Die Hexen von Eastwick
Leberflecken, um die Fettpolster, rieb an gegen die
Maserung der Zeit und stieß dabei kleine vogelhaft gurrende Laute
des Mitgefühls und der Lobpreisung aus.
«Du hast einen schönen Hals.»
«Ich fand ihn immer viel zu kurz. So gedrungen. Ich habe meinen
Hals immer gehaßt.»
«O nein, das war unrecht. Lange Hälse sind grotesk, außer bei
Schwarzen.»
«Brenda Parsley hat einen Adamsapfel.»
«Nichts Unfreundliches. Wir wol en nur Hel es, Friedliches
denken.»
«Ich auch. Ich als nächste, Jenny», quengelte Sukie mit hohem
Kinderstimmchen; sie regredierte ziemlich drastisch, und wenn sie
angetörnt war, kam es vor, daß sie am Daumen lutschte.
Alexandra grunzte wohlig. «Ich fühle mich unanständig wohl, wie
eine fette Muttersau, die sich wälzt.»
«Gott sei Dank riechst du nicht so», sagte Jane Smart. «Oder doch,
Jenny?»
«Sie riecht sehr angenehm und sauber», sagte Jenny jüngferlich. Ihre
leicht nasale Stimme drang wie von sehr weit, aber deutlich aus dem
Innern der durchsichtigen Glocke von Unschuld oder Unwissen; in
den Spiegeln war sie, während sie so kniete, an Gestalt und Größe
und Schmelz jenen hohlen, an beiden Enden mit Löchern versehenen
Porzel anvögeln gleich, denen Kinder ein paar pfeifende Töne
entlocken.
«Jetzt noch hinten die Oberschenkel, Jenny», bettelte Sukie. «Ganz
langsam, ganz, ganz langsam. Nimm die Fingernägel. Trau dich auch
nach innen. Ja, die Kniekehlen. Wunderbar. Wunderbar. Mein Gott,
ja.» Ihr Daumen schlüpfte in den Mund.
«Wir muten Jenny zuviel zu», warnte Alexandra mitfühlend, in
träumerischem, unentschiedenem Ton.
«Nein, ich mache es gern», sagte das Mädchen. «Ihr mögt es al e so.»
«Wir machen es auch mit dir», versprach Alexandra, «sobald wir
nicht mehr so beduselt sind.»
«Mir kommt’s nicht so drauf an, ob ich massiert werde», bekannte
Jenny. «Ich mache es lieber, als daß ich’s mit mir machen lasse. Ist das
pervers?»
«Auf alle Fäl e ist es hervorragend für uns», sagte Jane, und das s im
letzten Wort zischte.
«Ja, das stimmt», pflichtete Jenny ihr höflich bei.
Van Horne badete, aus Rücksicht auf die empfindsame Novizin
viel eicht, nur noch selten mit ihnen zusammen, und wenn er es doch
mal tat, verließ er schnell wieder den Raum, den behaarten Körper
von der Hüfte bis zu den Knien in ein Handtuch gewickelt – er wollte
Chris Gesellschaft leisten, eine Partie Schach oder Backgammon mit
ihm spielen, in der Bibliothek. Danach aber stand er zur Verfügung,
war von Mal zu Mal geckenhafter herausgeputzt – erdbeerfarbener
seidener Paisley-Bademantel, zum Beispiel, darunter fein grün
gestreifte Hosen mit ausgestelltem Bein, um den Hals ein
mauvefarbener Foulard –, und präsidierte mit affektierter
hoheitsvol er Huld bei Tee oder Cocktails oder einem rasch bereiteten
Abendessen aus dominikanischem sancocho oder kubanischem mondongo, mexikanischem pollo picado con tocino oder
kolumbianischem s oufflé de sesos. Er sah zu, wie seine weiblichen Gäste
eher trübselig die scharfgewürzten Leckerbissen hinunterschlangen,
und paffte buntgefärbte Zigaretten aus einer seltsam gedrehten
Hornspitze, mit der er seit neuestem herumfuchtelte; er hatte
abgenommen und hoffte fiebrig auf das Ergebnis seiner
seleninspirierten Tüfteleien zur Lösung des Energieproblems. Ging es
nicht um dieses Thema, fiel er oft in apathisches Schweigen, und
zuweilen verließ er unvermittelt das Zimmer. Rückblickend hätten
Alexandra, Sukie und Jane Smart auf den Gedanken kommen
können, daß sie ihn langweilten, aber da sie weit entfernt davon
waren, sich ihrerseits bei ihm zu langweilen, kam ihnen ein solcher
Schluß gar nicht in den Sinn. Sein großzügiges Domizil, von ihnen
«Krötenschloß» genannt, erweiterte ihre eigenen engen Behausungen.
In Van Hornes Reich waren sie kinderlos und wurden selber zu
Kindern.
Jane kam nach wie vor treu zum Musizieren, spielte Hindemith und
Brahms und hatte sich, vor kurzem erst, auch an Dvořák
herangewagt, an das taumelnde schwindligmachende Cello-Konzert
in b-Mol . Sukie fuhr, als jener Winter langsam zu Ende ging, hin
und her mit Notizen und Schemaskizzen für ihren Roman, der, nach
ihrer und ihres Mentors Ansicht, im voraus geplant und konstruiert
werden konnte, eine simple Wortmaschine zum Erzeugen und Lösen
von Spannung. Und Alexandra lud Van Horne schüchtern ein, zu ihr
zu kommen und sich die großen gewichtlosen lackierten Skulpturen
schwebender Frauen
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