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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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anzusehen, die sie mit kleisterigen Händen und
Model iermessern und hölzernen Salatlöffeln zusammengepatscht
hatte. Sie genierte sich, ihn in ihrem Haus zu empfangen, al e Räume
unten brauchten dringend frische Farbe, und die Küche mußte neu
mit Linoleum ausgelegt werden; er wirkte auch gleich geschrumpft
und gealtert in ihren vier Wänden, nicht ordentlich rasiert, und der
Kragen seines Buttondown-Hemds war durchgescheuert, als ob
Schäbigkeit ansteckend sei. Er trug dasselbe ausgebeulte, schwarzgrün
melierte Jackett mit den Lederflecken auf den El bogen wie an dem
Abend, als sie ihn kennengelernt hatte, und er sah so sehr nach
stellunglosem Professor aus, so sehr nach den Jammergestalten, die als
ewige Studenten höherer Semester in jeder Universitätsstadt
herumgeistern, daß sie sich fragte, wie sie jemals so viel Magie und
    Macht in ihn hatte hineinsehen können. Aber er lobte ihre Arbeiten:
«Baby, ich glaube, du hast es gepackt. Dieses Knal ige, Knackige, in
der Art genau wie Lindner, nur ohne die metal ische Härte natürlich,
eher mit einem Touch Miro, und sexy, sage ich dir, sex-y, mein lieber Mann!» Mit beunruhigender Hast und Tapsigkeit verfrachtete er drei
der Papiermachefrauen auf den Rücksitz seines Mercedes, wo sie für
Alexandra wie aufgedonnerte kleine Anhaltermädchen aussahen, die
hellen Glieder waren fidel ineinandergehakt und die Drähte, mit
denen sie an der Decke aufgehängt werden sol ten, heil os verheddert.
«Übermorgen oder so fahre ich nach New York und zeige sie meinem
Typ in der Siebenundfünfzigsten. Der beißt an, garantiert, ich wette
meinen letzten Dol ar drauf. Du hast wirklich was reingepackt von
dem, was kulturmäßig jetzt so läuft, so eine Art ‹Die Party ist aus›-
Feeling. Al es ist so unwirklich. Sogar die Fernsehberichte vom Krieg
sehen unwirklich aus, wir haben einfach zu viele Kriegsfilme gesehen.»
Als er draußen neben dem Auto stand, im Lammfellmantel, der
speckig war an den Armelaufschlägen und El bogen, auf dem Kopf
eine Lammfellmütze, passend zum Mantel zwar, aber zu klein für
seine buschige Mähne, dachte Alexandra, daß es aussichtslos war, um
den hier lohnte es sich nicht; im selben Augenblick reagierte er auf
ihre Gedanken, mit einem unvermuteten kleinen Sprung war er bei
ihr und kehrte mit ihr ins Haus zurück, folgte ihr schweratmend die
Treppe hinauf ins Schlafzimmer, zum Bett, das sie Joe Marino
neuerdings verweigerte. Gina war wieder schwanger, und das war
einfach zu viel. Darryls Potenz hatte etwas Unfehlbares, etwas
Gefühl oses, Unempfindliches, sein kalter Penis tat ihr sonst immer
weh, als sei er mit winzigen Schuppen bedeckt; heute aber, wo er so
bereitwil ig ihre armen Geschöpfe mitnehmen und sie verkaufen
wol te und ein bißchen abgewetzt und welk aussah und die alberne
Lammfellmütze ihm so verwegen auf dem Kopf saß, war ihr Herz
weich und ihre Vulva superbereit. Sie hätte sich mit einem Elefanten
    vereinigen können beim Gedanken, die neue Niki de Saint-Phalle zu
werden.
Wenn die drei Frauen sich auf der Dock Street trafen oder
miteinander telefonierten, waren sie schweigende Schwestern in der
Gemeinschaft des Schmerzes, den man als Geliebte des dunklen
Mannes erdulden mußte. Ob Jenny auch diesen Schmerz in sich trug,
verriet ihre Aura nicht. Stieß eine der nachmittäglichen
Besucherinnen im Haus auf sie, hatte sie stets ihren Laborkittel an,
und nichts anderes war ihr anzumerken als ihre Tüchtigkeit. Van
Horne machte Gebrauch von ihr auch deshalb, weil sie
undurchsichtig war in ihrer etwas spröden, respektvol en Art, und die
Eigenschaft hatte, bestimmte Vibrationen und Insinuationen einfach
durch sich hindurchgehen zu lassen, durch diesen Körper mit den
irgendwie schematisch wirkenden Rundungen. In einer Gruppe ist
jedes Mitglied auf seine jeweils besondere Weise nützlich, und Jennys
Nützlichkeit bestand darin, daß man sich zu ihr herablassen, «etwas
aus ihr machen» konnte und daß jede der drei geschiedenen,
desil usionierten, zu ihren Kräften gekommenen Frauen in ihr sich
selber sah, ihr jüngeres Ich, obschon keine von ihnen wirklich wie
Jenny gewesen war, oder gar al ein, nur mit einem jüngeren Bruder,
in einem Haus gelebt hatte, in dem die eigenen Eltern eines
gewaltsamen Todes gestorben waren. Die drei liebten sie zu ihren
eigenen Bedingungen, aber wahr ist auch, daß Jenny nie die geringste
Andeutung machte, ob andere Bedingungen ihr denn lieber

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