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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Atem. Er kehrte zum Tresen zurück und zückte abermals seine T-Grad-Com-Karte. »Was bin ich schuldig, Lampo?«
    »Den Wermut und den Barhocker zahlen die, die angefangen haben«, sagte der Eulin grinsend. »Sobald sie wieder zu sich kommen.«
    »Warte mit dem Eimer Wasser, bis wir weg sind«, feixte Artjom und wandte sich wieder an Larissa: »Tut mir leid, das wollte ich nicht.«
    »Ich hab’s gesehen«, bestätigte die Blondine und fügte beeindruckt hinzu: »Du bist ganz schön rabiat.«
    »Das hindert uns doch hoffentlich nicht, in das gemütliche Lokal zu fahren, von dem ich gesprochen habe?«
    »Natürlich nicht.«
    Warum ist die Welt nur so ungerecht?, fragte sich Inga frustriert, während Larissa und Artjom die Verliererbar verließen.
    Dieser grünäugigen Hexe fiel einfach alles in den Schoß. Das magische Talent, Karas Aufmerksamkeit und jetzt auch noch dieser imponierende Mann. Und was blieb ihr? Sollte sie sich damit etwa abfinden? Niemals!
    Im Unterschied zu Larissa hatte Inga schon geahnt, wie die Auseinandersetzung enden würde. Artjom war zwar noch nicht allzu lange in der Verborgenen Stadt, doch einen einschlägigen Ruf hatte er sich bereits erworben. Wenn an den Gerüchten, die man sich über ihn erzählte, etwas dran war, dann hatte er im Zweikampf eine Schwarze Morjane erledigt, beim Tod Bogdan le Stas seine Hände im Spiel gehabt und war offenbar auch in die Affäre verwickelt, als die Rothauben die Burg des Ordens stürmten. Das Emblem des Dunklen Hofs auf seiner Schulter sprach ohnehin für sich.
    Die rothaarige Zauberin fand den verwegenen Söldner äußerst attraktiv und hätte sich sehr gut vorstellen können, ihn näher kennenzulernen. Umso bitterer war es für sie, dass Larissa nun mit ihm von dannen zog.
    Angewidert betrachtete Inga ihre besiegten Begleiter, die immer noch reglos auf dem Boden lagen. Diese verdammten Idioten! Sie hätten diesen Artjom ohne viel Federlesens mit einem Elfenpfeil erledigen sollen – Verbot hin oder her. Aber nein, sie mussten ja unbedingt vor der blonden Gans gockeln und die große Show abziehen. Das hatten sie nun davon. Mal sehen, was Kara dazu sagen würde.
    Inga holte ihr Mobiltelefon aus der Handtasche.
     
     
    Zitadelle, Hauptquartier des Herrscherhauses Naw
Moskau, Leningradski-Prospekt
Freitag, 29. September, 22:00 Uhr
     
    Die Delegation, die sich zu später Stunde im Hauptquartier des Dunklen Hofs einfand, war klein, aber hochrangig.
    Die jüngsten Zwischenfälle in der Verborgenen Stadt hatten ihre Bewohner in helle Aufregung versetzt, doch die meisten von ihnen warteten mehr oder weniger geduldig auf eine angemessene Reaktion der Herrscherhäuser. Nicht so die Angehörigen des Dunklen Hofs: Es entsprach nicht ihrem umtriebigen Naturell, tatenlos auf bessere Zeiten zu warten. Und so war es keine Überraschung für die Nawen, als ihre Vasallen nachdrücklich eine Audienz verlangten. Pünktlich zur verabredeten Stunde öffnete sich das Tor der Zitadelle für die Limousinen der Delegation.
    Als Erste entstiegen die beiden schwarzhaarigen Vertreter des Volks der Schatyren in würdevoller Langsamkeit ihrem silberfunkelnden Rolls-Royce: der ehrenwerte Jurbek Tomba und der ehrenwerte Nugar Cannabis. Beide waren Direktoren der Handelsgilde, jenes von sagenhaftem Reichtum umwölkten Konzerns, der den Warenumschlag in der Verborgenen Stadt zu annähernd hundert Prozent kontrollierte. Die beiden Herren trugen sündteure Maßanzüge, nicht weniger sündteure Krawatten und schneeweiße Hemden, nur dass Jurbek für Sakko und Beinkleid einen schwarzen Stoff gewählt hatte, während Nurbek einem freudigen Dunkelgrau den Vorzug gab.
    Aus der zweiten Limousine, einer monströsen Spezialanfertigung aus dem Hause Volvo, trat Pater Dynamus, das Oberhaupt der Erli-Mönche, auf den Innenhof der Zitadelle. Die Moskauer Eremitage, das Hauptquartier der Erli und gleichzeitig die größte Klinik der Verborgenen Stadt, war berühmt für ihre hervorragenden medizinischen Leistungen und berüchtigt für die Wucherpreise, die man dafür berappen musste. Pater Dynamus, dem hageren Prior der Erli, sagte man einen gutmütigen, lebensfrohen Charakter und eine gewisse Neigung zur Geschwätzigkeit nach.
    Als die Wache das Tor bereits wieder schließen wollte, bat noch ein kleinwüchsiger Oss um Einlass, der Vertreter einer zahlenmäßig unbedeutenden Jägersippschaft, die in den unterirdischen Gefilden der Stadt hauste. Den Weg vom nächsten Kanaldeckel zum Tor der Zitadelle

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