Die Hexe
Frau an ihrem Begleiter missfiel.
Larissa überlegte, ob Artjoms tolerante Einstellung womöglich damit zusammenhing, dass er nie mit der Arroganz der Lehrer in den Zaubereischulen des Grünen Hofs konfrontiert worden war. Andererseits hätte er als Nichtmagier auch so allen Grund gehabt, sich in der Verborgenen Stadt als Außenseiter zu fühlen. Doch das Gegenteil war der Fall: Die Söldner wurden von allen Herrscherhäusern respektiert.
Larissa musste sich eingestehen, dass das Weltbild, das Kara ihr eingeimpft hatte, erste Risse bekam. Artjom hatte sie dazu gebracht, ihre Umgebung mit anderen Augen zu sehen …
Doch dieser Abend war nicht der richtige Moment, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Nach dem Abendessen tanzten die beiden bis zwei Uhr nachts und dann brachte Artjom Larissa zu sich nach Hause, in die kleine Junggesellenwohnung in der Miklucho-Maklaja-Straße.
Artjom versank in Larissas grünen Augen.
Ihre anmutige Art sich zu bewegen, die angenehme Stimme, die langen Beine, das kesse Grübchen im Kinn … Die zufällige Begegnung mit der naturblonden Zauberin warf den Söldner gehörig aus der Bahn, und wenn er in diesen Stunden in der Lage gewesen wäre, einen klaren Gedanken zu fassen, dann hätte er sich wohl eingestehen müssen, dass Larissa drauf und dran war, sein Leben auf den Kopf zu stellen.
Artjom versank …
»Und dann bin ich wieder zu mir gekommen, ähm, wir beide sind wieder zu uns gekommen, Gleb und ich, ähm, Inga hat uns …« Arnold verlor endgültig den Faden und senkte den Blick.
Der langhaarige Magier wäre am liebsten im Boden versunken. Wie ein begossener Pudel stand der Hüne vor den beiden Frauen und rang um Worte für die Schmach, die ihm in der Verliererbar zugefügt worden war. Arnold stand die Schamesröte im Gesicht und bildete einen hübschen Kontrast zu dem weißen Verband auf seinem lädierten Haupt.
Kara stand am französischen Fenster des Wintergartens und musterte den Magier voller Verachtung.
»Ich fasse zusammen: Ein Söldner mittlerer Größe hat zwei gut ausgebildete Magier bewusstlos geschlagen und sich dann mit ihrer Frau aus dem Staub gemacht. Großartig, ich bin begeistert!«
»Alles ging sehr schnell …«, stammelte Arnold.
Wahnsinn, und ich stand mal auf diesen Idioten, ging es der Zauberin plötzlich durch den Kopf.
»Ich werde alles wiedergutmachen«, versprach der gefallene Held.
»Lass das lieber bleiben«, versetzte Kara. »Beim nächsten Mal wird Artjom dich töten.«
»Aber ich …«
»Weißt du, was du morgen zu tun hast?«
Arnold nickte.
»Ich hoffe, du vermasselst es nicht wieder. Das ist nun wirklich keine schwierige Aufgabe.«
»Ich werde alles zu deiner Zufriedenheit erledigen«, versprach der Wikinger kleinlaut. »Ich habe schon mit Fima und Elvira gesprochen, sie erwarten mich morgen …«
»Dann geh und bring dich auf Vordermann!« Die Zauberin zeigte auf Arnolds Verband.
»Mit physischer Kraft kommt man eben nicht weit, wenn der Mumm fehlt«, resümierte Inga, nachdem sich die Tür hinter dem unglückseligen Magier geschlossen hatte.
»Was soll man machen, er ist eben ein Feigling«, pflichtete die Zauberin bei und breitete resignierend die Arme aus. Dann wandte sie sich an die rotblonde Magierin und sah sie streng an. »Und wieso hast du nicht eingegriffen? Wenn ich das recht verstanden habe, wurden Gleb und Arnold vor deinen Augen niedergeschlagen. «
»Vor den Augen der ganzen Bar«, präzisierte Inga mit einem kühlen Lächeln. »Kara, glaubst du allen Ernstes, dass ich mich mit einem Söldner angelegt hätte wegen dieser Kuh? Wegen deiner Larissa?«
Die Zauberin seufzte. Der hasserfüllte Tonfall, mit dem Inga wegen deiner Larissa gesagt hatte, ließ keinen Zweifel daran, was sie von der Blondine hielt.
»Deine Eifersucht ist völlig unangebracht«, sagte Kara ruhig.
Inga erwiderte nichts.
»Du hast keinen Grund zur Eifersucht«, wiederholte die Zauberin. »Du bist die Einzige, auf die ich mich blind verlassen kann.«
»Und Larissa?«
»Für dieses Mädchen habe ich besondere Pläne«, sagte Kara nach kurzem Zögern. »Glaub mir, du machst einen Fehler, wenn du in ihr eine Rivalin siehst.«
»Besondere Pläne?«
Kara trat näher an die Rothaarige heran und sah ihr unverwandt in die Augen.
»Larissa ist keine Konkurrentin für dich. Du wirst dich bald selbst davon überzeugen können, aber bis dahin musst du mir das einfach glauben.«
Inga hielt Karas Blick stand, ohne auch nur mit der Wimper
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