Die Hexe
Umstände wäre es für jedes Herrscherhaus ein Glücksfall gewesen, in den Besitz des Armreifs der Fate Mara zu kommen, denn damit hätte es seine Armee um eine beachtliche Streitmacht giftiger Wandelwesen verstärkt. Niemand rechnete jedoch mit einer solchen Entwicklung, da der Armreif als endgültig verschollen galt. Auch die Söldner hatten dies bis vor kurzem geglaubt – bis sie im Zuge ihres letzten Auftrags auf die Spur des Artefakts stießen. Dieser Spur galt es nun nachzugehen …
»Wenn wir den Armreif auf einer Auktion anbieten, werden sich die Luden womöglich auf den Standpunkt stellen, dass sie als Urheber der Morjanen ein privilegiertes Anrecht darauf hätten«, argwöhnte Artjom. »Das könnte Ärger geben.«
»Wie Jana schon sagte«, erwiderte Cortes abwinkend. »Eins nach dem anderen. Außerdem hat das Recht auf Eigentum einen hohen Stellenwert in der Verborgenen Stadt. Auch der Grüne Hof kann es nicht einfach so außer Kraft setzen.«
»Zum Glück wissen die Luden nicht, dass wir den Armreif suchen – das erspart uns lästige Konkurrenz.«
»Wir müssen den Klunker also nur finden«, ergänzte Jana.
»Angesichts der Tatsache, dass der aktuelle Besitzer des Armreifs die Schwarzen Morjanen kontrolliert, müssen wir uns wappnen«, sagte Cortes. »Hat jeder von euch ein Basiliskenauge ?«
Die Söldner nickten.
»Ich habe mir in Burchans Schatztruhe eines gekauft – ein verdammt teurer Spaß«, klagte Artjom. »Nach den letzten Eskapaden der Monster sind die Leute völlig hysterisch und reißen sich offenbar um die Artefakte. Burchan, der alte Halsabschneider, hat jedenfalls kurzerhand den Preis verdoppelt.«
Ein Basiliskenauge war das einzige Mittel, mit dem man eine Schwarze Morjane kurzfristig außer Gefecht setzen konnte. Jede andere Art von Magie zeigte keinerlei Wirkung auf die Wandelwesen.
»Warum hast du vom aktuellen Besitzer gesprochen ?«, fragte Artjom. »Wir wissen doch, dass Kara den Armreif hat, oder nicht?«
»Wir vermuten das nur, von wissen kann keine Rede sein.«
»Aber alles spricht doch dafür.«
»Das schon«, räumte Cortes ein. »Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass wir uns irren.«
»Was wissen wir über Kara?«, kam Jana auf den Punkt.
Cortes blickte nachdenklich in sein Weinglas: »Sie ist schon lange in der Verborgenen Stadt, kennt sich bestens darin aus und hat keine Hemmungen, sich mit Kriegskommandeuren zu treffen.«
»Sie ist also keine Unbekannte in der Verborgenen Stadt«, schlussfolgerte Jana. »Am ehesten könnten die Luden etwas über sie wissen, da menschliche Zauberer traditionell Kontakte zum Grünen Hof pflegen.«
»Diese Schiene werde ich bearbeiten«, entschied Cortes. »Ich habe da ein paar Beziehungen. Was wissen wir noch über Kara?«
»Als Zauberin scheint sie einiges auf dem Kasten zu haben«, sagte Artjom.
»Sie hat sich den Armreif der Fate Mara beschafft«, zählte Jana auf, »hat nicht registrierte Artefakte hergestellt und dafür eine unbekannte Magische Quelle benutzt. «
»Und das alles, ohne von den Herrscherhäusern behelligt zu werden«, ergänzte Artjom.
»Kara ist aber eindeutig ein Humo«, gab Cortes zu bedenken. »Und mächtige Zauberer unter uns Menschen sind die absolute Ausnahme.«
»Ich finde, wir sollten das magische Potenzial dieser Dame genauestens unter die Lupe nehmen«, schlug Jana vor. »Es wäre leichtsinnig, sich mit einer Magierin anzulegen, die womöglich das Niveau einer Priesterin hat.«
»Ganz meine Meinung«, pflichtete Cortes bei. »Das ist dein Job, Jana. Du trägst alle verfügbaren Informationen über menschliche Magier zusammen. Sollte sich herausstellen, dass wir der Hexe möglicherweise nicht gewachsen sind, müssen wir unser Vorhaben abblasen und unsere Freunde in den Herrscherhäusern um Hilfe bitten. Die Auktion müssten wir dann natürlich beerdigen.«
»Okay«, nickte Jana. »Ich kümmere mich darum.«
»Und was habe ich zu tun?«, erkundigte sich Artjom.
»Nach allem, was wir wissen, ist Kara unabhängig von den Herrscherhäusern und findet sich trotzdem mühelos in der Verborgenen Stadt zurecht«, räsonierte Cortes. »Es wäre doch naheliegend, dass der eine oder andere Humo-Zauberer etwas über sie weiß.«
»Stimmt.«
»Deshalb wirst du, Artjom, dich bei unseren Volksgenossen umhören. Nimm Kontakt auf, finde heraus, wer Kara kennt, und erkundige dich beiläufig über sie. Du bist noch nicht lange in der Verborgenen Stadt, man wird denken, dass du einfach neugierig bist.
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