Die Hexe
»Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Wenn Sie genauere Informationen brauchen, schreiben Sie ein offizielles Gesuch an den Grünen Hof. Auf Wiedersehen.«
Der Söldner schüttelte den Kopf.
»So einfach ist das nicht, Barbara Iljinitschna.«
»Wie meinen Sie das?«
»So, wie ich es sage. Ich glaube nicht, dass Sie auf Ihre alten Tage aus Loyalität gegenüber dieser Hexe Ihren guten Ruf aufs Spiel setzen sollten. Kara ist in eine ziemlich üble Intrige verstrickt, und wenn Sie glauben, Sie müssten sie decken, dann kann es passieren, dass man Ihre dreisten Lügen als Beihilfe zu einem Verbrechen bewertet.«
»Ich lasse mich nicht einschüchtern, Söldner.«
»Ich bin nicht Steven King, gute Frau«, entgegnete Cortes gelassen. »Ich werde für Resultate bezahlt und nicht dafür, dass ich Leuten Angst einjage. Wir beide führen lediglich Verhandlungen und ich versuche, Ihnen meine Argumente plausibel zu machen. Sie können mich vor die Tür setzen, gewiss, aber Sie können sich nicht ewig in dieser Wohnung einsperren und sich vor aller Welt verstecken. Eine solche Intrige hat eine gewaltige Eigendynamik, Barbara. Immer neue Akteure werden auf den Plan treten und versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie alle werden Ihnen Fragen stellen wollen. Ich bin nur der Erste von ihnen, und es liegt in Ihrer Hand, Barbara, dafür zu sorgen, dass ich auch der Letzte bin.«
»Für wen arbeitest du, Söldner?«
»Das spielt keine Rolle.«
»In der Tat, es spielt keine Rolle«, entgegnete die alte Frau giftig. »Ob du nun für den Dunkeln Hof arbeitest wie gewöhnlich oder zur Abwechslung einmal für den Orden – entscheidend ist: Du arbeitest für Humanoiden! Du lässt dich von ihrem schmutzigen Gold kaufen! Du und deinesgleichen – ihr seid Verräter am eigenen Volk! Ihr hasst die Menschen so sehr, dass ihr sie Humos nennt! Kara dagegen ist sich als Mensch treu geblieben. Sie verfolgt ein Ziel! Sie hat ein Ideal, für das sie lebt! Sie …«
Cortes schnäuzte sich laut und faltete langsam sein Taschentuch zusammen.
»Hören Sie mir auf damit, Barbara Iljinitschna. Leute, die für ein Ideal leben, waren mir schon immer suspekt.«
»Weil du nie eines hattest!«, konterte die alte Dame und zeigte vorwurfsvoll mit dem Finger auf den Söldner. »Obwohl … Ich habe gehört, dass du zu Zeiten der Sowjetunion beim Militärgeheimdienst warst. Hast du da nicht auch für ein Ideal gekämpft?«
»Seien Sie nicht naiv, Barbara«, winkte Cortes ab. »Fanatismus und Professionalismus sind nicht miteinander vereinbar. Aber wenn Sie schon auf meine Vergangenheit zu sprechen kommen, dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich für den Militärgeheimdienst nicht zum Vergnügen gearbeitet habe. Meine Tätigkeit dort wurde angemessen entlohnt.«
»Das ist ja das Schlimme«, seufzte die alte Dame. »Leuten wie dir geht es immer nur ums Geld.«
»Ich mache keinen Hehl daraus, worum es mir geht. Dafür weiß jeder, woran er bei mir ist.«
»Deine Motive sind nieder, Kara dagegen erkennt die wahre Größe des Menschen. Sie verfolgt idealistische Ziele, die dir vollständig fremd sind. Du tust mir leid!«
»Dann erzählen Sie mir doch aus Mitleid, was Sie über Kara wissen.«
»Ich habe dir nichts mehr zu sagen, Söldner«, versetzte Barbara. »Verschwinde jetzt!«
Die alte Dame wollte sich erheben, doch Cortes drückte sie mit sanfter Gewalt auf den Stuhl zurück und wurde laut.
»Ich bin noch nicht fertig mit dir!«
»Was erlaubst du dir?!«
»Einen anderen Ton verstehst du offenbar nicht, du sture alte Gans!«
Die braunen Augen des Söldners funkelten so zornig, dass Barbara Iljinitschna es mit der Angst bekam. Noch nie zuvor hatte jemand so grob mit ihr gesprochen.
»Das Gesülze über die moralische Größe der Humos kannst du dir für deine Enkel aufsparen! Wenn du auch nur einen Funken Verstand hättest, dann würdest du einsehen, dass ich dir sogar einen Gefallen tue! Du lebst in deiner kleinen heilen Welt und kriegst überhaupt nicht mit, was um dich herum passiert! Deine tolle Kara ist eine verdammte Brandstifterin! Sie hat eine verheerende Krise provoziert und wird sich bei der erstbesten Gelegenheit absetzen. Du und die anderen Naivlinge, die ihr auf den Leim gehen, ihr dürft das Ganze dann ausbaden und glaubt auch noch ernsthaft, dass es hier um höhere Ziele geht!«
»Ich werde nichts sagen!«, beharrte die Alte.
»Gut, wenn du mir nichts erzählen willst – deine Entscheidung«, sagte Cortes
Weitere Kostenlose Bücher