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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Schweif peitschte hin und her.
    Als die Pferde angaloppierten, hielt Ravenna den Atem an. Ramon beugte sich vor, um sein Pferd zusätzlich anzufeuern. Beliars Lanze zielte auf den Schild mit dem silbernen Halbmond, aber in letzter Sekunde zuckte die Spitze hoch und traf mit voller Wucht auf das Visier des jungen Ritters. Ramons Kopf wurde zurückgeschleudert, ein Teil von Beliars Lanze brach ab. Mit dem Rest versetzte der Marquis dem Getroffenen einen Stoß in die Rippen, der Ramon aus dem Sattel warf. Er rollte durchs Gras und blieb regungslos liegen.
    Einen Herzschlag lang verharrte die Menge ohne jeden Laut. Dann brach ein Sturm der Entrüstung los. Die Menschen schrien und tobten und beschimpften den Marquis. Ramons Freunde galoppierten auf den Platz und verlangten von Constantin, dass er Beliar von der weiteren Teilnahme am Turnier ausschloss. »Das kann ich nicht!«, erwiderte der König mit versteinerter Miene. »So lauten die Regeln. Ein Mann muss selbst von seinem Recht auf den Sieg zurücktreten, sonst bleibt er unter den Herausforderern.«
    »Aber der Marquis hält sich doch auch nicht an die Regeln!«, brüllte Vernon.
    »Mavelle! Mavelle! Gib mir meine Tasche!« Nevere war längst aufgesprungen und zwängte sich an den anderen Magierinnen vorbei. »Ravenna, hilf ihr. Nein, am besten kommst du gleich mit mir. Mach schnell!«
    Zum zweiten Mal an diesem Morgen rannte Ravenna zum Turnierplatz hinunter. Die Handwerksburschen starrten stumm und ernüchtert auf den gestürzten Reiter. Ein Knappe versuchte, Ramons Pferd einzufangen, zwei weitere Burschen rannten mit einer Trage herbei. Gelassen trabte Beliar zu seiner Marquise und nahm ihre Huldigung entgegen. Elinor wirkte blasser als der Tod. Lynette stand hinter ihrer rechten Schulter und lächelte.
    »Sieh hierher und gib acht!« Nevere stieß Ravenna mit dem Ellenbogen an. Ihr blaues Festgewand glitzerte wie Wasser, als sie neben Ramon niederkniete. »Du musst mir helfen, das Visier aufzuklappen. Siehst du das Gelenk hier? Halte das … so ist es gut. Ich hoffe nur, du kannst Blut sehen. Manche Schülerinnen werden mir schon ohnmächtig, wenn ich ihnen nur die Gedärme eines toten Huhns auf den Tisch lege.«
    Ich halte das schon aus, wollte Ravenna erwidern, doch mit dem Anblick unter dem verbeulten Visier hatte sie nicht gerechnet. Ein Splitter der Lanze hatte sich durch den Sehschlitz gebohrt und steckte in Ramons linkem Auge. Die ganze Gesichtshälfte war eingedrückt.
    Ravenna brach der Schweiß aus. Sie biss die Zähne zusammen und half Nevere mit zittrigen Fingern, die Schnüre des Helms zu lösen und den Kopf des Ritters auf ihre Knie zu betten. »Es wird alles gut, Ramon. Hörst du mich?« Nevere ergriff den jungen Mann an der Schulter und schüttelte ihn sanft. »Bald lachst du wieder schönen Mädchen hinterher.«
    Als Heilerin muss sie erbarmungslos lügen, schoss es Ravenna durch den Kopf. Ramon stöhnte. Gestern hatte er noch mit seinen Freunden herumgealbert und dumme Witze über sie gerissen. »Ich hätte mich doch von dem Baron ausstechen lassen sollen«, lallte er undeutlich. Dann drehte er den Kopf zur Seite und spie einen Schwall Blut auf Ravennas Rock.
    Ravenna versuchte auszublenden, was um sie herum geschah, und achtete nur auf die Anweisungen, die Nevere ihr gab. Sie hielt den Kopf des Ritters, als die Knappen ihn auf die Trage legten. Im Laufschritt trugen sie Ramon zu einem großen Zelt am Rande des Turnierplatzes und Nevere folgte ihnen mit der Tasche in der Hand.
    Dieses Zelt war nur zu dem Zweck errichtet worden, die Verwundeten dieses Tages aufzunehmen, begriff Ravenna. Zweifellos würde es noch mehr Opfer geben, denn nun hatte sie keinen Zweifel mehr: Constantins Ritter kämpften gegen den leibhaftigen Teufel.
    Als sie sich umdrehte, prallte sie fast gegen Ghosts weiße Schulter. Lucian hatte das Visier hochgeklappt. Er war kreidebleich und die dunklen Augen stachen aus dem blassen Gesicht. »Habt Ihr das gesehen?«, stieß er leise hervor. »Dieser Marquis ist ein Unmensch. Lieber sterbe ich, als dass ich zulasse, dass Ihr ihm am Ende dieses Tages in die Hände fallt.«
    Ravenna fasste nach dem Zügel des Hengsts. »Hier«, sagte sie und reichte ihm das Triskel hinauf. »Das ist mein Pfand für dich. Esmee meint, es sei gut gemeint, aber schlecht gemacht, doch etwas anderes besitze ich nicht.«
    Sie blinzelte, um Lucian durch die verräterischen Tränen hindurch zu sehen. Zwei oder drei Herzschläge lang schien es ihr, als

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