Die Hexen von Eastwick
hat
von Public Relations. Das ist es doch, worauf die alle umsatteln, all
die Pfarrer und Priester, die ihre Kirche verlassen: Public Relations.»
«Ich weiß nicht, die interessieren sich eben generell», sagte
Alexandra ohne Überzeugungskraft. «Haben sie Dawns Hände auch
gefunden?»
«Ich weiß nicht, was sie von Dawn gefunden haben, aber ich sehe
auch nicht, wie sie hätte davonkommen können, es sei denn …» Es sei denn, sie wäre eine Hexe, lautete der unausgesprochene Gedanke.
«Selbst das würde nicht gegen Kordit helfen, oder wie das Zeug
heißt. Darryl wüßte es genau.»
«Darryl meint, ich wäre reif für ein bißchen Hindemith.»
«Süße, das ist wunderbar. Ich wünschte, er würde zu mir sagen, ich
sei reif, zu meinen Duttelchen zurückzukehren. Ganz nebenbei
könnte ich auch das Geld gebrauchen.»
«Alexandra S. Spofford», sagte Jane Smart in strafendem Ton,
«Darryl ist dabei, etwas Wunderbares für dich zu tun. Diese New
Yorker Händler kassieren zehntausend Dol ar für eine simple
Kritzelei.»
«Nicht für meine», sagte sie und legte deprimiert auf. Sie wollte
keine Zutat in Janes Giftgemisch, kein Bestandteil des täglichen
Kleinstadt-Eintopfs sein, sie wol te aus ihrem Fenster sehen, auf
Meilen und Abermeilen leeren goldenen Landes, mit Salbeibüschen,
und in der Ferne die Gipfel der Berge: ein Weiß, das so leicht und
dunstig war wie das der Wolken, nur, daß es zu Spitzen
zusammenlief.
Sukie mußte Alexandra verziehen haben, daß diese sich so sehr mit
Jenny befaßt hatte, denn nach der Trauerfeier für Ed rief sie an, um
Bericht zu erstatten. Schnee war gefal en in der Zwischenzeit; man
vergißt immer wieder, was für ein Wunder sich da al jährlich begibt;
die Weite, die al es bekommt; die greifbar werdende Luft; die in
diagonalen Strichen niederwehenden Flocken, wie die Schraffierung
eines Kupferstechers; das schräge große Barett, das das Vogelbecken
am nächsten Morgen trägt; das dunkler werdende Braun der
trockenen Eichenblätter, die sich immer noch festklammern; die
Hemlocktannen mit ihren schleifenden tief grünen Zweigen; und der
Himmel, so klar und blau wie eine gründlich geleerte, ausgescheuerte
Schüssel; die Schwingungen der Erregung, die von den Wänden im
Haus ausgehen; das jähe Lebendigwerden der Tapete; die
geheimnisvol drängende Intimität, die zwischen der eingetopften
Amaryl is auf dem Fensterbrett und ihrem blassen phal ischen
Schatten entsteht. «Brenda hat gesprochen», sagte Sukie, «und ein
finsterer fetter Mann von der Revolutionsbewegung, mit Bart und
Pferdeschwanz. Er sagte, Ed und Dawn seien Märtyrer, gefal en im
Kampf gegen die Tyrannei der Pigs oder so ähnlich. Er hat sich
ziemlich in Rage geredet, und er war umgeben von einem ganzen
Trupp in Castro-Uniformen, ich hatte schon Angst, die würden uns
zu Klump schlagen, wenn wir auch nur einen Mucks tun oder uns
sonstwie bemerkbar machen. Aber Brenda war wirklich tapfer. Die
hat sich überhaupt gewaltig gemausert.»
«Hat sie das.» Alexandra hatte Brendas gestriegeltes blondes Haar in
Erinnerung, das zu einem festen Knoten hochgesteckt war, ein heller
Schein, der sich auf dem Empfang nach dem Konzert im
pfauenhaften Durcheinander der Auren verlor. Bei anderen
Begegnungen hatten sich ihrem Gedächtnis ein langes schmales, fast
kreidiges Gesicht eingeprägt und ein selbstgefäl iger Mund, der greller
geschminkt war, als man es erwartet hätte: mit dem heftigen
leuchtenden Rotton einer Rose, die kurz davor ist, ihre Blütenblätter
abzuwerfen.
«In der Mode hat sie aufgeholt, sie ist jetzt bei der T-Linie
angekommen – dunkle Kostüme mit gepolsterten Schultern, und
dazu eine Seidenkrawatte, die so breit ist, daß man meint, sie hätte
nach einem Hummeressen vergessen, die Serviette abzunehmen. Sie
hat ungefähr zehn Minuten lang geredet: wie ernst Ed sein Pfarramt
genommen hätte, wie sehr es ihm um Eastwick und seine heikle
Ökologie und die Konflikte der jungen Generation und so weiter
gegangen sei, bis sein Gewissen und an dieser Stelle, bei dem Wort
‹Gewissen›, kriegte Brenda es so hin, daß ihr die Stimme brach, du
wärst hingerissen gewesen, und tupfte sich mit ihrem Taschentuch die
Augen, aus jedem Auge kam exakt eine Träne, es war genauestens
bemessen – bis sein Gewissen, sagte sie, ihm keine Ruhe mehr ließ, er
mußte seine Kraft auch außerhalb der Grenzen dieser Stadt einsetzen,
so sehr man sie hier auch zu würdigen wußte
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