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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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ermöglichte es, die Realität hinter Trugbildern zu erkennen. Wesentlich wichtiger war der symbolische Wert des Emblems: Es bedeutete eine Auszeichnung für Verdienste um den Dunklen Hof. Die Tätowierung hatte der Fürst höchstselbst durch eine Berührung aufgetragen.
    »Mehr hast du noch nicht?«, erkundigte sich Larissa provokant.
    »Selbst diese wenigen Nawschen Skizzen haben mich ein Vermögen gekostet«, entgegnete Artjom. »Außer dem Wappen des Dunklen Hofs natürlich. Das habe ich umsonst bekommen.«
    »War es das Eichhörnchen, das Arnold so eingeschüchtert hat?«
    »Woraus schließt du, dass ihn etwas eingeschüchtert hat?«, fragte der Söldner verwundert.
    »Er hat lange gezögert, sich auf einen Kampf einzulassen. «
    »Er war nicht eingeschüchtert«, entgegnete Artjom. »Er hat einfach seine Chancen abgewägt.«
    »Hast du das etwa nicht getan?«
    »Ich hatte mich schon vorher entschieden.«
    »Und wozu?«
    »Dazu, dass ich die Bar unter allen Umständen mit dir zusammen verlassen werde.«
    Dieses Statement schmeichelte Larissa natürlich, doch sie gab sich nicht damit zufrieden.
    »Immerhin ist Arnold ein Magier und du nicht.«
    »Was hat das damit zu tun? Wir sind doch alle sterblich. «
    Die junge Frau stutzte und erinnerte sich plötzlich an die beiläufige Frage des Barkeepers, ob Artjom vorhabe, seine Gegner umzubringen. Erst jetzt wurde ihr klar, dass der glatzköpfige Eulin diese Frage völlig ernst gemeint hatte. Der Söldner wäre tatsächlich bis zum Äußersten gegangen.
    »Du hättest ihn möglicherweise getötet wegen mir?«
    »Wenn er mich dazu genötigt hätte, ja.«
    Nun verstand die Blondine, warum Arnold gezögert hatte. Für eine Nebensächlichkeit wie das Herz einer Frau wollte der Wikinger nicht seinen Hals riskieren. Artjom dagegen war dazu wild entschlossen gewesen und wäre notfalls über Leichen gegangen. Larissa durchfuhr ein kalter, aber angenehmer Schauer und sie beschloss, ihren neuen Freund ein wenig zu provozieren.
    »Vielleicht hatte Arnold einfach Angst vor Cortes?«
    »Durchaus möglich«, räumte der Söldner ohne zu zögern ein. »Vergeltungsakte sind keine Seltenheit in der Verborgenen Stadt und Cortes hätte es bestimmt nicht gefallen, wenn Arnold Hackfleisch aus mir gemacht hätte.«
    »Aber Arnold ist ein Magier und Cortes nicht.«
    »Das ändert doch nichts«, antwortete Artjom ernst. »Wie ich schon sagte: Wir sind alle sterblich.«
    »Hast du schon mal einen Magier getötet?«, fragte Larissa nach kurzem Zögern.
    »Ja.«
    »Und wie ist das?«
    »Etwas schwieriger als bei normalen Leuten, aber einfacher als bei Schwarzen Morjanen.«
     
    Larissa war hingerissen.
    Ihr Begleiter gefiel ihr von Minute zu Minute mehr, obwohl oder vielleicht gerade weil er so widersprüchlich war: unaufdringlich und rabiat, höflich und kompromisslos, undurchschaubar und geradeheraus. Glebs schmierige und Arnolds aufgesetzte Art schienen diesem Mann vollkommen fremd zu sein. Er hatte Larissa freimütig zu verstehen gegeben, dass er sich für sie interessierte, trotzdem verhielt er sich völlig ungekünstelt und versuchte zu keinem Zeitpunkt, Eindruck zu schinden. Er war einfach er selbst, und die beeindruckte junge Frau dachte den ganzen Abend nicht mehr an ihre bedauernswerten Freunde.
    Nachdem Larissa und Artjom die Verliererbar verlassen hatten, begaben sie sich in das gemütliche Restaurant Magenbalsam . Die exotischen Spezialitäten, die der Söldner dort bestellte, bedeuteten für Larissa kulinarisches Neuland: eine Crêpe à la Tschud, die förmlich auf der Zunge zerging, ein herzhafter, süßsaurer Kuchen nach Schatyrenart, umwerfend süße Kloster-Medowucha aus der Eremitage der Erli und ein Espresso Inferno, wie nur ein Eulin ihn zu kochen verstand.
    Obwohl Artjom in dem Restaurant kein Unbekannter war, wurden sie tatsächlich von niemandem gestört und Larissa hörte den ganzen Abend mehr oder weniger unterhaltsame Geschichten aus dem Leben der Verborgenen Stadt. Dabei erschloss sich ihr ein völlig neues Weltbild. Im Gegensatz zu Kara und ihren Gefolgsleuten hegte Artjom keine rassistischen Vorurteile gegenüber Humanoiden. Stattdessen betonte er in seinen Erzählungen mit scharfer Beobachtungsgabe die typischen Eigenschaften, Stärken und Schwächen eines jeden Volks einschließlich der Menschen. Beziehungsweise der Humos, wie der Söldner sich auszudrücken pflegte, und diese Despektierlichkeit gegenüber den eigenen Volksgenossen war das Einzige, was der jungen

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