Die Hexe
ihre Volkszugehörigkeit und Manieren, stöhnten, schrien, fuchtelten mit den Armen, rempelten mit den Ellbogen und übergossen einander mit Bier, während sie dem Finale entgegenfieberten.
Die ganze Meute starrte wie gebannt auf die Fernsehschirme und niemand achtete auf die drei Humos, die an einem Tisch im hintersten Winkel der Bar saßen. Weder die fernöstlichen Wasserbüffel noch die ekstatische Stimmung in der Rennsemmel schienen das Trio im Geringsten zu interessieren und ihren Mienen nach zu schließen führten sie ein äußerst ernsthaftes Gespräch.
Einer der Humos war ein breitschultriger Mittdreißiger mit kalten, braunen Augen, kantigen Gesichtszügen und einem dunkelbraunen Stiftelkopf. Seine Lederjacke hatte er an der Garderobe aufgehängt und saß in einem teuren schwarzen Hemd am Tisch.
Der Mann links von ihm war etwa zehn Jahre jünger, nicht ganz so kräftig gebaut und hatte denselben Igelschnitt, jedoch hellbraunes Haar. Er trug ein schwarzes T-Shirt, unter dessen rechtem Ärmel ein auftätowiertes Eichhörnchen hervorlugte.
Der dritte Humo war eine bildhübsche, schwarzhaarige junge Frau mit sanft geschlitzten, leuchtend blauen Augen. Sie trug mit Saphiren besetzte Ohrringe, die perfekt mit ihrer Augenfarbe harmonierten, und an einer Silberkette einen kostbaren Anhänger. Das lange schwarze Haar hatte sie im Nacken zusammengebunden, nur eine widerspenstige Strähne fiel ihr neckisch in die Stirn. Ihre schlanke Figur umspannte ein kurzes schwarzes Kleid und so mancher Männerblick verfing sich an dieser attraktiven Erscheinung – natürlich nur vor Beginn des Büffelrennens.
Niemand wäre indes auf die Idee gekommen, das Gespräch der Humos für einen belanglosen Flirt zu stören. Der ältere der beiden Männer – Cortes – galt als bester Söldner der Verborgenen Stadt und seine schwarzhaarige Freundin Jana als erstklassige Scharfschützin, währen der junge Artjom noch zur Kategorie der hoffnungsvollen Talente zählte. Immerhin schmückte seine rechte Schulter bereits das Emblem des Dunklen Hofs.
»Also, liebe Kollegen, es sieht so aus, als müssten wir wegen unseres letzten Auftrags keine gravierenden Konsequenzen befürchten«, verkündete Cortes, während er die Gläser mit Wein füllte. »Ich habe mich gestern mit Rick Bombarde, einem Leutnant der Garde des Großmagisters, unterhalten. Die Ritter sind zwar ziemlich verärgert über unsere Beteiligung an Bogdan le Stas Liquidierung, aber letztlich halten sie Santiago für den Schuldigen und nicht uns. Der Orden respektiert den Kodex.«
»Das ist eine ausgesprochen erfreuliche Nachricht«, kommentierte Artjom und blies aufatmend die Backen auf.
Der junge Söldner hatte allen Grund zur Erleichterung, denn schließlich war er es gewesen, der den unseligen Kriegskommandeur le Sta einen Kopf kürzer gemacht hatte.
Gemäß dem Kodex, einer Art Gesetzbuch der Verborgenen Stadt, durften Söldner für Handlungen im Rahmen ihrer Berufsausübung nicht haftbar gemacht werden. Es kam immer wieder vor, dass Söldner gegen Bezahlung Morde begingen. Die Verantwortung dafür lag jedoch ausschließlich beim Auftraggeber. Und es galt als schlechter Stil, an einem Söldner Rache zu üben.
Die Weingläser trafen sich über dem Tisch und besiegelten mit ihrem sonoren Klang den erfolgreichen Abschluss des Auftrags.
»Und jetzt ist es an der Zeit, dass wir an uns selbst denken«, sagte Jana.
»Genau, zum Beispiel an mich«, pflichtete Artjom bei und betrachtete dabei aufmerksam den Schmuck der Kollegin. »Cortes, diese bezaubernden und kostbaren Steinchen an deiner Freundin kommen mir irgendwie bekannt vor. Sie stammen nicht zufällig aus dem Schatz, den wir zusammen ausgebuddelt haben?«
»Doch, schon«, gab der breitschultrige Söldner zu. »Aber Artjom, wir haben Wichtigeres zu besprechen.«
»Sehr richtig. Nämlich die Frage, wie ich zu meinem Anteil an dem Schatz komme. Du wirst sicher verstehen, dass ich nicht an neue Unternehmungen denken kann, solange ich das Honorar für die letzte noch nicht in der Tasche habe.«
»Weißt du, Artjom«, warf Jana ein, »Cortes hat mir die Schmuckstücke aus dem Schatz gezeigt und ich finde sie alle sehr schön. Außerdem stehen sie mir gut.«
»Sie stehen dir sogar ausgezeichnet«, bestätigte der junge Söldner. »Ich habe es auch gar nicht auf deine Klunker abgesehen.«
»Und in welcher Form willst du deinen Anteil?«, erkundigte sich Cortes.
»Völlig egal. Hauptsache, ich kriege ihn.«
Cortes rieb
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