Die Hexen von Eastwick
beherbergte, sich aber auf den zweiten Blick als eine bemalte Plastik
aus einem Stück herausstellte, bis hin zu den kleinen Bändern und
Druckknöpfen, die den Regenschirm zusammenhielten – ein weiteres,
trügerisches Kunstwerk.
Fidel nahm ihre Jacke, eine Männerwindjacke mit Reißverschluß.
Zunehmend fand Alexandra Männerkleidung bequem; erst hatte sie
Männerschuhe und -handschuhe gekauft, dann Cord- und
Leinenhosen, die in der Tail e nicht so einschnitten wie Frauenhosen,
und kürzlich diese hübschen, weiten, praktischen Jacken, in denen
Männer jagen und arbeiten. Warum auch sol en sie jede
Bequemlichkeit haben, während wir uns mit spitzen Absätzen und
dem Rest jener Sklavenmode herumquälen müssen, die sadistische
Strohköpfe an uns sehen wol en?
«Buenas noches, señora», sagte Fidel. «Es muy agradable tenerla
nuevamente en esta casa.»
«Der Herr haben al es für eine fröhliche Party vorbereitet», sagte
Rebecca hinter ihm. «Oh, große Veränderungen stehen ins Haus.»
Jane und Sukie waren schon im Musikzimmer, wo einige Stühle mit
ovalen Rückenlehnen und abblätternder silbriger Farbe bereitgestellt
waren; Chris Gabriel hing schlaff in einer Ecke in der Nähe einer
Lampe und las Rol ing Stone. Der übrige Raum war mit Kerzen
beleuchtet, Kerzen in al en Zuckergußfarben für die
spinnenumwobenen Wandleuchter, und jede vom Luftzug bedrohte
kleine Flamme verdoppelte sich in einem Zinnspiegel. Die Aura der
Flammen in scharfer Komplementärfarbe: Grün fraß sie sich in den
orangenen Glanz, wurde jedoch beständig zurückgewiesen wie in
einem zähflüssigen Streit zwischen sich nicht miteinander mischenden
Chemikalien. Darryl trug einen altmodischen, zweireihig geknöpften
Smoking, dessen Schwärze außer an den breiten Aufschlägen so
stumpf war wie Ruß. Er stand auf und gab ihr einen kalten Kuß.
Sogar sein Speichel auf ihrer Wange war kalt. Janes Aura war leicht
durch Ärger getrübt, die von Sukie so rosig und vergnügt wie immer.
Es war offenkundig, daß sie in ihren Pul overn und Overal s al esamt
zu schlicht für den Anlaß gekleidet waren.
Der Smoking ließ Darryl weniger zusammengeflickt und schlampig
aussehen als sonst. Er räusperte seine Froschkehle und verkündete:
«Wie wär’s mit einem kleinen Konzert? Ich habe mir hier einiges
ausgedacht und hätte gern eure Meinung dazu. Die erste Nummer
heißt –» mitten in der Bewegung hielt er inne, seine scharfen kleinen
grünlichen Zähne leuchteten, seine Bril e war an diesem Abend so
klein, daß das blasse Plastikgestell die Augen eingefangen zu haben
schien – «der ‹A Nightingale Song in Berkeley Square’- Boogie›.»
Massen von Noten wurden angeschlagen, als spielten mehr als zwei
Hände, die linke Hand baute an einem düsteren, wolkig
ausschreitenden Rhythmus, luftig, doch dunkel wie eine
Gewitterwolke, die über die Baumwipfel heranwächst, und dann
schnel te die rechte Hand in sprunghaft gebrochenen Phrasierungen
heraus, so daß das Thema, der Regenbogen der Melodie, nur langsam
hervortrat. Man konnte den nebligen englischen Park förmlich vor
sich sehen, den perlfarbenen Londoner Himmel, das Wange-an-
Wange-Tanzen, und gleichzeitig das amerikanische Poltern spüren,
das gute kernige Hurhaus-Geklingel, das nur dieser Kontinent in den
plüschigen Bordells einer südlichen Flußstadt ausgekocht haben
konnte. Die Melodie kam dem Baß näher, der Baß rückte heran und
schluckte die Nachtigal , ein wunderbar verworrenes Durcheinander
folgte, während von Van Hornes teigigem Narbengesicht Schweiß auf
die Tasten tropfte und das Stöhnen seiner Mühsal die Musik
befleckte; Alexandra stellte sich seine Hände als weiße, wächserne
Maschinen vor, deren Fingerknochen und Muskelsehnen sich
spannten und entspannten und direkt mit der Mechanik, dem Filz
und den Saiten des Klaviers verbunden waren, und daß diese
ungeheure vorantreibende Stimme einem überentwickelten
Fingernagel entsprang. Die Themen entfernten sich voneinander, der
Regenbogen erschien aufs neue, die Gewitterwolke zerging in
harmloser Luft, die Melodie stellte sich in einer merkwürdig hohen
Mol tonart wieder her, die durch eine schräge Reihe von sechs
absteigenden, schwächer werdenden Akkorden über einer
zusammenfal enden Synkopierung erreicht wurde.
Stil e, außer dem Nachsummen der malträtierten Klavierharfe.
«Phantastisch», sagte Jane Smart trocken.
«Wirklich, Schatz», sagte Sukie
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