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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Neuen gemahnten an die eisigen Stürme des Fernen Ostens: tiefgründige schwarze Mandelaugen, hohe Wangenknochen und volle, schön geschwungene Lippen. Ihr seidig-glattes schwarzes Haar reichte bis über die Schultern. Wenn sie lächelte, was eher selten vorkam, entblößte sie zwei makellose Zahnreihen, wobei die zwei vorderen, ungewöhnlich großen Schneidezähne, diesem Lächeln einen bezaubernden Charme verliehen. Nur das viel zu dick aufgetragene Make-up passte nicht ins Bild. Der clubeigene Stylist bestand jedoch auf dieser schminktechnischen Geschmacklosigkeit, denn dem Publikum gefiel’s.
    Wie war doch gleich ihr Name?
»Es lebe das Zentralzuchthaus
im fernen Jaroslawl …«
    »Wie heißt deine Nummer?«
    »Drachentango.«
    Die Neue war nicht gerade gesprächig. Nach der knappen Antwort stand sie auf, rückte den Schemel beiseite und legte ihren Hausmantel ab. Die Blondine stellte verwundert fest, dass die Schwarzhaarige keineswegs so zerbrechlich war, wie sie angezogen gewirkt hatte. Zwar besaß sie eine zierliche Figur, doch unter ihrer braungebrannten Haut zeigte sich eine kräftig ausgeprägte Muskulatur. Sie hatte kleine, feste Brüste und bewegte sich mit federnder Leichtigkeit.
    Wie hieß sie doch gleich?
    »Machst du Sport? Schwimmen oder so?«
    »Drachentango, sagte ich doch schon«, erwiderte die Neue, während sie ihr knappes Bühnenkostüm anlegte.
    Die Blondine zog einen Schmollmund. Dummes Flittchen, dachte sie beleidigt. Tango als Sport, bei der piept’s doch. Flach wie eine Flunder und dabei eingebildet, als könnte sie sich vor Männern nicht retten. Es würde wohl nicht schaden, sich mit den anderen Mädels zusammenzutun und der arroganten Gans eins auszuwischen: ihr ein paar Klamotten zerschneiden, zum Beispiel, hihi! Das würde sie von ihrem hohen Ross herunterbringen.
    Der niederträchtige Plan gefiel der Blonden außerordentlich und ihre Laune wurde schlagartig besser.
    Plötzlich öffnete sich die Tür des Schminkraums und der Conférencier steckte den Kopf herein.
    »Hey du, Neue, wie war dein Name gleich – Dita! Marsch auf die Bühne! Du bist als Nächste dran.«
    Dita, natürlich – sie hieß Dita.
    Damit hatte Kara nicht gerechnet. Besser gesagt, sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht. Ganze Batterien von Scheinwerfern blendeten Dita und schnitten sie gleichsam von der Außenwelt ab. Die Morjane sah nur einen kleinen Ausschnitt des Raums, und die Menschen, die sich dort aufhielten, konnte sie nicht erkennen. Weit von ihr entfernt fluchte die Zauberin und murmelte einen weiteren Zauberspruch, um besser sehen zu können. Kurz darauf reduzierte sich die Lichtempfindlichkeit von Ditas Augen und Kara konnte den ganzen Gastraum überblicken.
    Wie ein kurviger Laufsteg schlängelte sich die niedrige Tanzbühne zwischen den Tischen hindurch. Diese praktische Einrichtung ermöglichte es fast allen Besuchern, die entblößten Körper der Stripperinnen aus nächster Nähe zu begaffen und sie im Bedarfsfall auch zu betatschen. Die breitschultrigen, kurzgeschorenen Männer, die den Großteil des Publikums stellten, nutzten diese Möglichkeit auch großzügig aus, kniffen die Tänzerinnen in den Hintern oder steckten ihnen zusammengefaltete Geldscheine in den Slip.
    Der Raum war dunkel und verraucht, deshalb dauerte es eine Weile, bis Kara Arnolds hünenhafte Gestalt im Publikum entdeckte. Der langhaarige Magier saß allein an einem Tisch und schlürfte einen alkoholarmen Cocktail.
    Sehr gut, nun konnte es losgehen!
    Die Zauberin rieb sich die Hände, und als die Musik einsetzte, flüsterte sie: »Dein Auftritt, Dita. Zeig ihnen, was du kannst.«
    Schon der eigenwillig gebrochene Rhythmus der Musik ließ das Publikum aufhorchen, und als die Darbietung endlich begann, schauten sämtliche Augenpaare wie gebannt auf die Bühne. Mit dem halbprofessionellen Erotikgehopse, das man in der Schaukel gewohnt war, hatte dieser energiegeladene, leidenschaftliche Tanz nichts, aber auch schon gar nichts gemein. Die zierliche Schwarzhaarige erwies sich als wahre Meisterin ihres Metiers und fesselte mit ihren sinnlichen Bewegungen das Publikum. Die grobschlächtigen Muskelprotze schnalzten begeistert mit der Zunge und begannen heftig zu schwitzen. Es schien ihnen nicht einmal aufzufallen, dass die famose Tänzerin noch kein einziges Stück Stoff abgelegt hatte.
     
    Arnold schaute auf die Uhr. Der Drachentango sollte vier Minuten dauern und drei davon waren bereits um. Höchste Zeit!
    »Runter mit

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