Die Hexe
Anführer mehr.
»Danke, Kara«, sagte Inga erleichtert. »Ich dachte schon, der bringt mich um.«
»Das wäre besser für dich gewesen«, erwiderte die Zauberin, humpelte zu der Rothaarigen und packte sie unversehens bei den Handschellen.
»Was machst du denn?« Erst jetzt registrierte Inga den Kupferkessel auf dem Feuer, die mit einer gelben Masse verschmierten Operationstische und den steinernen Titanen, der eine goldene Wanne in den Armen hielt. »Was hast du vor?«
»Ich brauche deinen Körper, Schätzchen«, flüsterte Kara, während sie Inga zu den Tischen zerrte. »Deinen jungen Körper, deine magischen Fähigkeiten und dein Herz.«
Die Magierin behexte ihre Gefangene mit einem Nawschen Arkan und saugte gierig alle magische Energie aus ihr heraus.
»Du wirst mir neues Leben schenken. Jetzt sofort! Die Zeit drängt!«
Ingas Blick versteinerte, als der Kupferkessel sich vom Feuer löste und zum Wandlungsbecken schwebte.
Noch bevor Artjom begriff, wo er sich befand, haderte er mit seiner starrköpfigen Liebschaft. Wie konnte Larissa nur so schlecht von ihm denken? Wieso hatte sie ihn nicht einmal ausreden lassen? Warum um alles in der Welt glaubte sie ihm nicht?
Der Söldner öffnete die Augen. Ihm wurde sofort schwindlig und die Umrisse des Kellergangs verschwommen vor seinen Augen.
Immerhin, das Schwarze Buch war gerettet. Doch wo steckte Kara? Und der Armreif der Fate Mara?
Artjom tastete nach seiner Bison, stand auf, stützte sich an der Wand ab und starrte dann sekundenlang wie benebelt auf den massigen Leichnam, der mitten in der Tür lag, aus der Larissa zuvor gekommen war.
Offenbar hatte er etwas Interessantes verpasst.
Der Söldner seufzte, schüttelte heftig den Kopf, um das lästige Ohrensausen loszuwerden, und betrat das Labor.
»Bitte nicht, Kara, bitte bitte nicht!«, heulte Inga, doch die alte Hexe kannte kein Mitleid.
Während der Kupferkessel seinen Inhalt in die Wanne ergoss, öffnete der steinerne Titan seine riesigen grünen Augen und sog gierig den dicken Dampf ein. Im Labor verbreitete sich der Geruch reifer Pfirsiche.
»Das ist neues Leben«, murmelte Kara mit irrem Blick und tauchte ihre Hände genüsslich in die gelbe Paste. »Neues Leben, neue Jugend …«
Die Öllampen auf den Schultern des Riesen loderten auf und warfen gespenstische Lichter durch den Raum. Inga strampelte verzweifelt mit den Beinen, doch sie hatte nicht die geringste Chance gegen die mit magischer Energie vollgepumpte Hexe.
»Lass sie in Ruhe!«
»Artjom!!!«
Die leichte Gehirnerschütterung, die sich Artjom zugezogen hatte, als er unfreiwillig Bekanntschaft mit Larissas Schmiedehammer machte, war vermutlich der Grund für seinen haarsträubenden Leichtsinn. Jedenfalls missachtete er eine der wichtigsten Überlebensregeln, die ihm Cortes eingetrichtert hatte: Wenn dein Gegner mit dem Rücken zu dir steht, sprich ihn niemals an, sondern mach kurzen Prozess mit ihm.
Eine ganze Kaskade von Elfenpfeilen bohrte sich in Artjoms Körper. Sie schienen seine Knochen zu sprengen und seine Adern zu zerreißen, so unerträglich waren die Schmerzen. Doch der Söldner hatte blitzschnell reagiert. In den wenigen Sekundenbruchteilen, die Kara brauchte, um sich umzudrehen und die todbringenden Pfeile abzufeuern, hatte Artjom abgedrückt und so lange geschossen, bis er blutüberströmt in der Ecke landete.
Vier Neunmillimetergeschosse hatten Kara den Bauch aufgerissen. Doch es kam noch schlimmer. Zwei Kugeln landeten in den grünen Augen des steinernen Titanen. Einige Augenblicke verharrte der hässliche Riese mit dümmlichem Gesichtsausdruck, so als versuchte er zu begreifen, was ihm gerade widerfuhr, dann breitete er langsam die Arme aus und die goldene Wanne fiel polternd zu Boden.
»Nein«, schrie Kara, die vor Schmerz in die Knie ging. »Alles, nur das nicht!«
Das kochende Gebräu vernebelte das Labor mit gelbem Dampf. Der Titan reckte die Arme empor und quiekte wie ein abgestochenes Schwein.
»Nein!!!«
Die Augen des Riesen explodierten und verspritzten eine giftgrüne gelatinöse Masse im Raum. Dann zerbarst sein steinerner Leib und sackte in Trümmern zu Boden.
»Artjom!!!«
Inga sprang wie von Sinnen vom Operationstisch und stürzte zu dem reglos in der Ecke liegenden Söldner.
Die schwer verwundete Kara, deren magische Kräfte zusehends schwanden, stieg mühsam über de Couliers Leichnam und machte sich davon.
Warum die Tschuden nicht versuchten, ihrem Gegner von der anderen Seite her in
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