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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Coulier mit seiner groben Pranke über Ingas zarten Rücken und badete im Gefühl sexuellen Überfliegertums, als ihm plötzlich in den Sinn kam, seiner Geliebten abermals ein Kompliment zu machen.
    »Ehrlich, Inga«, begann der Ritter und räusperte sich. »So eine scharfe Frau wie dich hatte ich schon lange nicht mehr.«
    Kunststück, dachte Inga und konnte es sich nur mit Mühe verkneifen, dem einfältigen Magister ins Gesicht zu lachen. In der ganzen Verborgenen Stadt war bekannt, dass die weiblichen Vertreter des Herrscherhauses Tschud ihren männlichen Pendants in Sachen Heißblütigkeit – gelinde gesagt – nicht das Wasser reichen konnten. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Etwa neunzig Prozent der Frauen des Ordens konnte man getrost als frigide bezeichnen, ohne ihnen damit Unrecht zu tun. Die temperamentvollen Ritter heirateten sie zwar und zeugten Kinder mit ihnen, um ihre familiären Pflichten gegenüber dem Herrscherhaus zu erfüllen, doch danach suchten sie sich Liebhaberinnen aus anderen Volksgruppen, um ihre brachliegenden Gelüste auszuleben.
    Antoine de Coulier hatte in dieser Hinsicht einen besonders großen Nachholbedarf, da er völlig unter dem Pantoffel seiner Gemahlin stand und durch den jahrelangen Verzicht auf Seitensprünge in einen schlimmen sexuellen Notstand geraten war. Auch Inga hatte ihr ganzes weibliches Geschick aufwenden müssen, um ihn ins Bett zu bekommen, denn der gefürchtete Magister hatte eine beinahe pathologische Angst vor seiner Ehefrau. Dafür zog er jetzt, da er sich endlich zum Fremdgehen aufgerafft hatte, alle Register und überschüttete seine neue Freundin mit Aufmerksamkeiten.
    Ihre etwas blassen, aber wohlgeformten Lippen streichelten über Antoines Wange.
    »Deine Augen sehen müde aus, Toni, was ist passiert? «
    »Müde? Quatsch, was soll passiert sein?«, grummelte der Magister.
    »Ist es wegen Bogdan le Sta?«
    De Coulier sah seine Geliebte erstaunt an: »Worauf willst du hinaus?«
    »Auf nichts Besonderes.« Inga zog die schmalen Schultern hoch. »Die T-Grad-Com hat gemeldet, dass Bogdan ums Leben gekommen ist. Über die Hintergründe seines Todes wurde jedoch nichts gesagt. Ich dachte, dass du deswegen vielleicht Kummer hättest.«
    »Wie klug du bist …«, spöttelte Antoine, der wie alle Tschuden der Meinung war, dass Frauen von Natur aus nicht zu logischem Denken befähigt seien.
    Dieser eingebildete Pfau merkt nicht einmal, dass ich ihn nur benutze, dachte Inga hämisch und ignorierte die ironische Bemerkung. Im Gegensatz zu de Coulier verfügte das zierliche »Schulmädchen« über beachtliche magische Fähigkeiten und war durchaus in der Lage, die Gedanken des Ritters zu manipulieren.
    »Ich will doch nur dein Bestes«, flötete sie. »Ich möchte, dass du glücklich bist.«
    Inga traf genau den richtigen Ton, um Antoine aus der Reserve zu locken.
    »Es stimmt schon«, pflichtete der Ritter bei. »Die Sache mit Bogdan bereitet mir Kopfzerbrechen. Niemand weiß, was hinter dem Tod des Kriegskommandeurs steckt. Genauer gesagt, der Großmagister und Franz de Geer wissen es bestimmt, aber sie rücken nicht heraus damit. Nelson Bard, der Magister der Schwerterloge, hat auch keine Ahnung. Beim Dolch des Schlafenden, das ist ein richtiger Skandal! Einer der ranghöchsten Kriegsmagier des Ordens wurde getötet und die obersten Führer des Herrscherhauses halten es nicht für nötig, die Magister der Logen detailliert über den Vorfall zu informieren! «
    »Magier verheimlichen immer etwas vor gewöhnlichen Sterblichen«, streute Inga als gezielten Nadelstich ein.
    De Couliers Miene verfinsterte sich. Wie alle »gewöhnlichen Sterblichen« der Herrscherhäuser beneidete er die Magier um ihre Fähigkeiten und schon beim geringsten Konflikt konnte dieser Neid in Hass umschlagen.
    »Diesmal gehen sie entschieden zu weit, beim Dolch des Schlafenden! Ich werde darauf bestehen, dass sie eine Erklärung abgeben. Nelson Bard ist derselben Meinung, er steht hinter mir! Wir haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, was in der Verborgenen Stadt vor sich geht.«
    »Du hast völlig Recht! Immerhin bist du der Magister einer Loge und ein hochdekorierter Kriegsheld.« Zärtlich schmiegte sich Inga an den empörten Hünen und fragte dann beiläufig: »Übrigens, Toni, erinnerst du dich noch an Lisotschka?«
    »Lisotschka?« Antoine sah seine Freundin verständnislos an. »Welche Lisotschka?«
    »Die Blonde mit dem Cindy-Crawford-Leberfleck über dem Mundwinkel. Ich habe sie

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