Die Hexe
Portals, in dem die junge Frau verschwand.
»An alle Streifenwagen! Im Silberhain ist eine heftige Schießerei in Gang. Anwohner melden Explosionen und Maschinengewehrfeuer. Alle verfügbaren Einsatzkräfte haben sich schnellstmöglich dort einzufinden! Ein Spezialeinsatzkommando zur Verstärkung ist bereits angefordert und wird in zwanzig Minuten vor Ort sein.«
»Ich schätze mal, dass wir auch dort hinmüssen«, brummte Leka mit einer Kopfbewegung auf den Empfänger, der auf den Polizeifunk eingestellt war.
»Meinst du, dass Kara schon Besuch hat?«, fragte Muba.
»Warum sollten andere nicht genauso schlau sein wie wir?«
»Verdammt! Der Schlafende soll sie alle holen!«
Muba drückte das Gaspedal durch und der Mustang der Chwanen überholte den Wolga der Polizisten.
»Hörst du deinen Funk ab, Kornilow?«, erkundigte sich Edik per Mobiltelefon.
»Logisch«, bestätigte Andrej.
»Ich werde mir den Besuch im Silberhain sparen.« Der Mafioso hielt kurz inne. »In zehn Minuten wird es dort von blauen Uniformen nur so wimmeln. Du musst also allein klarkommen.«
»Schlimm, schlimm«, spöttelte der Major. »Mach’s gut, Edik, und wundere dich nicht, wenn du demnächst eine Vorladung bekommst.«
»Deine Vorladungen kannst du dir in den A…«
Kornilow beendete die freundlichen Kommentare des Mafiosos mit einem Druck auf das Abbruchsymbol seines Mobiltelefons, während der BMW im Rückspiegel mit einer scharfen Wende aus seinem Blickfeld verschwand.
»Kara scheint große Probleme zu haben.« Andrej drehte sich zu Mohammed um. »Und du auch, mein Junge.«
Der Schwarze wandte sich ab und schwieg.
Obwohl die Rothauben nicht gerade für geistige Beweglichkeit bekannt waren, ahnten sie, dass der Park mit unschönen magischen Überraschungen vermint sein könnte, und verzichteten deshalb auf die Abkürzung durchs Grüne. Sie erreichten das Haus über den säuberlich asphaltierten Weg, schlugen das erstbeste Fenster ein und drangen in die pompös eingerichtete Eingangshalle ein.
»Hört sich so an, als ob uns jemand zuvorgekommen wäre«, mutmaßte Amboss, als er die Schüsse und das Gepolter aus den oberen Stockwerken vernahm.
»Oben wird gekämpft«, räsonierte Säbel kühl. »Macht nichts. Da mischen wir uns nicht ein. Wir räumen einfach nur die Bude aus. In aller Stille.«
»Daraus wird wohl nichts«, kommentierte Sargnagel und lud seine Pumpgun durch, als in unmittelbarer Nähe ein Sprengsatz hochging.
Die gewaltige Detonation legte den gesamten Eingangsbereich der Villa Karavella in Schutt und Asche. Obwohl die Eingangstür halb offen gestanden hatte, zogen die Ritter es vor, sich auf diese unkultivierte Weise Zugang zum Haus zu verschaffen. Erschüttert betrachtete Inga das Bild der Zerstörung, bevor Antoine sie ins Haus zerrte.
»Vorwärts, zeig uns den Weg!«
»Da geht’s lang.«
Widerwillig zeigte Inga auf einen schmalen Gang, als plötzlich Schüsse krachten und Kugeln durch die Eingangshalle pfiffen. Die Ritter warfen sich reflexartig auf den Boden und griffen zu ihren Waffen. Sie wussten nicht, wem sie den Kugelhagel zu verdanken hatten, doch offensichtlich wurde aus Pumpguns geschossen. Inga und der Magister, die keine Deckung fanden, flüchteten in den rettenden Gang.
Diese verdammte Schlampe!!!
Kara biss die Zähne zusammen und rappelte sich auf. Ihre Beine zitterten. Und ihre Hände nicht weniger. Ihre Hände? Entsetzt hielt sich die Zauberin die zitternden Hände vors Gesicht. Ihre zarte, samtig-weiche Haut, auf die sie so stolz war und die ihre Liebhaber so schätzten, war auf einmal fleckig und von hässlichen Falten zerfurcht.
»Oh mein Gott!«
Kara trat vor den hohen Spiegel neben dem Wandlungsbecken und betrachtete sich: Das Haar wurde grau und verlor seinen seidigen Glanz, über das Gesicht legte sich ein grobes Spinnennetz, Nase und Ohren wuchsen, die Augen verblassten, die vollen Lippen schrumpelten ein, die prallen Brüste erschlafften und das zerrissene Kleid hing wie ein weiter Sack über ihren verdorrenden Körper. Zusammen mit dem Schwarzen Buch war der Zauberin auch das Geheimnis ihrer Jugend abhandengekommen und nun holte die betrogene Zeit unbarmherzig das Versäumte nach. Kara fiel ein gelber Zahn aus dem Mund und kullerte über den Boden des Labors.
Warte nur, Larissa, dachte die Zauberin voller Hass, wir sprechen uns noch!
Vor Schmerzen stöhnend schleppte sich Kara zum Arbeitstisch und aktivierte ein mit magischer Energie aufgeladenes
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