unfallstelle angehalten hatte.
»Da versucht jemand, in unser Netzwerk einzudringen«, meldete Dunkan.
»Humo-Hacker, die sich einen Spaß erlauben?« Boga streckte sich. »Denen wird der Spaß vergehen. Stell fest, woher der Angriff kommt und schick unsere Leute hin.«
»Das geht nicht«, entgegnete der Ritter alarmiert. »Ich kann nicht feststellen, woher der Angriff kommt!«
»Was?!«
»Sie haben eine unserer Datenleitungen gekapert!«
»Aber dort ist doch die magische Firewall aktiv!« Boga sprang aus seinem Stuhl auf.
»Sie sind daran vorbeigekommen! Der Zauber wirkt nicht!«
»Sie hacken den
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