Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
–» Sukies
Nachahmungskünste kamen auf Hochtouren; Alexandra sah vor sich,
wie ihre Oberlippe sich rüschte und sich in drol iger Grimasse
vorschob – «er mußte sie einsetzen, diese seine wundervol e Kraft, um
mitzuhelfen, diese entsetzliche, jawohl, entsetzliche Krankheit zu
bekämpfen, die das Herzblut unserer Nation vergiftet. Sie sagte, auf
unserer Nation liegt der Bann des Bösen, und sah mir direkt in die
Augen.»
«Was hast du gemacht?»
«Gelächelt. Ich habe ihn nicht zu diesem Bombenkommando in
New Jersey geschleppt, das war Dawn. Von ihr war übrigens nur sehr
wenig die Rede. Als der fette Mann abtrat, überhaupt nicht mehr.
Offensichtlich hat man von ihr keine Teile gefunden, nur Fetzen von
Kleidungsstücken, die aber auch aus einem Schrank stammen
können. Sie war so ein mickriges kleines Ding, vielleicht hat es sie
zum Dach rausgeweht. Die Polanskis oder wie die heißen, Stiefvater
und Mutter, sind aber trotzdem aufgekreuzt, angefummelt wie in
einem Film aus den Dreißigern. Ich nehme an, die kommen nicht
    allzu oft aus ihrem Wohnwagen raus. Ich habe mir die Mutter
genauer angesehen und gegrübelt, was für eine Art Akrobatik das
wohl ist, die sie im Zirkus veranstaltet, ihre Figur ist in Schuß, muß
ich schon sagen, aber ihr Gesicht. Zum Bangewerden. Al es verhornt
und vol er Schwielen, wie man sie hinten an den Füßen kriegt, wenn
man immer die falschen Schuhe anhat. Niemand wußte, was man
denen eigentlich sagen sol te, das Mädchen war ja schließlich nur Eds
Flitscherl und ist noch nicht mal offiziel tot. Sogar Brenda wußte
nicht recht, wie sie sich verhalten sol te an der Tür, die Leute sind in
gewisser Weise ja mit schuld an dem Schlamassel, in dem sie jetzt
steckt, aber ich muß sagen, sie war fabelhaft – sehr höflich und ganz grande dame, sprach ihnen mit Glitzerblick ihr Beileid aus. Brenda ist
keine von uns, das ist klar, aber ich bewundere ehrlich, wie sie sich
aufgerappelt und das Beste aus ihrer Situation gemacht hat. Apropos
Situation …»
«Ja?» sagte Alexandra prompt. Sukie hatte nur innegehalten, um zu
prüfen, ob Alexandra noch zuhörte. Alexandra hatte gedankenverloren
mit ihren Fingerspitzen Punkte auf die beschlagenen unteren
Scheiben des Küchenfensters gemalt. Schneeflocken vielleicht oder
Sukies Sommersprossen oder die Löcher in der Telefonmuschel oder
die bunten Tupfen, mit denen Niki de Saint Phalle ihre international
erfolgreichen «Nanas» verziert. Alexandra war froh, daß Sukie wieder
mit ihr sprach; manchmal fürchtete sie, wenn Sukie nicht wäre, würde
sie al en Kontakt zur Welt und ihrem Tagesgeschehen verlieren und
in die Stratosphäre hinaussegeln, genau wie die kleine Dawn, die in
diesem Haus in New Jersey zum Dach hinausgeweht war.
«Ich bin entlassen», sagte Sukie.
«Kleines! Das ist nicht möglich! Das gibt’s doch gar nicht, du bist
doch der einzige Lichtblick in dieser Zeitung!»
«Na ja, man könnte auch sagen, ich bin gegangen. Dieser Junge, der
    jetzt auf Clydes Stuhl sitzt, irgendso ein jüdischer Name, er fäl t mir
nicht ein, Bernstein, Birnbaum, ich will auch gar nicht, daß er mir
einfällt, hat meinen Nachruf auf Ed von anderthalb Spalten auf zwei
dämliche Absätze zusammengestrichen; er sagte, es gäbe Probleme mit
dem Platz diese Woche, weil ein anderer armer Einheimischer in
Vietnam gefallen ist, aber der wahre Grund ist, alle haben ihm gesagt,
daß Ed mein Liebhaber war, und nun hat er Angst, daß ich zu
überschwenglich werde und die Leute kichern. Vor langer Zeit hat Ed
mir mal diese Gedichte gegeben, die er im Stil von Bob Dylan
geschrieben hat, und ein paar von denen hatte ich auch angeführt im
Nachruf, und ich hätte mich überhaupt nicht dagegen aufgelehnt,
wenn die gekommen wären und mir gesagt hätten, ich sol e die weglassen, aber sie haben sogar rausgestrichen, daß er die
Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft gegründet hat und in seiner
Klasse an der Harvard Divinity School der Drittbeste war. Ich sagte
zu dem Jungen: ‹Sie sind eben erst nach Eastwick gekommen, ich
glaube nicht, daß Sie eine Vorstellung davon haben, wie beliebt
Reverend Parsley war›, und dieser Bengel von der Brown University
lächelt und sagt: ‹Mir ist durchaus bekannt, wie beliebt er war›, und
ich sage: ‹Ich gehe. Ich arbeite hart an meinem Manuskript, und Mr.
Gabriel hat mir fast nie auch nur ein Wort gestrichen.› Worauf dieses
unausstehliche Kerlchen nur noch mehr lächelte

Weitere Kostenlose Bücher