Die Hexe
wissen?«, giftete Inga. »Da war eben jemand schneller als ihr.«
»Sollen wir Verstärkung rufen?«, fragte Dunkan. »Wenn diese Kara eine Magierin ist, könnten ein paar zusätzliche Gardisten nicht schaden.«
»Wir schaffen das allein!« Antoine stieg aus dem bordeauxroten Lincoln aus und zerrte die protestierende junge Frau hinter sich her.
Inga hatte nicht damit gerechnet, dass die Söldner so schnell zu Karas Villa kommen würden. Und vor allem hatte sie nicht erwartet, dass sie es schaffen würden, ins Haus zu gelangen. Warum hatten die Schwarzen Morjanen sie nicht schon im Park erledigt? Oder waren sie etwa durch den Haupteingang eingedrungen?
Die Antwort auf ihre Fragen bekam Inga, nachdem die Ritter das Tor aufgebrochen hatten. Mitten auf dem Weg zum Haus lagen Gleb und Arnold. Die beiden sahen ziemlich geplättet aus und hatten blutende Wunden am Kopf.
»Anscheinend ist Artjom hier gewesen«, murmelte Inga und musste unwillkürlich grinsen – zum ersten Mal nach langer Zeit.
»Was hast du gesagt?«
»Ach nichts, die Typen da gehören zur Wache.«
Bjana wurde ziemlich schnell klar, dass es keine gute Idee gewesen war, ins Haus zu stürmen. Auch hier gelang es den Weißen Morjanen nicht, ihre schwarzen Verfolgerinnen abzuschütteln. Bjana und Jamana blieb nichts anderes übrig, als die rasende Flucht fortzusetzen, doch nun geriet das Unterfangen zum Hindernislauf. Ziellos stürmten die Morjanen durch die schick eingerichteten Zimmer und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Ihren Weg säumten eingetretene Türen, zerborstene Möbel, heruntergerissene Kronleuchter und kaputtes Geschirr.
Nachdem Bjana eine weitere Tür zerschmettert hatte, stand ihr plötzlich ein schwarzhaariger Humo im Weg. Ein angstverzerrter Blick, ein Schrei … Die Weiße Morjane fackelte nicht lange und räumte das Hindernis mit einem kräftigen Klauenhieb aus dem Weg.
»Sie sind weg«, konstatierte Wassja, als die urplötzlich aufgetauchten Wandelwesen das Zimmer verlassen hatten und ihr Getrampel und Fauchen in der Ferne verklang. »Bist du heil?«
Wanja spuckte einige Zähne in seine Hand und hielt sich stöhnend den gebrochenen Unterkiefer.
»Es hätte auch schlimmer kommen können«, sagte Wassja mit einem mitleidigen Blick auf seinen übel zugerichteten Bruder.
Nach ihrer überstürzten Flucht aus dem Treppenhaus hatten sich die Zwillinge in einem der Zimmer verbarrikadiert. Doch anstelle der Söldner, die sie dort gebührend in Empfang nehmen wollten, waren die rasenden Monster in den Raum gestürmt.
Die Brüder hatten keine Erklärung dafür, warum die Morjanen in Kampfmontur sie nicht getötet hatten, sondern sich damit begnügten, die Einrichtung zu zertrümmern. Es erschien indes wenig ratsam, den Wandelwesen nachzulaufen, um sie nach dem Grund für ihr eigenartiges Benehmen zu fragen.
»Weißt du was?«, räsonierte Wassja nachdenklich. »Ich glaube es ist am besten, wenn wir vorübergehend abtauchen. Kara hätte bestimmt Verständnis dafür.«
Wanja nickte mit dem ramponierten Kopf. Die Zwillinge konnten keine Portale erzeugen, deshalb flüchteten sie über eine geheime Leiter in den Dachboden.
»Larissa, warte!«
Die junge Frau, die plötzlich aus einer Tür im Kellergang kam, blieb stehen und sah Artjom feindselig an.
»Auch schon hier?«
In der linken Hand hielt sie ein dickes Buch mit einem schwarzen Ledereinband.
»Wir müssen reden!«
»Das sehe ich anders«, blaffte die Blondine und wandte Artjom den Rücken zu.
»Warte doch!« Der Söldner sprang mit einem Satz zu Larissa. »Ich wusste doch nicht, dass …«
»Ach, es war also alles nur Zufall?!«, versetzte die Blondine und lachte höhnisch. »Du hast dich also rein zufällig genau in die Richtige verliebt?! Hast sie rein zufällig gevögelt und bist rein zufällig in ihr Haus eingedrungen?! Du hast es auf das Schwarze Buch abgesehen? Bitte sehr, hier ist es. Hol es dir doch!«
»Alles war ganz anders, Larissa!«, beteuerte Artjom. »Es stimmt zwar, dass wir Kara und das Schwarze Buch gesucht haben, aber ich konnte doch nicht wissen, dass du …«
»Spar dir deine miesen Lügen!«, zürnte Larissa und im nächsten Moment flog der Söldner mit voller Wucht gegen die Wand.
Es war nur ein flüchtiger Ellbogenstoß, doch die Magierin hatte ihre Attacke mit einem Schmiedehammer verstärkt.
Artjom blieb die Luft weg und ihm wurde schwarz vor Augen. Das Letzte, was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war der Wirbel eines
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