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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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durch ihren Körper ausbreitete. Ein Energiestrahl floss ihren Arm hinab und über den Griff in das Schwert – genau wie Esmee es ihr geschildert hatte. Sie keuchte, als die Klinge in einem grellen Licht erstrahlte, und merkte kaum, dass derselbe Lichtschein von dem magischen Gürtel ausging. Erst als das Licht verblasste, nahm sie wieder die Bäume, die umstehenden Gäste und den jungen Ritter wahr, der vor ihr kniete.
    Ein Raunen ging durch die Menge, die Hexen starrten sie an. Auf Lucians Gesicht zeigte sich ein Ausdruck des Erstaunens. Offenbar war auch er von ihrer magischen Kraft überrascht. Ravennas Arm zitterte leicht, als sie nun das Muster aus feinen Spiralen bemerkte, das sich auf der Klinge zeigte. Es verlief entlang der Hohlkehle abwärts und war vor wenigen Augenblicken noch nicht zu sehen gewesen.
    Mit einer fließenden Bewegung schob sie das Schwert zurück in die Umhüllung. Es fiel ihr leicht, die Waffe zu handhaben. Manche Werkzeuge, mit denen sie in der Dombauhütte arbeitete, waren deutlich schwerer und unhandlicher als die gut ausbalancierte Klinge. Als sie Lucian zunickte, stand er auf und sie legte ihm den Schwertgurt um die Hüften.
    Sein Blick ruhte ernst und seltsam traurig auf ihr. »Jetzt ist es geschehen«, raunte er ihr zu. »Jetzt habt Ihr mich zu Eurem Gefährten gemacht.«
    Was ist denn los mit ihm?, dachte Ravenna. Dieser Tag sollte ein Freudentag für ihn sein. Er hatte das Turnier gewonnen und stand nun an der Seite der Maikönigin. Nach langen Jahren der Ausbildung war er endlich am Ziel. Doch statt sich zu freuen, starrte er sie mit kummervoller Miene an.
    Sie kam jedoch nicht dazu, ihn nach dem Grund für seine Betrübnis zu fragen. Esmee drückte erst ihr und dann dem jungen Ritter einen Kranz aus Birkenzweigen auf die Stirn und legte ihre Hände ineinander. »Zwischen euch besteht nun ein magisches Band«, erklärte die dunkelhaarige Hexe. »Ob es Last oder Liebe ist, wird sich zeigen. Erinnert euch immer an diesen Tag und geht niemals leichtfertig mit eurem Gelübde um, denn Magie hat ihre eigenen Gesetze und wird denjenigen, der sein Wort bricht, hart bestrafen.«
    Auch die anderen Zauberinnen und ihre Gefährten drängten herbei, um das junge Paar zu beglückwünschen. Zum zweiten Mal an diesem Nachmittag schüttelte Ravenna Dutzende Hände und wurde von allen Seiten umarmt. Doch plötzlich fiel ein Schatten auf das Wäldchen. Das Summen der Insekten verstummte. Kein Laut war mehr zu hören, weder das übermütige Bellen der Hunde noch das Singen der Betrunkenen, die bereits an der langen Tafel neben den Zelten Platz genommen hatten. Das einzige Geräusch war ein einzelner, durchdringender Ton, der Ravenna einen Schauder über den Rücken jagte.
    Elinor saß auf dem Maistein. Der schwarze Schmuck glitzerte und trotz der Hitze des vergangenen Tages wirkten die Blumen in ihrem Haar so frisch wie am Morgen. Auf ihrem Schoß hielt sie eine Drehleier und betätigte die Kurbel, so dass nur eine einzelne Saite angespielt wurde. Als sie Ravennas Blick bemerkte, ließ sie den Griff los und die Saite verstummte mit einem hässlichen Schnarren.
    »Du sollst auch meinen Segen haben«, sagte Elinor leise, während sie das Instrument zur Seite legte. »Schließlich war auch ich – fast – einmal eine der Sieben.«
    Dann runzelte sie die Stirn, denn Ravenna zuckte vor ihren ausgestreckten Fingern zurück. Auf der Handfläche der Marquise prangte eine scheußliche Narbe: ein Fünfzackstern, dessen Spitze zur Handwurzel zeigte. Ein Drudenfuß.
    »Lass mich … ich will deinen Segen nicht!«, stieß sie hervor. Hilfesuchend wandte sie sich an die Sieben, aber die Gesichter der Hexen wirkten geistesabwesend und leer, ihre Hände waren in der Luft erstarrt. Marvin beugte sich zum König und flüsterte ihm ins Ohr, aber er kam nie ans Ende seiner Botschaft. Zwei von Josces Hunden balgten sich neben dem Maistein, und der Unterlegene würde für immer unterlegen bleiben. Niemand atmete, niemand sprach, die ganze Festgesellschaft wirkte wie eingefroren, und als Ravenna das Gesicht ihres Ritters berührte, fühlte es sich an wie Wachs. Nur Lucians Augen wirkten lebendig und seine Faust umklammerte den Schwertgriff, als hätte er die drohende Gefahr gespürt.
    »Was hast du getan?«, herrschte Ravenna Elinor an. »Was ist das hier für ein Spuk? Hast du diese Verzauberung bewirkt?«
    »Das fragst du noch?«, erwiderte die Marquise, während sie Ravenna mit einer geschickten Bewegung den Kranz

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